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Verräterische Unterwasser-Laute

Erde|Umwelt

Verräterische Unterwasser-Laute
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Buckelwal in der Nähe der antarktischen Packeisgrenze. Foto: ITAW/Carsten Rocholl
Das war doch der Ton eines Buckelwals! Bisher dachte man, alle Buckelwale würden am Ende des antarktischen Sommers in Richtung Äquator wandern, um dort zu überwintern. Doch Aufnahmen des Antarktis-Unterwasserobservatoriums PALAOA belegen: Einige Tiere bleiben den ganzen Winter über in antarktischen Gewässern. Um welche Tiere es sich dabei handelt, ist noch unklar. Möglicherweise sind es aber junge Walkühe, die sich die kräftezehrende Reise sparen. Ältere Tiere müssen hingegen in die wärmeren Regionen, um die Kälber zur Welt zu bringen.

Als Ilse Van Opzeeland vom Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung eines Aprilmorgens ihre Bürotür aufschloss und wie üblich den Livestream des PALAOA-Unterwasserobservatoriums in der Antarktis einschaltete, war sie verblüfft: Aus dem Lautsprecher tönten Rufe von Buckelwalen. Eigentlich hätten die Meeressäuger bereits 7.000 Kilometer entfernt in den warmen Gewässern Afrikas sein müssen. „Ich war total überrascht, denn bis zu diesem Tag galt die Lehrbuchmeinung, dass Buckelwale nur in den Sommermonaten in die Antarktis kommen. Und selbst dann, so glaubte man bis dahin, würden sie auf der Suche nach Krill nur bestimmte eisfreie Regionen auf Höhe des 60. südlichen Breitengrades ansteuern. Unser PALAOA-Observatorium aber überwacht ein Gebiet auf 70 Grad Süd – also viel weiter südlich als die bekannten Futtergründe. Die Tiere an einem Wintermorgen in der Nähe unseres Observatoriums zu hören, war vor diesem Hintergrund eine doppelte Überraschung“, erzählt die Wissenschaftlerin.

Um zu überprüfen, ob es sich nur um einen einmaligen Winter-Abstecher der Buckelwale in das östliche Weddellmeer gehandelt hatte, überprüften die Forscher alle PALAOA-Aufnahmen der Jahre 2008 und 2009 auf akustische Lebenszeichen der Tiere. Van Opzeeland entwickelte dazu extra ein Verfahren zur automatischen Buckelwal-Lauterkennung. Ergebnis: Die Buckelwale haben sich im Jahr 2008 mit Ausnahme der Monate Mai, September und Oktober durchgängig in der Nähe des Observatoriums aufgehalten. Im Folgejahr fehlten sie lediglich im September. „Demzufolge ist es sehr wahrscheinlich, dass in beiden Jahren Buckelwale im östlichen Weddellmeer überwintert haben“, sagt die Wissenschaftlerin.

Wahrscheinlich sparen sich junge Walkühe die lange Reise

Um welche Tiere es sich handelt, kann die AWI-Wissenschaftlerin anhand der Unterwasserklänge nicht sagen: „Wahrscheinlich stammen die Laute aber von jungen Walkühen, die noch nicht trächtig sind und sich deshalb die mehr als 7.000 Kilometer lange Wanderung in die Küstengewässer Afrikas sparen. Dort liegen die Kinderstuben der Wale. Vor diesem Hintergrund erscheint es aus Sicht der jungen Walkühe durchaus sinnvoll, den Winter über in der Antarktis zu bleiben. Außerdem bietet das Küstengebiet des östlichen Weddellmeeres den Tieren sehr wahrscheinlich auch in der kalten Jahreszeit so reichhaltige Krillvorkommen, dass die Wale genügend Futter finden, um sich Fettreserven für die Fortpflanzung und die lange Reise im Folgejahr anzufressen“, so Van Opzeeland.

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Die neuen Erkenntnisse untermauern nun die Bedeutung des Südpolarmeeres als Lebensraum für Buckelwale. „Gerade vor dem Hintergrund der Diskussion um Meeresschutzgebiete zeigen unsere Ergebnisse, dass nicht nur die bekannten Futtergründe in der Region um 60 Grad Süd für die Buckelwale wichtig sind, sondern auch die Gewässer weiter südlich. Die Tiere kommen in diesen Gebieten fast das ganze Jahr über vor“, sagt die Biologin.

Van Opzeeland und ihr Team wollen jetzt herausfinden, zu welcher Population die Buckelwale aus dem östlichen Weddellmeer gehören. Dazu vergleichen die Wissenschaftler die markante Rufe und Laute aus den PALAOA-Aufnahmen zum Beispiel mit Buckelwal-Gesängen aus den Küstengewässern Gabuns und Mosambiks. „Jede Buckelwal-Population entwickelt ihre eigenen Gesänge. Die Tonfolgen ergeben also einen akustischen Fingerabdruck, anhand dessen wir hoffentlich sagen können, in welchen Gewässern die Antarktis-Überwinterer ihre Kinderstube haben“, so die Meeresbiologin.

 

© wissenschaft.de – Martin Vieweg
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