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Invasion der Würmer

Erde|Umwelt

Invasion der Würmer

REGENWÜRMER SIND die Müllvernichter der Wälder. Als Zersetzer von organischem Material räumen sie im und auf dem Waldboden auf und belüften ihn nebenbei. Doch während sie hierzulande Freude auf Gärtnergesichter zaubern, sorgen sie im Norden der USA und in Kanada für gerunzelte Stirnen. Der Grund: Die sich dort ausbreitenden Arten sind illegale Einwanderer, eingeschleppt durch europäische Siedler und durch Angler, die ihre Köder entwischen ließen – mit schwerwiegenden Folgen. Die einheimische amerikanische Wurm-Population haben schon die Gletscher der letzten Eiszeit ausgelöscht.

Mit unstillbarem Hunger vertilgen nun europäische Regenwürmer die Blätterschichten auf dem Boden 1,7 bis 3 Mal so schnell, wie es normalerweise in dieser Region Nordamerikas der Fall wäre. Für viele einheimische Pflanzen, etwa die Nickende Waldlilie, ist die dabei entstehende Humuserde eine Katastrophe – sie gehen ein (bild der wissenschaft 2/2004, „Invasion der Regenwürmer“).

Seit dem bdw-Beitrag hat sich die Lage verschlimmert: Der europäische Regenwurm (Familie Lumbricidae) hat Unterstützung von der asiatischen Gattung Amynthas bekommen. „Die Probleme mit den Asiaten sind noch heftiger als die mit den Europäern: Sie tauchen meist in großer Zahl auf und verbreiten sich enorm schnell und weit“, sagt Peter Groffman vom Cary Institute of Ecosystem Studies.

„Die Folgen sind tiefgreifend“, unterstreicht Groffman. „Den asiatischen Regenwürmern reichen drei bis fünf Jahre, um dicke Schichten organischen Materials zu vernichten.“ Verantwortlich dafür ist die Vorliebe der Tiere fürs Buddeln. Die Wühlarbeit der Wümer hat einen veränderten Nährstoffgehalt im Boden zur Folge. Der Anteil an löslichem Stickstoff steigt überproportional. Der wichtige Nährstoff wird verstärkt vom Regen ausgewaschen und geht für die Pflanzen verloren.

Ein großes Problem ist die geringe Menge an gesicherten Daten: Waldgebiete zu untersuchen ist sehr zeit- und kostenaufwendig. Die genaue Ausdehnung der Invasion ist deshalb noch unbekannt. Um Abhilfe zu schaffen, haben Forscher der University of Minnesota im Jahr 2000 das Bürgerbeteiligungsprojekt „Great Lakes Worm Watch“ ins Leben gerufen.

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Allein in den letzten vier Jahren hat das Projekt mit Workshops mehr als 1700 Menschen erreicht. Gemeinsam sammelten die Wurmwächter an 3450 Stellen mehr als 20 000 Tiere ein, die anschließend von den Wissenschaftlern der Universität bestimmt und archiviert wurden. „Im Moment sind wir eine Art Zentralregister für Regenwurmverbreitung und Risikogegenden“, erklärt der Projektleiter Ryan Hueffmeier von der University of Minnesota. „Mit den Daten sollen Karten über die Auswirkungen des Regenwurmbefalls erstellt werden.“

Um die Datenerhebung zu beschleunigen, haben die Forscher eine neue Methode entwickelt – abgekürzt IERAT (Invasive Earthworm Rapid Assessment Tool). Vor allem in Birken- und Ahornwäldern soll damit schnell erfassbar sein, wie weit die Regenwurm-Invasion fortgeschritten ist. Wichtiges Messkriterium dabei sind die Kotballen der Würmer.

„IERAT basiert auf der visuellen Erfassung von Kothaufen, Dicke der Blätterschichten und Pflanzenzusammensetzung. Die untersuchten Orte können dann in ein fünfstufiges Klassifizierungssystem eingeteilt werden, das über den Grad der Invasion informiert“, sagt Hueffmeier. Dank IERAT werden für jeden Datenpunkt nur noch fünf bis acht Minuten benötigt.

Die Invasion der illegalen Einwanderer aufhalten oder gar umkehren können solche Messprojekte nicht. Aber sie dienen zur Vorbeugung, hofft Hueffmeier: „Forstbeamte können die Daten direkt nutzen, um Regionen mit minimaler Wurm-Invasion vorrangig zu schützen.“ Sonja Klein ■

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