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Krumme Kristalle

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Krumme Kristalle
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Auf einem Wassertropfen gewachsener Kristall: Er bildet fadenähnliche Verbindungen aus (Guangnan Meng und Vinothan N. Manoharan / Harvard University)
Verzweigte Nadeln, filigrane Verästelungen, perfekte Würfel: Je nach Ausgangsmaterial nehmen Kristalle die unterschiedlichsten geometrischen Formen an. Doch auch die Fläche, auf der sie sprießen, beeinflusst ihre Struktur. Forscher der Harvard University haben nun erstmals beobachtet, wie Kristalle auf einer stark gekrümmten Oberfläche wachsen – indem sie sie in einem Wassertropfen züchteten. Ihre Erkenntnisse könnten unter anderem Aufschluss darüber liefern, wie sich die Hüllen von Viren bilden.

„Die Form eines Kristalls ist ein Relikt seines Wachstumsprozesses.“  Dieser Satz klingt geradezu  philosophisch.  Er stammt jedoch nicht von einer sinnstiftenden Postkarte, sondern aus einer wissenschaftlichen Veröffentlichung. Guangnan Meng von der Harvard University und seine Kollegen beschreiben in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift „Science“ das Wachstum von Kristallen im Ausnahmezustand: nämlich auf einer gekrümmten Oberfläche.

Unter idealen Bedingungen rücken die einzelnen Bausteine eines Kristalls möglichst kompakt zusammen, um die Grenzfläche zur Umgebung – und damit die Energie – zu minimieren. Dauert die Reise der Partikel zum energetisch günstigsten Pöstchen zu lange – treten also kinetische Instabilitäten auf – bilden sich auch mal fein verästelte Gebilde, beispielsweise Schneeflocken. Doch wie verhalten sich Kristalle eigentlich auf Oberflächen, die so gar nicht zum bevorzugten Packungsmuster passen?

Meng und seine Kollegen gingen dieser Frage nach, indem sie Kristalle in von Öl umhüllten Wassertropfen züchteten. Bereits nach kurzer Zeit wanderten die einen Mikrometer großen Partikel aus dem Inneren zur Wand des Wassertropfens. Dort dockten sie nach und nach aneinander an und bildeten zweidimensionale Kristalle, die dem Tropfen das Aussehen eines Globus verliehen: Feste Flächen wechselten sich mit freien Stellen ab. 

Wachsen, bis die Spannung zu groß wird

Topologische Defekte – Fehlstellen im Kristallgitter – wiesen die so gezüchteten Kristalle nicht auf. Jeder Partikel hatte stets die korrekte Zahl von Nachbarn – es sei denn, eine Stelle zum Andocken blieb vollständig unbesetzt. Allerdings bildeten sich unter diesen ungewöhnlichen Bedingungen keine symmetrischen Formen, sondern scheinbar willkürlich verzweigte Bänder.

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Berechnungen zeigen: Der starre Kristall wächst solange isotrop (in alle Richtungen), bis aufgrund der gekrümmten Oberfläche die Spannung zu groß wird.  Nun könnte er topologische Defekte einbauen, sprich: Manche Partikel hätten nicht sechs, sondern fünf oder sieben Nachbarn. Doch das kostet zu viel Energie. Also sprießt das Gebilde ab jetzt nur noch in bestimmte Richtungen. „Wir haben festgestellt, dass der Kristall zuerst isotrop wächst, bis er eine kritische Größe erreicht“, schreiben die Forscher. „Danach wächst er anisotrop, wird also länger und behält eine viel geringere, konstante Breite bei.“ Gelegentlich ändert er die Richtung oder bildet neue Verzweigungen aus. So entsteht seine spezielle Form.

Die Erkenntnisse der Forscher sind beispielweise für die Nanotechnologie interessant, wo sich winzige Partikel selbstständig anordnen. Auch die Proteinhüllen von Viren, Kapside genannt, bilden sich möglicherweise nach diesem Schema.

Quelle:

© wissenschaft.de – Nora Schlüter
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