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Jagd in gemischter Gesellschaft

Erde|Umwelt

Jagd in gemischter Gesellschaft
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Ein Kleiner Schwertwal taucht auf (NOAA)
Wer gemeinsam jagt, hat mehr Erfolg – nach diesem Prinzip handeln auch viele Meeressäuger. Zahnwale schließen sich beispielsweise häufig zu Jagdgemeinschaften zusammen, um Fischschwärme zu umkreisen und in einem Netz aus Luftblasen einzuschließen. Die so umzingelte Beute bietet dann für alle ein reichliches Mahl. Jetzt haben neuseeländische Forscher entdeckt, dass es eine Walart gibt, die sich für solche Jagdausflüge sogar mit Fremden zusammentut: mit Delfinen. Sie beobachteten erstmals Kleine Schwertwale beim gemeinsamen Beutefang mit den Tümmlern.

Während ihre größeren Verwandten, die Orcas, relativ gut erforscht sind,  weiß man über die Kleinen Schwertwale ( Pseudorca crassidens) bisher eher wenig. Bekannt ist, dass die rund fünf Meter langen Meeressäuger typischerweise in Gruppen von 20 bis 100 Tieren auf hoher See unterwegs sind. Innerhalb dieser Schulen bilden sie enge Beziehungen zu ihren Artgenossen – ähnlich wie die sehr sozialen Delfine. Interessanterweise scheuen die Wale aber auch nicht vor engem Kontakt zu Meeressäugern anderer Arten zurück: „Kleine Schwertwale wurden schon in enger, nicht-aggressiver Gemeinschaft mit verschiedenen Delfinarten beobachtet“, berichten Jochen Zaeschmar von der Massey University im neuseeländischen North Shore und seine Kollegen.

 Warum sie diese gemischten Gruppen bilden, ist allerdings unklar. Biologen vermuteten bisher, dass sich die Meeressäuger durch diese Zusammenschlüsse vor angriffslustigen Fressfeinden schützen wollen. „Eine größere Gruppe hat bessere Chancen, einen Prädator rechtzeitig zu entdecken, weil mehr Augen Wache halten“, erklärt Zaeschmar. Vor allem vor Neuseeland seien schon häufiger Angriffe von Orcas auf die kleineren Schwertwale beobachtet worden. Möglich wäre aber auch, dass Delfine und Schwertwale aus einem anderen Grund die gegenseitige Nähe suchen. Ein neues Licht auf die gemischten Gruppen aus Schwertwalen und Tümmlern werfen nun Beobachtungen, die die Forscher im Hauraki-Golf im Nordwesten der neuseeländischen Nordinsel machten.

Treibjagd am Schiffsrumpf

Am 20. Januar 2011 hatten dort Biologen an Bord eines örtlichen Walbeobachtungsbootes eine Gruppe von 150 Kleinen Schwertwalen gesichtet. Diese bildeten zusammen mit 150 Großen Tümmlern mehrere kleinere gemischte Grüppchen, die über vier Quadratkilometer verteilt waren. Das Interessante daran: „Jede dieser gemischten Gruppen war gerade dabei zu jagen, wie an Sprüngen, asynchronen Tauchgängen und einem ebenfalls auf Beute hoffenden Schwarm von Seevögeln zu erkennen war“, berichten die Forscher. Um sich das Ganze näher anzuschauen, steuerten die Biologen das Boot an eine dieser Gruppen heran. Dabei entdeckten sie, dass die Meeressäuger gerade dabei waren, einen Schwarm von Lachsbarschen einzukreisen – und dies in artübergreifender Formation. Die im Kreis schwimmenden Schwertwale und Tümmler produzierten zudem einen Blasenvorhang, der die Fische am Entkommen hinderte.

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Wie raffiniert und flexibel die Jagdstrategie selbst in dieser gemischten Gruppe war, merkten die Forscher, als sie ihr Schiff noch näher heransteuerten. Denn nun begannen die Meeressäuger, den Fischschwarm gezielt auf den Rumpf des Schiffes zuzutreiben. „Der Rumpf diente ihnen dabei als Barriere, die die Fische am Entkommen hinderte“, berichten die Wissenschaftler. Selbst als sie ihr Schiff zurücksetzten, ließen sich die Tiere in ihrem Jagdeifer nicht stören und drängten ihre Beute unverdrossen weiter in Richtung Rumpf. Zwischendurch nutzte immer mal wieder einer der Wale die Chance, um in den Schwarm vorzustoßen und einen Fisch zu erbeuten. Dass diese artübergreifende Jagdgruppe keine Ausnahme war, zeigte sich wenige Tage später, als die Forscher auf eine weitere gemischte Gruppe von Schwertwalen und Tümmlern stießen, die sie ebenfalls beim Beutefang beobachten konnten.

Wie Zaeschmar und seine Kollegen erklären,  sind diese Beobachtungen gleich in zweierlei Hinsicht spannend: Zum einen war diese Form des Jagens mittels Blasenvorhang bisher zwar von anderen Walarten bekannt, nicht aber vom Kleinen Schwertwal. Und auch Große Tümmler produzieren zwar ab und zu spielerisch solche Blasen, dass sie diese gezielt zum Beutefang benutzen, ist aber ebenfalls neu.

Zum anderen aber wirft diese Bobachtung auch ein neues Licht auf die Funktion der gemischten Gruppen aus Walen und Tümmlern. Möglicherweise, so spekulieren die Forscher, ist ihr Zweck gar nicht in erster Linie der Schutz vor Räubern, sondern die gemeinsame Jagd. „Größere Gruppen haben eine höhere Chance, Fischwärme ausfindig zu machen und sie dann einzukreisen“, erklären Zaeschmar und seine Kollegen. Und da die Beutefische beider Meeressäuger in großen Schwärmen vorkommen, ist dann auch ausreichend Futter für alle da. Ob diese Gemeinschaftsjagd eine neuseeländische Eigenheit ist oder auch bei Kleinen Schwertwalen und Tümmlern in anderen Meeresgebieten vorkommt, müssen nun weitere Untersuchungen zeigen.

Quelle:

© wissenschaft.de – Nadja Podbregar
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