Jede Kalorie, die wir zu uns nehmen, hat ursprünglich einmal eine Pflanze dem Sonnenlicht durch Fotosynthese abgerungen. Sie erzeugen mit dieser Methode energiereiche Stoffe wie Zucker oder Öle, bauen den Kohlenstoff aber auch in Form von Zellulose in Pflanzenfasern ein. In diesem widerstandsfähigen Strukturmaterial ist der Energieträger vergleichsweise fest gebunden und lässt sich nur schwer wieder mobilisieren. Bisher waren aufwendige und teure Substanz-Cocktails oder extreme Bedingungen nötig, um aus diesem Pflanzenmaterial Zucker zu gewinnen, der als Grundlage für die Produktion von Ethanol oder anderen Bio-Treibstoffen dienen kann. Jeremy Luterbacher von der University of Wisconsin-Madison und seine Kollegen berichten nun allerdings von einem neuen Verfahren, das Zellulose offenbar besser knacken kann als alle bisherigen.
Der Schlüsselfaktor dabei ist eine Substanz namens Gamma-Valerolacton (GVL). Es handelt sich um einen Wirkstoff, der sich wiederum selbst aus Pflanzengewebe gewinnen lässt – also erneuerbar ist. Er kann Zellulose aus Pflanzenmaterial von Ernterückständen oder sogar aus Holz zu Zucker abbauen. Die Forscher haben nun ein GVL-basiertes Verfahren entwickelt, bei dem dieser Prozess mit vergleichsweise wenig Aufwand abläuft. Am Ende entsteht dabei eine Lösung aus GVL, Wasser und gelöstem Zucker. Durch Zugabe von Kohlendioxid lässt sich diese Mischung trennen – ähnlich wie bei Essig und Öl, erklären die Forscher: Das GVL sammelt sich oben ab und kann wiederverwertet werden. Die untere Fraktion bildet hingegen eine wässrige Zuckerlösung, die zur Produktion von Biosprit dienen kann.
Hefe mag die Zuckerlösung!
Luterbacher und seine Kollegen zeigen in einem Experiment, dass diese Lösung als Grundlage zur Fermentation des Zuckers zu Ethanol durch Hefe dienen kann. Offenbar bleiben keine Rückstande des GVL zurück, welche die mikrobielle Umwandlung beeinträchtigen: „Dadurch dass wir die Mikroben mit der Zuckerlösung erfolgreich füttern konnten, haben wir gezeigt, dass keine komischen chemischen Nebenprodukte entstehen und genug GVL entfernt wird, um die Lösung für die Hefe ungiftig zu machen”, sagt Luterbacher.
Eine erste ökonomische Einschätzung des Verfahrens hat den Forschern zufolge ergeben, dass es gegenüber bisherigen Verfahren etwa zehn Prozent Kosten einsparen könnte. Ob sich das auch tatsächlich verwirklichen lässt, sollen nun weitere Test zeigen: Fermenter sollen größere Mengen Zuckerlösung mit der Methode erzeugen und auch die Umsetzung dieses Grundstoffes in Kraftstoffe oder andere wertvolle Produkte soll erneut überprüft werden.