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Smartphone als Erdbeben-Messstation

Erde|Umwelt

Smartphone als Erdbeben-Messstation
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Der Beschleunigungssensor von Handys könnte bei der Überwachung von Erdbeben helfen (thinkstock)
In nahezu jedem Smartphone steckt heutzutage ein Accelerometer: ein winziger Sensor, der Beschleunigungen misst. Geht es nach zwei italienischen Forschern, sollen die kleinen Chips künftig in den Dienst der Wissenschaft treten. Den Seismologen schwebt ein engmaschiges Netzwerk aus Handy-Sensoren vor, das im Falle eines Bebens via Internet Informationen über die Wucht der Erdstöße liefert.

Beschleunigungssensoren sind heutzutage weiter verbreitet denn je. Im Airbag schlagen sie Alarm, wenn sie die abrupte Beschleunigung eines Aufpralls registrieren. In den Controllern von Spielekonsolen messen sie, wie schnell wir einen imaginären Ball schleudern oder den Golfschläger schwingen. In unserem Smartphone bestimmen sie die Orientierung des Gerätes oder erfassen in Kombination mit einer Fitness-App die Zahl der Schritte, die wir am Tag tun.

Antonio D’Alessandro und Guiseppe D’Anna, zwei italienische Forscher des Instituto Nazionale di Geosifica e Vulcanologia, wollen die Sensoren nun als kleine Erdbebenstationen nutzen. „Nahezu jeder hat heutzutage einen Rechner oder ein Handy mit MEMS-Technologie“, schreiben sie in der Fachzeitschrift „Bulletin of the Seismological Society of America“. MEMS steht für mikro-elektromechanische Systeme wie eben jene winzigen Accelerometer im Smartphone.  Die Technik, so glauben sie, „könnte ein wichtiges Mittel sein, um die Anzahl der Messungen bei einem starken Erdbeben dramatisch zu erhöhen.“ Ein zusätzlicher Vorteil ist, dass gerade Smartphones nahezu pausenlos online sind und ihre Werte sofort übermitteln können.

Um zu bestimmen, ob die nur wenige Millimeter großen Sensoren genaue Werte liefern, verglichen die Wissenschaftler das Accelerometer des iPhone 5 mit einem professionellen Episensor von Kinemetrics. Dazu platzierten sie beiden Sensoren auf einem vibrierenden Tisch, der die Erschütterungen eines Erdbebens nachahmte. Die Frequenz reichte von 0,2 bis 20 Hertz, die Beschleunigung lag zwischen zehn Tausendsteln und der zweifachen Erdbeschleunigung.

Ab Bebenstärke 5 geht’s auch per Handy

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Das Ergebnis: Bei starken Beschleunigungen war der Smartphone-Sensor der Profi-Ausrüstung nahezu ebenbürtig. Sanken die Werte jedoch deutlich unter ein Zehntel g, nahm die Qualität der Messungen rapide ab. Schuld war das Hintergrundrauschen, das der billige Sensor selbst verursachte. Auch wenn er vollkommen still lag, maß er imaginäre Bewegungen. Die Forscher kommen deshalb zu dem Ergebnis, dass Accelerometer in Handys erst bei Beben jenseits der Stärke 5 präzise Informationen liefern – und auch dann nur, wenn sie sich nahe des Epizentrums befinden.

Bei heftigen Beben wären die Messungen jedoch eine große Hilfe – etwa für Rettungskräfte, die abschätzen müssen, wo die Erdstöße die größte Verwüstung angerichtet haben. D’Alessando und D’Anna nennen das Beben von L’Aquila als Beispiel,  das 2009 die Stadt in den Abruzzen verwüstete und 308 Menschen das Leben kostete. Während dieser Katastrophe wurden Beschleunigungen von bis zu 0,4 g gemessen. In der Veröffentlichung heißt es: „Wir können davon ausgehen, dass das Ereignis von MEMS-Accelerometern gut aufgezeichnet worden wäre.“ Außerdem weisen die Autoren darauf hin, dass die Technik immer genauer wird – und künftig vermutlich auch schwächere Erdstöße ausmachen könne.

Wie genau die Seismologen Erdstöße von Erschütterungen unterscheiden wollen, denen unsere Handys täglich in Hand- oder Hosentasche ausgesetzt sind, dazu machen sie keine Angaben. Sie sind allerdings nicht die ersten, die Smartphones in den Dienst der Wissenschaft stellen wollen. Meteorologen versuchen sich die Vielzahl von Sensoren im Handy zunutze zu machen, um via App präzisere Angaben über das Wetter vor Ort zu sammeln. Forscher der Universitäten Kassel und Würzburg haben eine Anwendung entwickelt, die den Geräuschpegel misst. Und das Forschungsprojekt „Verlust der Nacht“ bietet ein Programm, das den Grad der Lichtverschmutzung erfasst.

Quelle:

© wissenschaft.de – Nora Schlüter
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