An der Zugspitze, Deutschlands höchstem Gipfel, wird es immer wärmer. Der Temperaturanstieg während der letzten 100 Jahre hat das Gestein dort um über ein Grad erwärmt, wie ein Team um Bernhard Wagner vom Bayerischen Landesamt für Umwelt (LfU) in Hof in einer Langzeitstudie nachgewiesen hat. Wenn der Klimawandel wie erwartet weitergeht, wird der Permafrost – also das dauerhaft gefrorene Gestein – am knapp 3000 Meter hohen Gipfelgrat der Zugspitze in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts ganz verschwunden sein, prognostizieren die Forscher. Das erhöht die Gefahr von Steinschlägen und Felsstürzen. Wenn sich das Eis dem Schmelzpunkt nähert, verliert der Fels gewissermaßen seinen Kitt. Zudem öffnet das schmelzende Eis Spalten, in das Wasser eindringen und den Fels durch Druck sprengen kann. Solche Effekte könnten auch die Ursache für den gewaltigen Bergsturz im Schweizer Kanton Graubünden im August 2017 gewesen sein, bei dem acht Wanderer starben.
Die Fieberkurve des Zugspitzgipfels
Den Klimawandel, der in den Alpen doppelt so schnell voranschreitet wie im globalen Mittel, und den damit verbundenen Schwund des Permafrosts benannte bild der wissenschaft schon im April 2009 als Ursache für den bröckelnden Fels. In fast allen Alpenländern gibt es inzwischen Messstationen, und seit 2010 misst das LfU auch die Fieberkurve des Zugspitzgipfels. Dazu haben die Forscher durch 45 Meter Fels ein Loch gebohrt und mit 16 Temperaturfühlern ausgestattet. Laut Wagner hat sich die Frostgrenze binnen sechs Jahren um etwa einen Meter in den Berg zurückgezogen.
Mit einem Computermodell haben die Forscher die Erwärmung des Felses über die Messperiode hinaus simuliert – in die Vergangenheit und in die Zukunft. Da die Simulation die seit 1900 dokumentierten Lufttemperaturen am Zugspitzgipfel im Fels gut spiegelt, hält Wagner sie für sehr zuverlässig. Demnach hat sich der Permafrost bereits um 10 Meter zurückgezogen, das größte Stück in den letzten 25 Jahren. Als die Hofer Forscher ihre Computer zusätzlich mit Prognosen der Lufttemperatur eines regionalen Klimamodells fütterten, erhielten sie ein erschreckendes Ergebnis: Ab 2060 wird sich der Permafrost beschleunigt zurückziehen.
Auch die anderen Permafrostvorkommen in den Bayerischen Alpen – im Allgäu und am Watzmann – werden dann rasch schwinden, befürchten die Forscher. Große Bergstürze erwarten sie hierzulande jedoch nicht. “Darauf haben wir keine Hinweise”, sagt Wagners Kollege Andreas von Poschinger. In Bayern sei das Risiko auch wegen des relativ kleinen Permafrostvorkommens von nur 60 Quadratkilometern zum Glück nur gering.