Aus früheren Studien ist bereits bekannt, dass Videospiele mit Gewalt-Charakter bei Heranwachsenden aggressives Verhalten fördern können. Doch bisher wurden Effekte, die über den Aspekt der Gewalt hinausgehen, kaum untersucht, sagen die Forscher um Jay Hull vom Dartmouth College in Hanover, New Hampshire. Frühere Untersuchungen dieser Forschergruppe hatten bereits auf einen Zusammenhang zwischen dem fragwürdigen Zeitvertreib und Raserei am Steuer hingewiesen. In ihrer aktuellen Studie sind sie nun erneut der Frage nachgegangen, inwieweit sich Machwerke, die eigentlich der Altersfreigabe ab 18 unterliegen, auf das Risiko-Verhalten von jugendliche Spielern auswirken. Denn neben Gewalt wird in den Szenarien dieser Spiele meist auch riskantes Verhalten verherrlicht.
Die aktuellen Ergebnisse von Jay Hull und seinen Kollegen basieren auf der Auswertung von Datenerhebungen und Telefoninterviews von 5000 zufällig ausgewählten US-amerikanischen Jugendlichen. Sie beantworteten über einen Zeitraum von fünf Jahren hinweg in regelmäßigen Abständen eine Serie von Fragen über ihre Videospiel-Gewohnheiten, ihr Verhalten im täglichen Leben und mögliche Problematiken. Die gesammelten Daten unterzogen die Forscher dann einer statistischen Auswertung.
Wenn das Alter Ego ein mieser Typ ist…
Ergebnis: Bei den Jugendlichen, die im Untersuchungszeitraum begannen, Spiele wie „Grand Theft Auto“ oder „Manhunt“ zu spielen, zeichneten sich anschließend charakteristische Veränderungen im Verhalten ab. Die Häufigkeit von Alkohol- und Zigaretten-Konsum nahmen zu, es gab verstärkt Hinweise auf riskantes Sexualverhalten, auch von kriminellen Delikten wurde verstärkt berichtet – insgesamt waren mehr riskante Verhaltensweise zu verzeichnen. Diese Ergebnisse waren bei Mädchen und Jungen ähnlich, berichten die Forscher und ihnen zufolge wurde auch ein Dosis-Effekt deutlich: Bei denjenigen Studienteilnehmern, die am intensivsten spielten, zeichneten sich auch die stärksten Effekte ab. Ähnliches galt offenbar auch für die Art des Spiels. Je mieser der Charakter des Protagonisten, desto größer der negative Effekt auf die Spieler.
Das Alter Ego in der virtuellen Welt scheint das Selbstbild von Spielern zu beeinflussen – das spiegelt sich dann in ihrem Verhalten in der realen Welt wider, sagen die Forscher. Jay Hull unterlegt diese Aussage mit einem passenden Zitat des Schriftstellers Kurt Vonnegut aus dem Roman „Mutter Nacht“ von 1988: „Wir sind, was wir vorgeben zu sein. Also sollten wir vorsichtig damit sein, was wir vorgeben zu sein.“