Über andere in deren Abwesenheit zu klatschen oder zu tratschen gilt grundsätzlich als etwas Negatives. Klatsch findet deshalb oft im kleinen Kreis unter Vertrauten statt. Oder hinter vorgehaltener Hand. Doch dass der Mensch sich an dem ergötzt, was andere erreicht haben oder woran sie gescheitert sind, erfüllt durchaus einen sinnvollen Zweck – nicht nur innerhalb einer sozialen Gruppe, sondern auch für das Individuum. Das zumindest vermuteten Psychologen der Universität Groningen. Demnach könnte Klatsch dabei helfen, sich zu verbessern und an ein soziales Umfeld anzupassen. „Zum Beispiel könnten positive Geschichten über andere informativ sein, weil sie Wege aufzeigen, wie man auch selbst erfolgreich sein kann. Negativer Klatsch wiederum könnte eine schmeichelhafte Wirkung haben. Denn er suggeriert, dass andere schlechter funktionieren als wir selbst“, erläutert Studienleiterin Elena Martinescu. „Gleichzeitig könnte negativer Klatsch aber auch bedrohlich sein, weil er die Möglichkeit aufzeigt, dass auch man selbst Opfer einer negativen Behandlung durch seine Mitmenschen werden kann.“
Optimieren und profilieren
Um ihre Vermutungen zu überprüfen, baten die Wissenschaftler Teilnehmer in einem ersten Versuch, sich einen Vorfall in Erinnerung zu rufen, bei dem sie Klatsch über eine andere Person gehört hatten. Danach versuchten sie mithilfe von Fragen den Wert dieser Gossip-Information für den Probanden zu beurteilen – und zwar hinsichtlich der drei Funktionen Selbstoptimierung, Eigenwerbung und Selbstschutz. Dabei zeigte sich: Positiver Klatsch hat vor allem für die Selbstoptimierung eine Bedeutung (Wie kann ich das auch erreichen?).
Dagegen spielt negativer Klatsch insbesondere für Eigenwerbung und Selbstschutz eine Rolle. So erzeugten negative Geschichten bei den Probanden zum einen ein Gefühl von Stolz, weil sie sich mit dem Klatsch-Opfer vergleichen und zu dem Schluss kommen konnten, besser als diese Person zu sein. Zum anderen löste diese Art des Tratsches jedoch auch Sorgen und Ängste aus. Schließlich könnte man in Zukunft selbst einmal Opfer von negativem Klatsch werden und auf diese Weise sein Ansehen verlieren.
Konkurrenz als Bedrohung
Wie sich persönliche Leistungsziele auf die Wahrnehmung von Klatsch am Arbeitsplatz auswirken, untersuchte das Team um Martinescu in einem zweiten Versuch. Dabei sollten die Teilnehmer sich im Zuge eines Rollenspiels in einen Handelsvertreter hineinversetzen. Dafür wurde ihnen entweder der Charakter einer leistungsorientierten oder der einer lernorientierten Person zugewiesen.
Während an einem Leistungsziel orientierte Menschen danach streben, sich zu profilieren und besser zu sein als die Kollegen, konzentrieren sich Menschen, die ein Lernziel anstreben, darauf, Neues zu lernen, um sich selbst weiter zu verbessern. Passend zu diesen Charakterzügen wurde den Probanden auch der Arbeitsplatz beschrieben: So wurde etwa den leistungsorientierten Probanden erklärt, in ihrer Abteilung herrsche ein besonders kompetitives Klima.
Die Ergebnisse dieses Rollenspiels offenbaren: Wer sehr leistungsorientiert agiert, empfindet selbst positiven Klatsch als Bedrohung. Denn der Erfolg von Kollegen wird als eigenes Scheitern interpretiert. Außerdem fanden die Forscher einen interessanten Unterschied zwischen Männern und Frauen: Hören Frauen negative Klatschgeschichten, machen sie sich vergleichsweise mehr Sorgen darüber, selbst einmal zum Opfer zu werden. Männern dagegen bereitet positiver Klatsch mehr Unbehagen – vermutlich, weil sie den Vergleich mit erfolgreichen Konkurrenten eher als Bedrohung empfinden. Klatsch, so schließen die Wissenschaftler, versorgt uns demnach mit Informationen, die den sozialen Vergleich mit anderen ermöglichen. „Deshalb nimmt Klatsch einen hohen Stellenwert für die Selbsteinschätzung ein.“
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