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Gefahrenpotenzial im Meeresgrund

Astronomie|Physik Erde|Umwelt

Gefahrenpotenzial im Meeresgrund
14-09-26 Blasen.jpg
Credit: Thinkstock
Immense Kohlenstoffdioxidemissionen gefährden das Weltklima. Die Forderungen diese einzudämmen werden seit Jahren immer lauter – wie zuletzt im Vorlauf des Weltklimagipfels in New York. Doch die Menschheit ist längst noch nicht unabhängig von fossilen Energien. Wir werden also noch über Jahre hinweg weiter CO2 in die Atmosphäre blasen. Eine mögliche Lösung für dieses Problem ist die Kohlendioxidspeicherung unter dem Meer. Doch was passiert, wenn ein solcher Speicher mal ein Leck bekommt und wie könnte man so etwas möglichst schnell erkennen?

Die Idee klingt simpel: Um den Treibhauseffekt zu bremsen, kann Kohlenstoffdioxid schon bei der Entstehung abgetrennt und tief unter dem Meer eingelagert werden.  Geologische Strukturen wie poröser Sandstein oder salzwasserführende Gesteinsschichten eignen sich dabei als Endlager, in die das Gas gepresst werden kann. Sie bieten die verlockende Möglichkeit, die schädlichen Treibhausgasemissionen aus der Atmosphäre fern zu halten. CCS nennen Experten diese Technologie – das ist die Abkürzung für den englischen Begriff „Carbon Capture and Storage“, der so viel bedeutet wie CO2-Abtrennung und -Speicherung.

Neu ist das Verfahren nicht. So hat zum Beispiel der norwegische Ölkonzern Statoil bereits im Jahr 1996 damit begonnen, über mehrere Jahre hinweg Kohlenstoffdioxid in eine Sandsteinformation unter der Nordsee einzuleiten. Trotzdem ist nach wie vor nicht klar, wie sich ein Leck in einem solchen Speicher auf die Tier- und Pflanzenwelt in dem betroffenen Meeresgebiet auswirken würde. Studien zu diesem Thema beschränken sich bisher auf Experimente im Labor oder die Untersuchung natürlicher CO2-Quellen. Das ist nicht realistisch genug, meint ein Team englischer und schottischer Forscher. Die Geologen und Meereswissenschaftler haben deshalb selbst einen kleinen, elf Meter unter dem Meeresgrund liegenden CO2-Speicher vor der Küste der schottischen Ortschaft Benderloch angelegt, in den sie über einen Zeitraum von 37 Tagen insgesamt 4,2 Tonnen Kohlendioxid einspeisten. Sie erzeugten kontrolliert ein kleines Leck und beobachteten, was passiert. Ihr Ziel: Die Auswirkungen auf das umliegende Ökosystem analysieren und untersuchen, mit welchen Methoden man solche Lecks entdecken kann.

Verräterische Gasblasen

Tatsächlich zeigten sich schon nach wenigen Stunden erste optische und akustische Anzeichen des Lecks: Auf dem Meeresgrund bildeten sich blubbernde Gasblasen. Zudem konnten die Forscher mithilfe seismischer Bildgebung erkennen, dass sich das Kohlendioxid zunächst in Form eines vertikalen Gas-Schlotes den Weg durch das Sediment bahnt. Dabei steigt der Druck so stark an, dass Brüche im Gestein entstehen. Auch chemische Veränderungen konnte das Team ausmachen. So hatte sich nach 30 Tagen – also gegen Ende der CO2-Freisetzung – der Anteil von gelöstem, anorganischem Kohlenstoff in dem Wasser in den Gesteinsporen um den Faktor zehn erhöht. Das Wasser wurde alkalischer, außerdem stieg die Konzentration von Calcium-Ionen an – ein Hinweis darauf, dass das CO2 eine schnelle Auflösung von Calciumcarbonat fördert, das in den Sedimentstrukturen vorhanden ist.
Die am Meeresgrund beheimatete Lebensgemeinschaft reagierte ebenfalls auf das Leck: Nach dem Ende der CO2-Freisetzung war die Gemeinschaft aus Bakterien, Algen, Krebstieren, Muscheln und Fischen ganz anders zusammengesetzt als in nicht betroffenen Gebieten. Allerdings beschränkten sich diese Konsequenzen auf einen wenige Meter großen Radius. Und sowohl chemische als auch biologische Veränderungen verschwanden einige Wochen nach Schließung der undichten Stelle wieder.

Mobile Überwachungsvehikel

„Zwar hat ein Leck Konsequenzen für das umgebende Ökosystem. Diese sind jedoch nicht katastrophal und eine Erholung ist binnen weniger Wochen möglich“, schreiben die Forscher. Sie warnen jedoch, dass größere und über einen längeren Zeitraum bestehende Lecks massivere Folgen verursachen könnten.

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Umso wichtiger scheint es, eine Monitoring-Strategie zu entwickeln, um Lecks so schnell wie möglich ausfindig zu machen – eine komplexe Herausforderung angesichts der großen Wassermassen, die es zu diesem Zweck zu überwachen gilt. Das Hauptproblem dabei ist: Typische Anzeichen wie etwa Gasblasen entstehen nicht immer und können auch andere Ursachen haben. Es reicht also nicht, nur auf ein bestimmtes Warnsignal zu achten. Stattdessen müssten effektive Überwachungssysteme diverse Faktoren erheben. Die Wissenschaftler schlagen vor, mobile Unterwasser-Fahrzeuge einzusetzen, die sich selbständig am Meeresboden bewegen und mit einer Vielzahl von Sensoren ausgestattet sind. So könnten akustische Sensoren die Geräusche von Gasblasen erkennen. Chemische Sensoren wiederum würden die Veränderungen registrieren, die durch die Auflösung des Kohlendioxids entstehen. „Monitoring wäre sicherlich anspruchsvoll, aber mit einem multivariaten Ansatz durchaus machbar“, schließen die Forscher. Um eine zuverlässige Methode entwickeln zu können, seien vor allem weitere Grundlagenstudien unerlässlich.

Originalarbeit der Forscher:

© wissenschaft.de – Daniela Albat
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