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Wir drucken uns einen Waldbrand

Astronomie|Physik Technik|Digitales

Wir drucken uns einen Waldbrand
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So sieht die Ausbreitung eines Waldbrands übersetzt in abstakte Formen aus (Imperial College London/EPL)
Wollten Sie schon immer mal eine Skulptur in den Händen halten, deren Bauanleitung aus physikalischen Berechnungen zur Ausbreitung eines Waldbrandes oder einer Herzrhythmusstörung besteht? Dann dürfte „Sculplexity” genau Ihr Ding sein. Mit dem Konzept britischer Forscher lassen sich komplexe physikalische Abläufe in Plastikklötze aus dem 3D-Drucker verwandeln.

So richtig hübsch ist er nicht, der gedruckte Plastikklumpen, der uns die Ausbreitung eines Waldbrandes veranschaulichen soll.  Acht Kubikzentimeter mattschwarze Unförmigkeit. Kein Vergleich zu den niedlichen Ebola- und Grippeviren aus Plüsch, die Biologen gern zu Weihnachten verschenken. Physik ist eben nicht so flauschig wie Biologie. Dafür ist sie vielschichtiger – zumindest, wenn sie aus dem 3D-Drucker kommt.

Forscher um David Reiss und Tim Evans vom Imperial College London hatten nach Möglichkeiten gesucht, komplexe physikalische Vorgänge zu veranschaulichen. Die zündende Idee kam Evans ausgerechnet bei einem Ausflug ins Victoria and Albert Museum in London. „Dort entdeckte ich den allerersten Gegenstand aus dem 3D-Drucker, den das Museum erworben hatte”, erzählt der Physiker. „Es war ein Tisch, der von baumförmigen Strukturen in der Natur inspiriert war – ein Beispiel für einen Verzweigungsprozess, der in der theoretischen Physik bei sehr vielen komplexen Systemen auftritt. Also fragte ich mich: Welche anderen Prozesse aus der Physik lassen sich als Objekte aus dem 3D-Drucker darstellen?”

Gitterzellen im Zeitverlauf

Bei ihrer Suche nach passenden Vorgängen kam den Forschern zugute, dass sich viele Prozesse als zweidimensionales Gitter darstellen lassen. Dessen Zellen befinden sich in einem bestimmten Zustand – im Falle des Waldbrandes symbolisieren sie Bäume, die entweder brennen oder nicht brennen. Im Laufe der Zeit verändert sich der Zustand der Zellen nach bestimmten Regeln. Für den Zustand der  Bäume etwa ist entscheidend, ob sie vom Blitz getroffen werden oder ob ihre Nachbarn bereits in Flammen stehen.

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Und wie wird aus dem Ganzen eine Skulptur? Der Drucker beginnt mit einem Gitter, das dem Ausgangszustand entspricht: Manche Zellen sind gefüllt, andere leer. Ist diese erste Schicht gedruckt, wird eine zweite daraufgesetzt. Sie veranschaulicht den Zustand des Gitters, nachdem eine bestimmte Zeit verstrichen ist. Und so geht es weiter – Schicht für Schicht. „Das Ergebnis ist ein 3D-Objekt, das zeigt, wie sich das mathematische Modell im Laufe der Zeit entwickelt hat”, erklärt Evans. Er selbst will dieses Prinzip, dass die Forscher „Sculplexity” getauft haben, demnächst nutzen, um seine eigene Forschung zu visualisieren. Sein Team untersucht die Ursachen von Anomalien des Herzschlags, indem es  Modelle für das Verhalten einzelner Herzmuskelzellen entwickelt.

 Ob uns ein 3D-Drucker eines Tages Plastikklumpen zu wirklich abstrakten Konzepten aus der Quantenphysik oder der Stringtheorie ausspucken kann, bleibt abzuwarten. Evans hofft jedenfalls, dass er seine Kollegen zumindest anregt, kreativ zu werden. Vielleicht braucht der ein oder andere ja noch ein hübsches Geschenk für die Schwiegereltern.

 

 

 

 

 

 

Quelle:

©wissenschaft.de – Nora Schlüter
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