Flugsaurier waren die ersten Wirbeltiere, die den Luftraum eroberten. Mit Flügelspannweiten von bis zu zwölf Metern, leichten Knochen und tragflächenartigen, dünnen Flughäuten waren sie perfekt ans Fliegen angepasst. Doch gerade wegen ihrer eher dünnen Knochen sind Fossilien dieser Urzeitechsen selten. Von den bisher bekannten Arten haben Paläontologen jeweils immer nur ein bis zwei Exemplare entdeckt. Deshalb war bisher nicht einmal klar, ob sich beispielsweise beide Geschlechter äußerlich unterschieden oder wie die Flugsaurier ihre Jungen aufzogen. Relikte von Jungtieren oder Eiern sind extrem rar: „Bisher waren nur vier einzelne, plattgedrückte Eier von Flugsauriern bekannt“, berichten Xiaolin Wang von der chinesischen Akademie der Wissenschaften in Peking und seine Kollegen. Sie waren aber so schlecht erhalten, dass Details ihres Aufbaus kaum zu erkennen waren. Und auch darüber, wie die Flugsaurier diese Eier ablegten und wo, verrieten diese Einzelfunde nichts.
Schatzgrube im Kreidezeit-Sediment
Das könnte nun ein Fund in der Xinjiang-Provinz im Nordwesten Chinas ändern. Denn im Sedimentgestein des Turpan-Hami-Becken stießen die Paläontologen auf einen wahren Schatz: hunderte, wahrscheinlich sogar tausende von fossilen Skeletten einer zuvor unbekannten Flugsaurierart aus der Kreidezeit. Eng beieinander liegen dort die gut erhaltenen Überreste von Männchen und Weibchen, Jungtieren und sogar Eiern der neuen Art Hamipterus tianshanensis. „Das war absolut aufregend, sie alle an einer Stelle zusammen zu finden“, sagt Wang. Aus den Skeletten geht hervor, dass die Flugsaurier-Männchen etwas größer waren und einen ausgeprägteren Kopfkamm besaßen. Bei den Weibchen begann der Kopfkamm weiter hinten und war kleiner. Dies ist vor allem deshalb spannend, weil bei heutigen Reptilien oft die Weibchen größer sind – und weil es zu den Geschlechtsunterschieden bei Flugsauriern kaum Erkenntnisse gab.
Die fünf bisher ausgegrabenen Eier sind nicht nur größtenteils vollständig erhalten, sie sind auch nicht plattgedrückt, so dass erstmals die ursprüngliche, dreidimensionale Form solcher Flugsaurier-Eier sichtbar wird. Die Eier sind etwa 6 Zentimeter lang und 3,4 Zentimeter breit und leicht asymmetrisch oval. Statt einer festen Kalkschale besitzen sie nur eine hauchdünne, biegsame Kalkhülle, die außen auf einer dickeren festen Haut aufliegt. Damit ähneln sie den Eiern heutiger Schlangen und Eidechsen, wie die Forscher erklären. Aus der Lage und den etwas unterschiedlichen Größen der Eier schließen die Paläontologen, dass sie nicht ein Gelege bilden, sondern von verschiedenen Weibchen stammen müssen. Wahrscheinlich vergruben die Flugsaurier ihre Eier im feuchten Sand des Seeufers, um sie vor dem Austrocken zu schützen – ähnlich wie heute noch viele Seeschildkröten. Sie überließen die Nester aber offensichtlich nicht sich selbst, sondern bildeten eine große Kolonie am Strand.
„Unsere Funde belegen, dass diese Flugsaurier ein geselliges Verhalten an den Tag legten“, konstatieren die Paläontologen. Die Urzeit-Echsen starben offenbar genauso gemeinsam, wie sie einst lebten: Wahrscheinlich löste ein schwerer Sturm vor rund 120 Millionen Jahren ihr Massensterben aus. Dieser muss damals über dieses flache sandige Ufer eines großen Sees hereingezogen sein und überraschte die Flugsaurier dort. Spuren dieses Sturms lassen sich in den aufgewühlten Sedimenten aus jener Zeit erkennen – und in den hunderten Skeletten der damals gestorbenen Tiere. Von den Überresten dieser Kolonie erhoffen sich die Paläontologen nun noch viele weitere Erkenntnisse zu Lebensweise und Sozialverhalten dieser urzeitlichen Riesen der Lüfte.