Sonnenlicht ist zwar lebensnotwendig für fast alle Organismen, gleichzeitig aber ist es auch eine Gefahr. Denn es enthält kurzwellige UV-Strahlung, die bis tief in die Hautzellen eindringt und dort Zellbestandteile und auch das Erbmolekül DNA schädigt. Häufen sich diese Schäden, kann der Zellstoffwechsel außer Kontrolle geraten – die Zelle entartet und Hautkrebs ist die Folge. Bevor es aber so weit kommt, versucht der Körper, die schlimmsten Folgen zu verhindern. Er setzt dabei gleich mehrere Strategien ein: Zum einen sorgt er dafür, dass die Pigmentzellen der Haut mehr Melanin produzieren. Dieser Farbstoff ist es, der unsere Haut bräunt und einen Teil der Sonnenstrahlung abfängt, bevor sie in die Zellen gelangen kann. Gleichzeitig reagieren die Hautzellen auch auf genetischer Ebene: Bestimmte Gene, die die Reparatur der DNA fördern, werden nun vermehrt ausgelesen, um den Schäden durch das UV-Licht entgegenzuwirken. Wird die Sonneneinstrahlung aber zu stark, schlägt die Haut Alarm: Sie löst eine Entzündungsreaktion aus – den Sonnenbrand.
Dass auch Meeressäuger einen Sonnenbrand bekommen können, ist schon länger bekannt. Viele Wale unternehmen im Laufe des Jahres lange Wanderungen und ziehen dabei zwischen den Polargebieten und den sonnenreichen Tropen hin und her – wo sie dann sehr viel stärkerer UV-Strahlung ausgesetzt sind als in den höheren Breiten. „Es gab einen Anstieg von Berichten über blasenartige Hautschäden bei verschiedenen Walarten in Gebieten mit starker Sonneneinstrahlung“, berichtet Karina Acevedo-Whitehouse von der Universidad Autónoma de Querétaro in Mexico, eine der Studienleiterinnen. Unbekannt war aber bisher, welche Folgen ein solcher Sonnenbrand beispielsweise auf genetischer Ebene bei den Walen hat. Und auch, ob sich die Haut der Tiere an eine stärkere Sonneneinstrahlung anpassen kann – beispielsweise indem sie mehr Pigment bildet oder ihre DNA-Reparatur ankurbelt. „Dieses Phänomen sorgt bei uns Menschen dafür, dass wir nach einer Zeit häufigeren und länger werdenden Sonnenbadens weniger anfällig für einen Sonnenbrand werden“, erklären die Forscher.
Blauwale: Bräunen gegen Sonnenbrand
Für ihre Studie entnahmen die Forscher Hautproben von drei Walarten im Golf von Kalifornien – 106 Blauwalen, 23 Pottwalen und 55 Finnwalen. Die Probennahmen waren dabei zwischen Januar und Juni verteilt, um auch Veränderungen durch die zunehmende Sonnenintensität erfassen zu können. Bei allen Hautproben ermittelte die Wissenschaftler die Dichte der pigmentproduzierenden Melanozyten und des Melanins, außerdem analysierten sie die Genaktivität und das Ausmaß der Schäden an der besonders anfälligen mitochondrialen DNA.
Das Ergebnis: Vor allem Blauwale reagieren auf zunehmende Sonneneinstrahlung ganz ähnlich wie wir: Wenn sie Anfang des Jahres von Süden her vor die Küste Kaliforniens und Mexikos wandern, ist ihre Haut noch sehr blass. Dort aber sind sie plötzlich deutlich höherer UV-Strahlung ausgesetzt. Als Folge häufen sich vor allem im Januar und Februar die UV-bedingten Schäden an ihrer DNA, wie die Forscher feststellten. Ähnlich wie bei uns der typische Sonnenbrand in den ersten Urlaubstagen im Süden. Dann aber setzt ein Anpassungsprozess ein: Die Pigmentzellen in der Walhaut produzieren vermehrt Melanin, so dass diese im Laufe der folgenden Monate erkennbar dunkler wird. „Die Blauwale mit mehr Pigment zeigten weniger DNA-Schäden“, berichten die Erstautorin Laura M. Martinez-Levasseur von der Zoological Society of London und ihre Kollegen. Das Melanin schütze demnach auch bei den Walen vor dieser UV-Folge.
Pottwale setzen auf Gen-Reparatur
Überraschenderweise nutzen die Pottwale dagegen eine ganz andere Strategie. Sie haben von Natur aus eine dunklere Haut, halten sich allerdings auch deutlich länger an der Wasseroberfläche auf als die Blauwale. Bis zu sechs Stunden am Stück bleiben Pottwale oben und auch die Intervalle zwischen ihren Tauchgängen sind fünf Mal länger als bei Blau- und Finnwalen. Entsprechend höher ist ihre UV-Belastung. Statt auf das „Bräunen“, setzen die Pottwale dabei auf einen genetischen Schutz: Ihre Hautzellen beginnen, bei erhöhter Sonneneinstrahlung vermehrt zwei Reparatur-Gene abzulesen.
„Die Wale mit höherer Aktivität dieser Gene hatten durchgängig weniger DNA-Schäden“, berichten die Forscher. Die zusätzlichen „Reparaturtrupps“ sorgen offenbar dafür, dass die Zerstörungen, die die UV-Strahlung in den Zellen anrichtet, besonders schnell und effektiv wieder behoben werden. Bei den anderen beiden Walarten erhöhte sich die Aktivität dieser beiden Gene dagegen kaum.
„Das zeigt, dass die molekularen Schutzmechanismen der Wale von Art zu Art verschieden sind“, konstatieren die Forscher. Diese Mechanismen zu kennen sei wichtig. Zum einen um die Meeressäuger in Zukunft besser schützen zu können und zum anderen, um zu verstehen, wie gut und schnell sich diese Tiergruppe an verändernde Bedingungen anpassen kann.