Nur 15 bis 20 Kilometer entfernt von der historischen Altstadt Istanbuls rechnen Experten mit einem verheerenden Erdbeben. Für die türkische Millionenstadt gäbe es nur wenige Sekunden Vorwarnzeit. An dem 30 Kilometer langen und 10 Kilometer tiefen Bereich, der entlang der Nordanatolischen Verwerfung verläuft, finden seit einiger Zeit keinerlei Mikrobeben statt – was die Geophysiker um Marco Bohnhoff vom Geoforschungszentrum Potsdam alarmiert. Sie befürchten, dass sich die tektonischen Erdplatten dort verhakt haben und sich eines Tages mit einem gewaltigen Schlag befreien werden. In diesem Bereich endete auch die Bruchzone des letzten starken Bebens der Region 1999.
Forscher warnen schon lange davor, dass es im Istanbul-Marmara-Gebiet im Nordwesten der Türkei zu einem Erdbeben der Stärke 7 oder mehr kommen könnte. „Der jetzt identifizierte Block”, sagt Bohnhoff, „könnte der Ausgangspunkt dieses Bebens sein. Eine exakte Erdbebenvorhersage ist nicht möglich. Solche Funde sind die einzige Chance, eventuelle künftige Erdbeben in Bezug auf Stärke und Ort zu charakterisieren und das Schadensrisiko einzuschätzen.” Wenn es zu dem schweren Beben in der türkischen Metropole käme, wäre mit bis zu 150 000 Toten zu rechnen. Und die Türkei wäre in Gefahr, wirtschaftlich auf die Stufe eines Entwicklungslandes zurückzufallen.