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Die Durchbrüche des Jahres

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Die Durchbrüche des Jahres
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Eine Krebszelle wird von Fresszellen des Immunsystems angegriffen (NCI)
Wissenschaftliche Jahresbilanz: Die Entdeckungen und Durchbrüche des Jahres 2013 stellt jetzt das Fachmagazin „Science“ vor. Zur wichtigsten Entwicklung in der Wissenschaft wurde die Immuntherapie gegen Krebs gekürt. Bei diesem Ansatz wird erstmals nicht mehr direkt der Tumor mit chemischen Mitteln oder durch Strahlung angegriffen, sondern die Immunabwehr des Patienten wird so aufgerüstet, dass sie die entarteten Zellen erkennt und gezielt vernichtet. Mit unter den Durchbrüchen des Jahres sind aber auch das im Reagenzglas gezüchtete Minihirn, das Klonen eines menschlichen Embryos und Supernovas als kosmische Teilchenbeschleuniger.

Gerade in der Krebsforschung vergeht kaum ein Tag ohne eine neue Meldung über einen vielversprechenden Ansatz, eine mögliche neue Therapie. Was also rechtfertigt die Wahl der Immuntherapie zum Durchbruch des Jahres? Diese Frage greifen auch die Redakteure des Fachmagazins Science auf: „Ist es zulässig, eine Strategie als Durchbruch zu feiern, von der bisher nur ein winziger Bruchteil von Krebspatienten profitiert hat?“ Ihre Antwort darauf lautet: Ja. Denn gerade in diesem Jahr haben gleich mehrere klinische Studien bewiesen, dass die Aufrüstung der Immunabwehr Erfolge bringt und Leben rettet.

Dabei handelt es sich nicht um nur eine Strategie, sondern um ein ganzes Bündel von verschiedenen Ansätzen. Einige verändern die Killerzellen von Patienten so, dass sie danach auf bestimmte Oberflächenmoleküle entarteter Zellen geeicht sind und diese gezielt suchen und zerstören. Andere verabreichen Patienten eine Substanz, die den Tarn-Mechanismus der Krebszellen blockiert, mit dem diese die Abwehrzellen irreführen. „Bisher funktionieren diese Ansätze nur bei einigen Krebsarten und für einige Patienten, insofern ist es wichtig, die unmittelbaren Vorteile nicht zu übertreiben“, konstatiert Tim Appenzeller, Leiter des News-Bereichs von Science. „Aber viele Krebsspezialisten sind überzeugt, dass wir hier die Geburt eines wichtigen neuen Paradigmas der Krebsbehandlung sehen.“

Mini-Organe, Klon-Embryos und die Gehirnwäsche im Schlaf

Unter den Top Ten der Wissenschaft sind in diesem Jahr weitere biomedizinische Durchbrüche: Im Sommer gelang es Forschern erstmals, ein menschliches Gehirn zu züchten. In einem speziellen Bioreaktor entwickelte sich aus Stammzellen eine Miniaturversion unseres Denkorgans, ähnlich dem, wie es ein Embryo im Mutterleib besitzt. Andere Forscher züchteten mit ähnlichen Methoden Leber- und Nieren-Organoide. Zusammen ein wichtiger Fortschritt bei dem Versuch, Ersatzorgane zu produzieren. Dieses Jahr brachte auch den lange ersehnten Durchbruch in der Klonforschung: US-Forscher gelang es erstmals, eine menschliche Körperzelle zu klonen und daraus einen Embryo im Frühstadium zu züchten. Aus diesem gewannen sie dann humane embryonale Stammzellen und damit die Voraussetzung für maßgeschneiderte Stammzelltherapien. Nach Ansicht vieler könnte dies eine Renaissance des therapeutischen Klonens auslösen – einer Technik, die allerdings in Deutschland und in vielen anderen Ländern verboten ist.

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Eine wahre Schwemme von Veröffentlichungen zu unserer Darmflora und ihrer Bedeutung für unsere Gesundheit hat auch sie in die Top Ten des Jahres gespült. Die Milliarden Mikroben in Darm und Magen beeinflussen nicht nur unsere Verdauung und unsere Neigung zu Übergewicht, sie spielen auch bei Autoimmunerkrankungen eine Rolle und erwiesen sich als wichtige Helfer gegen Krebs. Ebenfalls zum Durchbruch des Jahres machte Science die Entdeckung, dass unser Gehirn unseren Nachtschlaf zum Großreinemachen nutzt: Es dehnt in dieser Zeit seine Abwasserleitungen auf und schwemmt molekulare Abfallstoffe aus. Vier weitere, eher methodische Entdeckungen runden den biomedizinischen Bereich ab.

