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Ein Mittel gegen das Kiffen

Gesundheit|Medizin

Ein Mittel gegen das Kiffen
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Joint: vielleicht gibt es bald Hilfe beim Abgewöhnen (thinkstock)
THC, der wichtigste Wirkstoff von Cannabis, regt das Belohnungszentrum im Gehirn an und sorgt so dafür, dass Konsumenten immer wieder zum Joint greifen. Nun haben Forscher eine Substanz entdeckt, die den Weg aus der Sucht erleichtert, indem sie diesen Mechanismus aushebelt. Ratten und Affen, die damit behandelt wurden, schraubten ihren Cannabis-Konsum deutlich zurück. Außerdem wurden sie nach längerer Abstinenz nicht mehr rückfällig.

Rund zwei Millionen Menschen hierzulande kiffen regelmäßig, etwa 600.000 von ihnen sind abhängig. Das macht Cannabis zur Lieblingsdroge der Deutschen. Auch wenn das Kräuterzeug im Vergleich zu Rauschmitteln wie Heroin oder Kokain harmloser wirkt – ganz ohne ist auch diese Droge nicht. So beeinträchtigt anhaltender Cannabiskonsum die Lern- und Gedächtnisleistung. Außerdem gehen Forscher davon aus, dass verborgene Psychosen schneller ausbrechen, wenn der Betroffene regelmäßig kifft. Manche warnen außerdem, Marihuana ebne den Weg in die Drogenkarriere.

Menschen, die vom Cannabis loskommen wollen, können sich momentan jedoch nur auf ihre Willenskraft verlassen. „Es gibt kein Medikament, das für die Behandlung von Marijuana-Missbrauch zugelassen ist“, schreiben Zuzana Justinova vom National Institute on Drug Abuse in den USA und ihre Kollegen in der Fachzeitschrift „Nature Neuroscience“. Doch das könnte sich möglicherweise künftig ändern. Denn die Forscher sind nun auf einen hoffnungsvollen Kandidaten gestoßen.

Die entscheidende Rolle spielt dabei eine Substanz namens Kynurensäure, die im Hirn bereits in winzigen Mengen vorhanden ist. Die Säure dockt an spezielle Rezeptoren an und blockiert so einen entscheidenden Wirkmechanismus von THC, der wichtigsten psychoaktiven Substanz in Cannabis.THC sorgt dafür, dass im Belohnungszentrum des Gehirns verstärkt Dopamin ausgeschüttet wird. Dieser Vorgang „liegt vermutlich den belohnenden und abhängig machenden Effekten von Marijuana zugrunde“, schreiben die Forscher. Für ihre Studie verabreichten Justinova und ihre Kollegen Ratten und Totenkopfäffchen einen Wirkstoff namens Ro 61-8048, der die Produktion von Kynurensäure  im Hirn ankurbelt. Dann injizierten sie ihnen THC. Im weiteren Verlauf des Versuchs konnten sich die Tiere dann selbst bedienen: Betätigten sie einen Hebel, erhielten sie jeweils eine weitere Dosis der Droge injiziert.

Schluss mit dem Schmacht

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Wie sich herausstellte, stieg durch den Wirkstoff die Dopamin-Konzentration in den entscheidenden Hirnregionen nicht annähernd so stark wie durch den alleinigen Konsum von THC. Das wirkte sich auch auf das Verhalten der Tiere aus. Nicht behandelte Totenkopfäffchen verabreichten sich selbst bis zu 50 Mal pro Versuchseinheit THC. Erhielten sie jedoch  zusätzlich Ro61-8048, drückten sie den Hebel für die Drogeninjektion nur noch zehn bis zwanzig Mal pro Sitzung. Vor allem jedoch wurden sie nach längerer Abstinenz nicht rückfällig, wenn ihnen eine geringe Dosis THC verabreicht wurde. Auch optische Reize, die die Tiere mit dem Drogenkonsum verbanden, ließen die Sucht nicht wieder aufflammen. Die Forscher hoffen, bei menschlichen Süchtigen so eines Tages das Verlangen nach der Droge dämpfen zu können.

Ro 61-8048 beeinflusste im Versuch nur den Cannabis-Konsum der Tiere; auf Fress- oder Kokainsucht hatte er keinerlei Auswirkungen. Auch Nebenwirkungen stellten die Forscher nicht fest. Die Chemikalie beeinträchtigte weder Gedächtnis noch Verhalten, betonen sie. Wurde die Substanz ohne THC verabreicht, wirkte sie sich auch nicht merklich auf den Dopaminhaushalt im Gehirn aus. Ob sie Menschen problemlos verabreicht werden kann, muss allerdings erst geklärt werden. „Ein Medikament, das die Behandlung von Cannabis-Sucht sicher und effektiv unterstützen würde, wäre ein wichtiger Fortschritt“, schreiben die Forscher. Doch selbst wenn es eines Tages eine Pille gegen das Kiffen geben sollte, ist weiterhin Willenskraft gefragt: Sobald nämlich die Wirkung von Ro 61-8048 nachließ, verabreichten sich Ratten und Äffchen wieder fleißig THC.

Quelle:

© wissenschaft.de – Nora Schlüter
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