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Im Flugzeug der Sonne entgegen

Erde|Umwelt Gesundheit|Medizin

Im Flugzeug der Sonne entgegen
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Erhöhte UV-Strahlung im Flugzeug? (thinkstock)
Piloten und Flugbegleiter haben ein erhöhtes Risiko, an Hautkrebs zu erkranken. Zu dem Ergebnis kommen Forscher der Universität von Kalifornien. Die Erklärung dafür soll die erhöhte UV-Strahlung während der Flüge sein. Doch es gibt auch Gegenmeinungen. Demnach sind nicht die Flüge schuld, sondern vielmehr die Flugpausen der Crew an sonnigen Orten.

Der Gedanke ist naheliegend: Piloten und Flugbegleiter verbringen viel Zeit in großer Höhe. Die UV-Strahlung ist dort stärker. Außerdem ist sie ein bekannter Risikofaktor für Hautkrebs. Fertig ist die Schreckensnachricht: Viel Zeit im Flugzeug erhöht das Hautkrebsrisiko. Fragt man Ralf Meerkötter vom Institut für Physik der Atmosphäre des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt, ist die Sache jedoch nicht so einfach.

UV-Strahlung von der Sonne kommt auf der Erde nicht ungebremst an. Ein Großteil der UV-B Strahlung wird von der Ozonschicht abgefangen, die sich in der Erdatmosphäre befindet. Denkt man sich eine Säule vom Erdboden aus senkrecht nach oben, so befinden sich 90 Prozent des Ozons in Höhen oberhalb von 10 Kilometer. Die Flughöhe von Passagierflugzeugen beträgt meistens zwischen etwa 9 und 12 Kilometern. In Flughöhe von Passagierflugzeugen schützt also noch ein Großteil des atmosphärischen Ozons vor der UV-B Strahlung, was allerdings nicht für die UV-A Strahlung gilt. Doch es kommt ein anderer Faktor hinzu: UV-Strahlung wird von Luftmolekülen aufgehalten. Je kurzwelliger solare Strahlung ist, desto stärker wird sie von Luftmolekülen in alle Richtungen gestreut. UV-Strahlung hat eine geringere Wellenlänge als sichtbares Licht, wird also stark gestreut und der Effekt ist umso stärker je niedriger die Sonne steht. Die UV-reduzierende Wirkung von Streuprozessen oberhalb der  Flughöhe fällt also entsprechend geringer aus als in Bodennähe, weil die Luftdichte sehr stark mit der Höhe abnimmt. Insgesamt lässt sich sagen, dass bei einem mittleren Sonnenstand und wolkenfreiem Himmel die für Hautrötung wirksame UV-Strahlung in 10 Kilometern Höhe etwa zweimal so hoch ist wie auf dem Erdboden. Über einer Wolkendecke würde diese UV-Strahlung nochmals um 30 Prozent zunehmen aufgrund der Reflexion an Wolken.

Auch das Flugzeug selbst filtert

Ein ganz wichtiger Aspekt darf nicht vergessen werden. „Wir befinden uns  hier immer noch außerhalb vom Flugzeug!”, sagt Ralf Meerkötter. Die oben genannten Zahlen gelten für die freie Atmosphäre. Im Flugzeug herrschen andere Bedingungen. „Das ganze Flugzeuggerüst hält UV-Strahlung ab. Alles was vielleicht durchlässig sein könnte, sind die Scheiben. Das heißt also: Wenn sie als Passagier in der Mitte am Gang sitzen, dann ist ihr Körper kaum der UV-Strahlung ausgesetzt”, erklärt Meerkötter. Für den Piloten im Cockpit könnte die Situation anders sein. Wie viel UV-Strahlung jedoch durch die Fenster eines Flugzeugs dringt, ist vom jeweiligen Material abhängig, aus dem sie gefertigt sind.  Ohne die Kenntnis der  spektralen Durchlässigkeit der Flugzeugfenster für UV-Strahlung möchte  Meerkötter sich hier auf keine Angaben festlegen.

Der Studie selber zufolge ist die Durchlässigkeit der Materialien unterschiedlich für UVA- und UVB-Strahlung. Die UVB-Strahlung werde von beiden Materialien zu 99 Prozent absorbiert. Diese gilt jedoch als am stärksten krebserregend. Die UVA-Strahlung werde zwar vom Kunststoff absorbiert, durchdringe die Glasscheiben aber zu 54 Prozent. UVA-Strahlung ist jedoch wesentlich weniger krebserregend und begünstigt die Krebsentstehung wahrscheinlich nur, weil sie das Immunsystem der Haut schwächt. Das schreiben Forscher der Universität Bochum in einer Veröffentlichung.

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Warum trifft es auch Flugbegleiter?

Erstaunlich in den Ergebnissen der kalifornischen Studie ist auch, dass nicht etwa die Piloten besonders stark betroffen sind. Stattdessen ist die Zahl der Hautkrebserkrankungen bei Piloten und Flugbegleitern beinahe gleich stark erhöht, verglichen mit der Gesamtbevölkerung. Es ist also durchaus denkbar, dass nicht etwa die Zeit im Flugzeug für die erhöhte Hautkrebsrate verantwortlich ist. Vielmehr könnte auch die Zeit zwischen den Flügen eine Ursache sein, in der sich die Crew an den sonnigen Orten aufhält, an denen ihre Passagiere Urlaub machen.

Die Autoren der Studie selber nennen weitere Grenzen ihrer Ergebnisse. So gingen die Einzelstudien, die in die Metaanalyse einfließen, teilweise von unterschiedlichen Flugzeiten aus oder beachteten diese gar nicht. Auch die Definition, wer einer „flugbasierten Beschäftigung” nachgeht und erfasst wird, war bei den einzelnen Studien unterschiedlich. Denkbar ist den Autoren zufolge auch, dass der Anteil hellhäutiger Menschen in Flug-Berufen höher ist als in der Gesamtbevölkerung.

Quelle:

© wissenschaft.de – Henrike Wiemker
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