Wieso war Albert Einstein ein so großer Denker? Nach den Gründen suchen Forscher seit nahezu 60 Jahren im Gehirn des Physikers. Nachdem Einstein am 18. April 1955 im Alter von 76 Jahren in Princeton gestorben war, stahl der amerikanische Pathologe Thomas Harvey sein Hirn. Harvey schnitt das Organ in dünne Scheiben, die er in zwei Einweckgläsern konservierte. Erst 1997 – nach einer Odyssee durch die USA – übergab der Pathologe Einsteins Gehirn an dessen Enkelin. Zuvor hatte er es Wissenschaftlern zur Verfügung gestellt, die es genau untersuchten und fotografierten. Eine schlüssige Erklärung für die herausragende Intelligenz des Nobelpreisträgers fanden sie damals anhand der Bilder und anderer Daten jedoch nicht. Die Anatomen hatten sich bei den Untersuchungen vorwiegend auf Gewebestruktur und Masse des Physikerhirns konzentriert.
Jetzt haben chinesische und amerikanische Wissenschaftler einige der Aufnahmen mit einem neuen Farbgebungsverfahren genauer unter die Lupe genommen. Und sie glauben, eine Erklärung für die Brillanz Einsteins gefunden zu haben. Wie das Team um Weiwei Men von der East China Normal University in Schanghai feststellte, war Einsteins Corpus Callosum – der sogenannte Balken – außergewöhnlich dick.
Das Corpus Callosum, das aus Millionen von Nervenfasern besteht, verbindet die rechte mit der linken Hirnhälfte. Je dicker diese Hirnregion ist, desto mehr Nervenfasern enthält sie, und desto besser sind die beiden Hirnhälften miteinander vernetzt. Dies soll sich signifikant auf das Zusammenspiel der für Intuition zuständigen rechten Hälfte mit der rational und analytisch arbeitenden linken Hälfte auswirken.
Die Forscher überprüften die Einordnung von Einsteins Corpus Callosum anhand einer eigenen Statistik. Sie verglichen die Bilder mit Aufnahmen der Gehirne von 67 zufällig ausgewählten „ normalen“ Menschen. Wie sich herausstellte, war bei keinem dieser Gehirne die Verbindung zwischen den beiden Hälften so stark wie bei dem Begründer der Relativitätstheorie.