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Schlangen-Roboter und Geheimnisse des Seitenwindens

Technik|Digitales

Schlangen-Roboter und Geheimnisse des Seitenwindens
14-10-09 schlange.jpg
Credit: Credit: Rob Felt
Wer schon einmal eine Sanddüne hinaufgelaufen ist, weiß: Der weiche, rieselnde Untergrund ist eine Herausforderung für die Fortbewegung. Mit diesem Problem hat auch die Robotertechnik zu kämpfen: Bisherige Antriebstechnologien versagen weitgehend bei Steigungen mit feinkrümeligem Untergrund. Die Evolution hat hingegen schon längst eine effiziente Lösung hervorgebracht: Manche Schlangenarten überwinden im Seiten-Gang mühelos rutschige Sandhügel. Forscher sind dem Prinzip dieser Technik nun genauer auf die Spur gekommen und haben sie auf Schlangen-Roboter übertragen. Dem technisch umgesetzten Seitenwinden schreiben sie ein großes Potenzial zu.

Wie ein fließendes S fegen manche Schlangenarten über ihre sandigen Lebensräume hinweg: Die Fortbewegungsweise des Seitenwindems fasziniert Forscher schon lange. Es ist bereits bekannt, dass die flexiblen Reptilien den gesamten Körper dabei immer nur an zwei Stellen abrollen lassen: Der Kopf wird aufgesetzt, ihm folgt dann der gesamte Körper nach, während die Tiere den Kopf bereits am nächsten Punkt platzieren. Die Schlange berührt also immer nur mit einem kleinen Teil ihres Körpers den Boden. Bisherige Untersuchungen dieser Fortbewegungsweise fanden auf ebenem und stabilem Untergrund statt. Bisher war deshalb unklar, wie diese Technik es den Schlangen ermöglicht, mühelos Hügel aus rieseligem Untergrundmaterial zu überwinden. Dieser Frage sind nun Forscher um Daniel Goldman von der Georgia Tech’s School of Physics in Atlanta nachgegangen.

Für ihre Studie untersuchten sie die Fortbewegung von Seitenwinder-Klapperschlangen (Crotalus cerastes), die in sandigen Gebieten im Südwesten der USA und in Nordmexiko verkommen. In einer speziellen Versuchsanlage im Zoo von Atlanta zeigten die schuppigen Probanden, was sie drauf haben. Die Forscher untersuchten dabei detailliert, wie sich die Technik der Tiere verändert, wenn sie mit zunehmenden Steigungen auf sandigem Untergrund konfrontiert sind.

Mehr Bodenkontakt im Steige-Gang

Die Klapperschlangen bewiesen erneut: Mit ihrem raffinierten Seiten-Gang können sie Steigungen überwinden, bei denen Schlangenarten, die sich nicht durch Seitenwinden fortbewegen, scheitern – Vipern-Arten purzeln beispielsweise bei solchen Herausforderungen von den Sandhügeln. Wie es die Klapperschlangen hingegen schaffen, offenbarten hochauflösenden Videoaufnahmen: Wenn es steiler wird, erhöhen die Reptilien demnach proportional die Kontaktfläche ihres Körpers mit dem Untergrund an den zwei Ansatzstellen. Den Forschern zufolge ist dies das Erfolgskonzept beim rutschfreien Steige-Gang.

Die Wissenschaftler übertrugen dieses Konzept auf einen Schlangen-Roboter, der bereits zuvor von Wissenschaftlern entworfen worden war, um das Seitenwinden zu simulieren: Er konnte sich auf flachem Untergrund ähnlich wie seine natürlichen Vorbilder fortbewegen. Doch an Hügeln mit krümeligem Untergrund scheiterte er. Nachdem die Forscher ihre neuen Erkenntnisse in den Roboter implementiert hatten, änderte sich dies jedoch: Nun konnte er diese Herausforderungen deutlich besser meistern – es handelt sich also um einen Fortschritt auf dem Weg zum ausgereiften Schlangen-Robo.

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Schlangen sind Musen der Bionik

Den Forschern zufolge haben Roboter mit entsprechenden Fortbewegungseigenschaften  großes Potenzial. In der Natur oder in menschengemachten Umgebungen hat man es oft mit Steigungen zu tun, die von feinkrümeligem Untergrund geprägt sind, beispeiseweise von Sand, Schmutz oder feinem Pflanzenmaterial. So könnten schlangenartige Roboter beispielsweise bei Unglücken in zerstörten Gebäuden zum Einsatz kommen, in der Archäologie oder für die Erforschung von Himmelskörpern, sagen die Forscher. „Schlangen gehören nicht gerade zu den beliebtesten Tieren“, sagt Joe Mendelson, Direktor des Zoos in Atlanta. „Doch sie haben der Menschheit etwas zu bieten: Sie können uns helfen, Roboter zu entwickeln, die nicht so leicht irgendwo stecken bleiben.“
 

Originalarbeit der Forscher:

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Wissenschaftsjournalist Tim Schröder im Gespräch mit Forscherinnen und Forschern zu Fragen, die uns bewegen:

  • Wie kann die Wissenschaft helfen, die Herausforderungen unserer Zeit zu meistern?
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