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Kurios: Balzen im Betondschungel

Erde|Umwelt

Kurios: Balzen im Betondschungel
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Normalerweise suchen sich Baumfrösche gern erhöhte Standorte zum Quaken (thinkstock)
Froschmännchen tun alles, um den Weibchen aufzufallen. Am wichtigsten dabei: ein möglichst lautes Quaken. Denn dies lockt die potenzielle Partnerin an und zeugt zudem von Größe und Erfolg. In Taiwan haben sich Frösche dazu einen besonders raffinierten Trick einfallen lassen, um die Weibchen zu beeindrucken: Sie rufen bevorzugt aus dem Inneren von Entwässerungskanälen und verstärken so die Lautstärke und Reichweite ihres Quakens. Dieser froschige Megaphon-Effekt ist das bisher erste Beispiel für ein Tier, das menschengemachte Strukturen zur Verbesserung seiner akustischen Kommunikation nutzt, berichten taiwanesische Forscher.

Das Quaken eines Frosches hat gleich mehrere Aufgaben: Es zeigt, welcher Art er angehört, lockt Weibchen herbei und signalisiert Rivalen, dass sein Territorium besetzt ist. Für alle diese Funktionen gilt: Je lauter und klarer diese akustischen Signale ankommen, desto besser funktioniert die Kommunikation. Viele Froscharten haben daher ein besonders lautes Organ entwickelt, andere greifen zu raffinierten Hilfsmitteln: Der Borneo-Baumfrosch beispielsweise nutzt die Resonanzeffekte von Baumlöchern, um seine Rufe zu verstärken, andren Frösche konstruieren spezielle Nester mit verstärkenden Eigenschaften, wie Wen-Hao Tan von der Taiwanesischen Nationaluniversität in Taipeh und seine Kollegen berichten. Neben diesen natürlichen Verstärkern ist die Umwelt vieler Froscharten aber auch mehr und mehr von menschlichen Bauten und Strukturen geprägt. Teilweise haben Frösche dort bereits eine neue Heimat gefunden.

Ein Beispiel für eine bei Fröschen beliebte menschengemachte Struktur sind die entlang taiwanesischer Straßen häufigen Abflussgräben. Am Grund dieser aus einem oben offenen Betonrohr bestehenden Kanäle sammelt sich oft Schlamm und Pflanzenstreu. „Viele Froscharten und wirbellose Tiere leben inzwischen in diesen Abflussröhren und pflanzen sich dort auch fort“, erklären Tan und seine Kollegen. Einer von ihnen ist der in Taiwan häufige Mientien-Baumfrosch (Kurixalus idiootocus). Zwischen März und Juni sammeln sich die Männchen dieser Froschart und stoßen ihre vogelartig trillernden Balzrufe aus. Normalerweise bevorzugen die dabei als Ansitz niedrige Äste oder andere kleine Erhebungen, doch die in den Abflusskanälen lebenden Exemplare scheinen ihr Verhalten in dieser Hinsicht geändert zu haben: Sie rufen vom Grund ihrer Kanäle aus, wie die Forscher berichten. In verschiedenen Experimenten haben sie nun untersucht, wie dies die Klangeigenschaften der Froschrufe beeinflusst – und ob die Baumfrösche vielleicht sogar von den menschengemachten Röhren profitieren.

Lauter und länger dank Abflusskanal

Für ihre Studie zeichneten die Forscher zunächst das Quaken von 15 Mientien-Baumfröschen auf, die von einem erhöhten Ast aus riefen. Weitere 15 Rufe nahmen sie von Fröschen auf, die dabei in Abflusskanälen saßen. Anschließend analysierten die Wissenschaftler die akustischen Eigenschaften aller Rufe in Bezug auf Lautstärke, Dauer, Tonhöhen und Reichweite. Dabei stießen sie auf deutliche Unterschiede: Die aus den Drainagerohren kommenden Rufe waren sowohl durchgängig als auch in den jeweiligen Lautstärkespitzen lauter, wie Tan und seine Kollegen berichten. Außerdem dauerten die Rufe länger als die der auf Ästen sitzenden Artgenossen – sie waren durch einen Halleffekt leicht gedehnt. Offensichtlich verändert die Akustik der Abwasserkanäle die Merkmale der Froschrufe – zum Vorteil der männlichen Rufer. Denn vorherige Studien belegten bereits, die Froschweibchen laute Rufe mit längere Dauer bevorzugen.

„Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass diese Frösche die akustischen Effekte der Abwasserkanäle aktiv ausnutzen“, konstatieren die Forscher. Möglicherweise hören die Baumfrösche selbst, dass ihre Rufe dort lauter klingen, vielleicht haben sie aber auch bemerkt, dass die Rufe von Konkurrenten in den Kanälen beeindruckender erscheinen. In jedem Fall sei das erste belegte Beispiel dafür, dass Tiere gezielt anthropogene Strukturen einsetzen, um ihre akustische Kommunikation zu optimieren. Ob die Baumfrösche in den Rohren allerdings auch tatsächlich mehr Weibchen anlocken und dadurch einen größeren Fortpflanzungserfolg haben, haben die Forscher noch nicht untersucht.

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Quelle:

© wissenschaft.de – Nadja Podbregar
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