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Warum die „Bösen“ nützlich sind

Erde|Umwelt

Warum die „Bösen“ nützlich sind
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Baumsämlinge im Regenwald (O. Lewis)
Pflanzenfressende Insekten und krankmachende Pilze gelten gemeinhin nicht gerade als die Guten, wenn Pflanzen erfolgreich gedeihen sollen. Doch diese vermeintlichen Schädlinge sind wichtiger als gedacht: Erst ihnen verdankt beispielsweise der tropische Regenwald seine Artenvielfalt, wie das Experiment eines internationalen Forscherteams jetzt demonstriert. Denn fehlen Schadpilze und Insekten völlig, dann wuchern einige wenige Pflanzenarten alles zu und viele andere werden verdrängt. Erst das Regulativ der Schädlinge sorgt offenbar dafür, dass die vielfältige Mischung erhalten bleibt.

Der tropische Regenwald gehört zu den artenreichsten Lebensräumen der Erde. Nirgendwo sonst gedeihen auf engem Raum so viele verschiedene Pflanzenarten. Aber warum? „Die Mechanismen zu verstehen, die Arten in natürlichen Ökosystemen miteinander koexistieren lassen, ist eine der größten Fragen der Ökologie“, erklären Robert Bagchi von der University of Oxford und seine Kollegen. Der gängigsten Theorie nach spielt dafür der Einfluss von natürlichen Feinden eine wichtige Rolle. Denn Parasiten, Krankheitserreger und auch Fraßfeinde breiten sich am schnellsten aus, wenn viele Pflanzen ihrer Wirtsart dicht beieinander stehen – ihr Tisch ist dann besonders reich gedeckt. Dieser Befall sorgt dann dafür, dass diese Pflanzenart stärker ausgedünnt wird und so mehr Platz und Ressourcen für konkurrierende, gegen diese Feinde weniger anfällige Arten bereitstehen.

Blick in die Kinderstube der Baumsämlinge

„Diese sogenannte Janzen–Connell-Hypothese gilt als wahrscheinlichste Erklärung für hohe Artenvielfalt, empirische Belege dafür gibt es allerdings bisher kaum“, so die Forscher. Deshalb wollten sie diese Hypothese nun in einem Experiment überprüfen. Dafür verglichen sie die Artenzahl und –dichte von Baumsamen und Sämlingen in 36 verschiedenen Versuchsflächen im Regenwald von Belize. Ein Teil der Flächen wurde nur regelmäßig mit Wasser gegossen, andere erhielten entweder ein Insektizid mit dem Gießwasser oder aber eines von zwei Fungiziden. Die Wissenschaftler untersuchten, wie sich die Sämlinge unter diesen verschiedenen Behandlungen entwickelten und ob und wie sich die Artenvielfalt auf den Flächen im Laufe von 17 Monaten veränderte.

Das Ergebnis war selbst für die Forscher überraschend: „Wir haben schon erwartet, dass sowohl das Insektizid als auch die Fungizide einen Effekt auf die Baumarten haben würde“, erklärt Robert Freckleton von der Sheffield University, einer der beiden Studienleiter. Doch dieser Effekt war weitaus deutlicher als angenommen. Wurde die normale Pilzfauna durch ein Spritzmittel abgetötet, sank auch die Artenzahlt der Baumsämlinge auf den Flächen um rund 16 Prozent. Die Bekämpfung der Insekten wiederum senkte zwar nicht die Vielfalt der Baumarten, veränderte aber die Artenzusammensetzung.

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„Unsere Ergebnisse bestätigen, dass sowohl pflanzenfressende Insekten als auch Schadpilze dazu beitragen, tropische Pflanzengemeinschaften zu strukturieren und ihre Artenvielfalt zu erhalten“, konstatieren Bagchi und seine Kollegen. Denn diese vermeintlichen Schädlinge verhindern, dass eine Art dominant wird und andere verdrängt – wie es auch die Janzen–Connell-Hypothese postuliert. Das könnte nach Ansicht der Forscher auch erklären, warum gerade in den tropischen Regenwäldern die Artenvielfalt besonders hoch ist: Weil es dort warm und feucht ist, gedeihen Pilze besonders gut und können ihre regulierende Wirkung daher voll entfalten.

 

 

 

 

Quelle:

© wissenschaft.de – Nadja Podbregar
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