Ein massiger, tonnenförmigen Körper, ein langer Schwanz und Hals mit einem verhältnismäßig kleinen Kopf – das sind die Markenzeichen der Titanosaurier. So plump und antiquiert uns diese Pflanzenfresser heute auch erscheinen mögen, sie waren ein ausgesprochenes Erfolgsmodell der Evolution: Viele verschiedene Arten mit unterschiedlichen Ausmaßen existierten über Jahrmillionen hinweg bis zum großen Massensterben vor 65,5 Millionen Jahren.
Bisher wurde oft über den Daumen gepeilt
Als der absolute Gigant unter diesen Giganten gilt Argentinosaurus. Von seiner Existenz künden allerdings nur wenige Knochen – insgesamt sind etwa 10 Prozent des gesamten Skelettes bekannt. Anhand dieser Teile schätzten Paläontologen sein Gewicht auf bis zu 73 Tonnen. Doch diese Einstufung ist nicht verlässlich, da vor allem entscheidende Knochen der Gliedmaßen fehlen, sagen Lacovara und seine Kollegen. Der größte Dinosaurier, dessen Gewicht als gesichert gilt, war bislang der Titanosaurier Elaltitan mit 47 Tonnen. Diesen Riesen stellt Dreadnoughtus nun offenbar in den Schatten.
Die Fossilien des neuen Mega-Dinos wurden in Argentinien entdeckt. Es handelt sich um die Überreste eines großen und eines etwas kleineren Exemplars. Die Forscher legten insgesamt 100 einzelne Skelettteile frei. Die gefunden Knochen repräsentieren damit ungefähr 70 Prozent des gesamten Skeletts. Darunter befinden sich auch ein Oberschenkel- und ein Oberarmknochen, die für die Einschätzung der einstigen Masse des Tieres entscheidend sind. Durch Laser-Scans konnten die Forscher an einigen Knochen sogar noch die Ansätze der Muskeln identifizieren, die den Giganten vor etwa 77 Millionen Jahren in Bewegung versetzten.
Noch nicht einmal ausgewachsen
Die Auswertungen und Berechnungen der Forscher ergaben: Das größere der beiden Exemplare war etwa 26 Meter lang und wog 65 Tonnen – und dabei hatte der Koloss bei seinem Ableben offenbar noch nicht einmal seine maximale Größe erreicht, berichten die Forscher: Sie fanden nämlich Anzeichen dafür, dass sich das Tier noch im Wachstum befand. Dennoch hat der Youngster den Rekord in der Kategorie „gesichertes Gewicht“ gebrochen. „Er ist nun bei weitem das besterhaltenste Beispiel für die größten Tiere, die jemals über die Erde stapften“, sagt Lacovara.
Dreadnoughtus muss ein wahrhaft spektakulärer Anblick gewesen sein, sagen die Forscher. Um so groß zu werden, müssen die Tiere fortwährend enorme Mengen Pflanzenmaterial vertilgt haben. Vermutlich standen sie dazu lange Zeit an einem Fleck und mampften gemütlich die Baumkronen im Einzugsbereich ihres langen Halses ab. Anschließend stapften sie mit ihren säulenartigen Beinen einfach ein Stück weiter und fraßen den nächsten Radius kahl. Ausgewachsen hatten die Kolosse wohl keine Fressfeinde zu fürchten, sagen die Forscher. Deshalb haben sie ihnen den Namen Dreadnoughtus gegeben – er bedeutet: „Fürchtet nichts“. Doch Naturkatastrophen hatten die Kolosse offenbar doch zu fürchten: Das Sedimentgestein am Fundort weist drauf hin, dass die beiden Tiere im Rahmen einer Überflutung im Boden versunken waren. „Ihr Pech war unser Glück“, so Lacovara.