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Interstellarer Fang

Astronomie|Physik

Interstellarer Fang
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Röntgendiffraktions-Muster des interstellaren Staubkorns "Orion" (Foto: Zack Gainsforth)
Staub ist überall: Auf der Erde, im Orbit und selbst in den weiten Räumen zwischen fernen Sternen. Woraus dieser interstellare Staub besteht, war bisher allerdings weitgehend unklar. Dank der NASA-Mission Stardust haben nun Forscher erstmals sieben winzige Körnchen solchen Staubs geborgen und analysieren können. Diese interstellare Fracht hatte die Sonde auf ihrem Flug zum Kometen Wild-2 eingefangen. Die Untersuchungen der sieben Körnchen ergaben Überraschendes: Offenbar ist der Staub zwischen den Sternen in Größe, Zusammensetzung und Struktur deutlich vielfältiger als bisher angenommen.

Als die NASA-Mission Stardust im Jahr 1999 startete, hatte sie ein ehrgeiziges Ziel: Sie sollte erstmals Proben aus dem Staubschweif eines Kometen, aber auch von interstellarem Staub sammeln, der durch das Sonnensystem strömt. Eigens zu diesem Zweck besaß die Sonde ein drehbares, tennisschlägergroßes Fangpaddel. Dieses bestand aus einem Gitter aus Aluminiumstreben, in dem auf Vorder- und Rückseite jeweils 132 Waben aus einem speziellen Aerogel saßen. Auf dem Weg zum Kometen Wild-2 sammelte die Sonde zunächst 195 Tage lang Staub aus dem freien All ein – in der Hoffnung, dass auch interstellare Partikel darunter sein könnten. Dann drehte Stardust sein Paddel um und fing mit der Rückseite Staub aus dem Schweif von Wild-2 ein. Um die Fangpaddel samt Proben zurückzubringen, flog die Sonde 2006 nahe an der Erde vorbei und warf die mit einem Fallschirm ausgestatteten Paddel ab.

Für die Forscher des Stardust-Projekts begann nun die schwierigste Arbeit: die Spuren und Partikel in dem Aerogel aufzuspüren. Mikrometer für Mikrometer müssen dafür die Fangpaddel abgesucht werden. Um diese Aufgabe zu bewältigen, baten die Wissenschaftler die Öffentlichkeit um Hilfe: Im Projekt stardust@home halfen Freiwillige, die mehr als 1,5 Millionen Fotos des Aerogels nach Staubspuren abzusuchen. Nach Durchsicht von 77 der 132 Waben wurden so drei Partikel entdeckt, die sich nach ersten Analysen als höchstwahrscheinlich interstellaren Ursprungs erwiesen. Mehrere Forschergruppen suchten zudem die mit Aluminium ummantelten Streben des Paddels nach Einschlagsspuren von Staub ab. „Weil die Staubkrater weniger als einen tausendstel Millimeter klein sind, haben wir die Folie Stück für Stück mit einem Elektronenmikroskop angeschaut“, berichtet Jan Leitner vom Max-Planck-Institut für Chemie in Mainz. Doch die Mühe lohnte sich: Auch im Aluminium entdeckten die Forscher vier weitere interstellare Staubreste.

Anders als gedacht

Die sieben Minikörnchen wiegen zusammen nur wenige Pikogramm – doch ihr Wert für die Forschung ist nicht in Gold aufzuwiegen: „Dies sind enorm wertvolle Teilchen“, konstatiert Hauptautor Andrew Westphal von der University of California in Berkeley. Denn zum ersten Mal können Astronomen nun im Labor die Zusammensetzung, Struktur und Größe solcher interstellarer Staubteilchen direkt untersuchen. Und prompt gab es einige Überraschungen: „Wir haben festgestellt, dass die Größe, die elementare Zusammensetzung und die Struktur der Partikel extrem unterschiedlich sind. Das hatten wir nicht erwartet“, sagt Peter Hoppe vom Max-Planck-Institut für Chemie. So haben die größeren Partikel eine ungewöhnlich „fluffige“, lockere Struktur ähnlich einer Schneeflocke. Zudem enthalten drei der aus dem Aluminium geborgenen Partikel Schwefelverbindungen – die nach Ansicht einiger Astronomen in interstellarem Staub nicht vorkommen dürften.

Überraschend auch: Zwei der größeren Körnchen – „Orion“ und „Hylabrook“ getauft – besitzen eine kristalline Struktur. Doch nach gängiger Theorie müsste ein Großteil der ursprünglich kristallinen interstellaren Staubkörner durch energiereiche kosmische Strahlung und Schockwellen in amorphe Trümmer umgewandelt werden. „Die Tatsache, dass die beiden größten Partikel aus kristallinem Olivin bestehen, könnte darauf hindeuten, dass sie aus der Staubscheibe um einen fernen Stern kommen“, sagt Westphal. Beide Körnchen sollen jetzt noch weiteren Tests unterzogen werden, darunter Analysen ihrer Sauerstoff-Isotope, die ihren interstellaren Ursprung noch weiter erhärten könnten. Denn es spricht zwar sehr viel dafür, dass diese sieben Körnchen tatsächlich interstellare Gäste im Sonnensystem sind, den endgültigen Beweis müssen aber weitere Tests bringen.

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Für die freiwilligen Helfer des stardust@home-Projekts und die Wissenschaftler ist die Arbeit damit noch lange nicht erledigt: Es warten immer noch fast die Hälfte der Aerogel-Waben auf eine Auswertung. Weitere Funde sind daher nicht unwahrscheinlich. In Anerkennung ihrer wertvollen Mithilfe listet die Veröffentlichung unter den Autoren auch „30.714 Stardust@home Dusters“ auf – „Dusters“ ist dabei der Spitzname für die staubsuchenden Helfer weltweit.

Quelle:

© wissenschaft.de – Nadja Podbregar
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