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Schlechte Aussichten für Austern

Erde|Umwelt

Schlechte Aussichten für Austern
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Pazifische Austern (thinkstock)
Die Versauerung der Meere macht Austern anfälliger für einen ihrer größten Feinde: eine Muscheln fressende Meeresschnecke. Denn weil die Austern in saurem Wasser kleiner bleiben, frisst die Schnecke um so mehr von ihnen, wie jetzt ein Experiment von US-Forschern zeigt. Im Extremfall vertilgt die auch als Austernbohrer bekannte Schnecke fast 50 Prozent mehr dieser wirtschaftlich wichtigen Muschelart. Für viele Austernbänke wäre diese Zukunftsaussicht fatal.

Die Stachelschnecke Urosalpinx cinerea ist ein erfolgreicher Bioinvasor: Ursprünglich nur an der Atlantikküste Neuenglands verbreitet, wurde sie inzwischen fast überall dorthin eingeschleppt, wo in größerem Maße Austern gezüchtet werden. Selbst in der Nordsee und an der Pazifikküste der USA ist sie inzwischen heimisch. Dort sucht sie sich ihre Beute in der Gezeitenzone, neben Seepocken vor allem verschiedenste Muscheln. Hat sie ein Opfer gefunden, durchbohrt sie dessen Schale ihrer scharfen Raspelzunge und einem zersetzenden Sekret und frisst die Muschel auf. Die Muschel hat diesem Angriff nichts entgegenzusetzen, entsprechend gefürchtet ist die Schnecke bei Austernzüchtern.

Erhöhte Fresslust

„Austern haben wichtige ökologische Funktionen in den flachen Küstenmeeren, aber in vielen Regionen der Welt gehen ihre Bestände zurück“, erklären Eric Sanford von der University of California in Davis und seine Kollegen. Neben Übernutzung, Meeresverschmutzung und Sauerstoffarmut spielen dafür auch eingeschleppte Fressfeine wie die Stachelschnecken eine Rolle. Die Forscher haben nun untersucht, welche Rolle die zunehmende Versauerung der Meere für die Beziehung zwischen den Austern und den bioinvasiven Stachelschnecken spielt. Dafür sammelten sie junge Austern und Schnecken und zogen sie im Labor unter zwei unterschiedlichen Bedingungen groß. Jeweils eine Gruppe beider Tierarten wurde in Meerwasser mit dem heutigem pH-Wert von 8,09 gehalten, die andere in Wasser, in dem doppelt so viel CO2 gelöst war und dessen pH-Wert dadurch bei 7,8 lag.

Für die Fraßtests wurden jeweils vier junge Urosalpinx-Schnecken in Behälter gegeben, in denen sich entweder zwei Platten mit normal gehaltenen Austern, zwei Platten mit in saurem Wasser gehaltenen oder von jeder Sorte eine Platte befanden. Das Ergebnis war eindeutig: Die Schnecken bevorzugten die Austern aus dem sauren Meerwasser. Hatten sie die direkte Wahl, bohrten sie im Durchschnitt 48 Prozent mehr von diesen an als von den in weniger saurem Wasser gereiften Artgenossen. „Die Austern wurden deutlich schneller angebohrt und konsumiert“, berichten die Forscher. Offenbar animierten die im sauren Wasser gewachsenen Muscheln die Fresslust ihrer Feinde geradezu.

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Kleiner und deshalb anfälliger

Eine mögliche Erklärung dafür wäre, dass die Muscheln aus dem sauren Wasser eine dünnere und damit leichter zu durchbohrende Schale besaßen. Denn die Ozeanversauerung erschwert es vielen Organismen, sich den Rohstoff für ihre Kalkschalen aus dem Wasser zu holen. Doch Messungen zeigten, dass die Austernschalen keineswegs unverhältnismäßig ausgedünnt waren. Dafür aber zeigte sich etwas anderes: Die Muscheln im CO2-haltigeren Wasser waren insgesamt etwas kleiner geblieben. „Mit den erhöhten Kosten der Kalzifizierung konfrontiert, scheinen einige Arte ihre Energie darauf zu konzentrieren, ihre Schalendicke trotzdem beizubehalten – auf Kosten ihres Gesamtwachstums“, erklären Sanford und seine Kollegen.

Für die Schnecken aber bedeutet dies offensichtlich: Friss schneller und mehr, damit du auf deine Kosten kommst. Denn bei kleineren Austern kommen die Räuber zwar etwas schneller an das saftige Muschelfleisch heran, jede einzelne Auster liefert ihnen aber weniger Nahrung, wie die Forscher erklären. Eine zunehmende Versauerung der Meere könnte die Bestände von Austern daher noch stärker gefährden als ohnehin schon. Und auch anderen Meerestieren könnte es ähnlich gehen: „Ein verringertes Wachstum ist eine sehr häufige Reaktion auf Umweltstress“, warnen Sanford und seine Kollegen. Eingeschleppte räuberische Arten sind dagegen meist toleranter gegenüber wärmeren und saureren Bedingungen. Sie profitieren daher von der kleineren, anfälligeren Beute in ihrer neuen Heimat.

 

 

 

 

Quelle:

© wissenschaft.de – Nadja Podbregar
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