Die Archäologen um Nikolai Grube von der Universität Bonn machten den grausigen Fund in einer rund 32 Quadratmeter großen künstlichen Höhle. „Abgesehen von der großen Anzahl der bestatteten Individuen fiel bereits während der Ausgrabung auf, dass sich die Skelette nicht mehr in ihrem ursprünglichen anatomischen Verbund befanden“, sagt Nicolaus Seefeld, der bei seinen Untersuchungen des ausgeklügelten Wasserversorgungssystems von Uxul das Massengrab entdeckte hatte. Sämtliche Schädel lagen ohne eine Verbindung zum Rest der Körper im Höhleninnenraum verstreut, selbst der Großteil der Unterkiefer war von den Köpfen getrennt worden. Dennoch waren insgesamt alle Körperteile vorhanden. „Diese Beobachtung schloss die Möglichkeit aus, dass es sich bei diesem Massengrab um eine sogenannte Sekundärbestattung handelte, bei der die Knochen von Verstorbenen an einem neuen Ort niedergelegt werden“, sagt Seefeld.
Doch nicht nur die räumliche Verteilung der Knochen wies darauf hin, dass die Toten enthauptet und zerstückelt worden waren. Bei einem Großteil der 24 Skelette konnten Anzeichen für einen gewaltsamen Tod nachgewiesen werden. „So sind die beobachteten Beilspuren an den Nackenwirbeln ein deutlicher Hinweis auf Enthauptungen“, berichtet Seefeld. An einem weiteren Schädel war ein unverheilter Schädelbruch zu erkennen, der vermutlich durch einen Keulenschlag verursacht worden war. Außerdem tragen viele der Schädel Schnittspuren von scharfen Gegenständen, die von Steinbeilen stammen könnten.
Identität der Zerstückelten unklar
Die Knochen sind trotz dieser Gewaltspuren so gut erhalten geblieben, dass die Forscher bei 15 der insgesamt 24 Personen das Alter und Geschlecht bestimmen konnten. Demnach handelte es sich um dreizehn Männer und zwei Frauen, die zum Zeitpunkt ihres Todes zwischen 18 und 42 Jahre alt waren. Analysen von Zähnen und Knochen belegten, dass einige der Verstorbenen zu Lebzeiten an Unterernährung gelitten hatten. Doch bei den Opfern hatte es sich offenbar nicht nur um arme Menschen gehandelt. Einige der Toten besaßen Zahneinlagen aus Jade. Die Wissenschaftler werten das als ein Zeichen für ihren hohen sozialen Status.
Es bleibt allerdings weiterhin unklar, um was für Menschen es sich gehandelt hat. Möglicherweise waren es Kriegsgefangene aus einer anderen Maya-Stadt, die in Uxul geopfert worden waren, oder aber um Adlige aus Uxul selbst. Erst mit Hilfe der Isotopenanalyse wird sich klären lassen, ob die Toten Angehörige der lokalen Bevölkerung waren oder ob sie aus einer anderen Region des Tieflands der Halbinsel Yucatan stammten. „Die Entdeckung des Massengrabs beweist jedoch, dass die in der Maya-Kunst häufig dargestellte Zerstückelung von Kriegsgefangenen und Gegnern tatsächlich praktiziert wurde“, sagt Grube. Seit fünf Jahren graben die Archäologen der Universität Bonn hier, um das Entstehen und den Zerfall von Regionalstaaten im Maya-Tiefland zu erforschen. Erst im vergangenen Jahr hatten die Archäologen hier das Grab eines Maya-Prinzen entdeckt. Es bleibt spannend, welche Überraschungen hier noch in der Erde schlummern.