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Fass, Schweinehund!

Allgemein

Fass, Schweinehund!

olumna, ae, f. die Säule. Hoch oben, im hellen Glanz der Sonne, sitzt er auf dem prächtigen korinthischen Kapitell, der Säulenheilige. Der Kolumnist. Drunten wogt das gemeine Volk hin und her, blickt empor und staunt „Schau an, da meditiert er, wo andere nur rumhocken und nichts tun“. Um das imposante Säulenpostament aber kreist rastlos im Dienst des Denkers sein innerer Schweinehund. Denn die Sau rauslassen, das ist des Kolumnisten Berufung, sein innerstes Anliegen. Ab und an rennt das Tier zum benachbarten Elfenbeinturm, reibt den borstigen Hintern am fragil-filigranen Bauwerk und hebt das Bein.

Das Volk, das dessen gewahr wird, applaudiert und lässt ein Shitstürmchen fahren. Dessen Dünste dringen zwar niemals in die Sphären des Kolumnisten hinauf, reizen aber auf das Penetranteste die Nase des Gelehrten, der in seinem Elfenbeinturm über den Sinn des Seins, den Ursprung des Universums und den nächstmöglichen Zugang zu Forschungsförderungsmitteln nachgrübelt. Denn die Wissenschaft ist eine brotlose Kunst, wenn Sponsoren und Steuerzahler knausern, und von minderem Ansehen beim einfachen Volke, das sich Gott weiß was auf seine Schwarm-Intelligenz einbildet, aber Astronomie nicht von Astrologie zu unterscheiden vermag. Noch gemeiner als das gemeine Volk dünkt den Gelehrten freilich der Plagiatejäger, der dem Lurche gleich unter seinem moosgrünen Stein lauert und nur darauf wartet, die Reputation seiner nichtsahnenden Opfer zu massakrieren.

Dem Kolumnisten bringen seine Elaborate Ruhm, Ehre und dringend benötigtes Salär ein, der Wissenschaft halten sie einen Spiegel vor – den die eigentlich noch nie vermisst hat – und der Leser findet endlich regelmäßig einen Schandfleck vor, über den er sich so richtig ärgern kann.

Berührungsängste müssen Sie keine plagen, werte Leser: Fundierte Kenntnisse des Lateinischen, Altgriechischen sowie etwas Sanskrit sind zum Verständnis dieser Rubrik nicht zwingend erforderlich, schaden aber auch nicht. Hilfreich ist indes eine gediegene Halbbildung.

Der Säulenheilige also wird Ihnen ab der nächsten Ausgabe seine Geschichte erzählen, oder wie es heutzutage heißt, ein „ Narrativ“ ausbreiten. Der prätentiöse Terminus kommt übrigens nicht von (bayr.) narrisch, wie man meinen möchte, sondern von (lat.) narratio, onis (f.) die Erzählung. Er ist seit einiger Zeit unabdingbarer Bestandteil jedes veröffentlichten Textes oder Beitrags, der sich bedeutsam wähnt oder auch nur wichtig tun will. So auch in diesem Falle.

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NEU! Dies ist eine Kolumne, die Sie, liebe Leser, von nun an regelmäßig ergötzen soll. Sie ist umweltfreundlich, gut verdaulich und lehrreich.

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Wissenschaftsjournalist Tim Schröder im Gespräch mit Forscherinnen und Forschern zu Fragen, die uns bewegen:

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Spin|ner  〈m. 3〉 1 Facharbeiter in einer Spinnerei 2 〈Zool.〉 2.1 〈i. e. S.〉 Angehöriger verschiedener Familien der Großschmetterlinge, deren Raupen sich vor der Verpuppung einen Kokon spinnen … mehr

En|tro|pi|um  〈n.; –s, –pi|en; Med.〉 krankhafte Einwärtsdrehung des freien Lidrandes; Ggs Ektropium … mehr

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