Supernova-Relikte, Solarzellen und das Fossil des Jahres

Mit Strahlung und hohen Energien haben zwei weitere Entdeckungen zu tun: Mit dem Fermi Gammastrahlen-Teleskop der NASA haben Astronomen erstmals nachgewiesen, dass Sternenexplosionen tatsächlich wie kosmische Teilchenbeschleuniger arbeiten und einen speziellen Typ superschneller Protonen erzeugen. Vermutet hatte man dies schon lange, doch das subtile, nur an einem winzigen Buckel im Spektrum erkennbare Signal dafür hat erst das Fermi-Teleskop ausgemacht.

Ebenfalls um Strahlung geht es bei einer neuen Generation von Solarzellen, die die Stromgewinnung durch Photovoltaik einfacher und billiger machen könnten. Bei diesen wird statt Silizium Perowskit eingesetzt, ein häufiges Mineral der Erdkruste. Die Vorteile dabei: Sehr reine und große Perowskit-Kristalle lassen sich gut im Labor herstellen. Außerdem reagiert das Material vor allem auf die energiereichen blauen und grünen Anteile des Sonnenlichts. Silizium spricht dagegen auf die energieärmeren Photonen im roten und infraroten Bereich an, wie es in Science heißt.

Zum Fossil des Jahres kürte Science den Schädel von Dmanissi in Georgien. Der 1,8 Millionen Jahre alte Fund zeichnet ein ganz neues Bild unserer Vorfahren, denn er deutet darauf hin, dass frühe Vertreter der Gattung Homo eine überraschend große Spannbreite individueller Variationen in Gesichts- und Schädelform aufwiesen. Im Extremfall könnte dies bedeuten, dass viele als eigene Art gedeutete Fossilien aus dieser Zeit in Wirklichkeit zu nur einer einzigen Art gehörten. Das wirbellose Tier des Jahres ist die Käferzikade Issus coleoptratus, bei der Forscher einen raffinierten Zahnrad-Mechanismus aus Chitin entdeckten – einen Beweis für den Erfindungsreichtum der Natur.

Voyager, der Tscheljabinsk-Meteorit und die Flops des Jahres

Der Ausbruch des Jahres ist der NASA-Raumsonde Voyager gelungen: Sie hat nun endgültig unser Sonnensystem und die schützende Blase des solaren Magnetfelds verlassen und fliegt nun durch interstellaren Raum – als erstes menschengemachtes Raumfahrzeug überhaupt. Zum Einschlag des Jahres wählte Science den Tscheljabinsk-Meteoriten, der im Februar 2013 über Russland explodierte. Die Druckwelle ließ Fensterscheiben zerspringen und tausende Trümmerstücke gingen über dem bewohnten Gebiet nieder. Dieses Ereignis sei für die Asteroidenforschung eine einzigartige Gelegenheit, aber auch ein Weckruf. Denn der Treffer zeigte, wie gefährlich selbst ein verhältnismäßig kleiner Meteorit sein kann und wie wichtig es ist, solche Bedrohungen rechtzeitig zu erkennen.

Und auch Flops des Jahres gab es: Als solchen listen die Science-Editoren den US-Regierungs-Shutdown im Oktober 2013. Durch die Sperre staatlicher Gelder mussten Forschungseinrichtungen zeitweilig schließen, Projekte fielen aus und die antarktische Forschungssaison begann verspätet und ausgedünnt. Ebenfalls Negativschlagzeilen machte ein Coup des Science-Journalisten John Bohannon. Er hatte unter Pseudonym eine gefälschte Studie bei 304 Open-Access-Fachmagazinen eingereicht. Mehr als die Hälfte akzeptierte das Paper, ohne den Schwindel zu bemerken. Das löste eine Diskussion über wissenschaftliche Fälschungen und die Schwächen in der Praxis der Peer-Review aus, wie Science berichtet.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Quelle:

© wissenschaft.de – Nadja Podbregar
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