Die Gruppe der Unpaarhufer (Perissodactyla) umfasst heute drei Familien mit insgesamt 17 Arten: Die Pferde (Equidae), Nashörner (Rhinocerotidae) und Tapire (Tapiridae). Dass diese doch recht unterschiedlich wirkenden Tiere miteinander verwandt sind, erkannten Zoologen bereits im 19. Jahrhundert. Neben ähnlichen Merkmalen des Verdauungssystems besitzen sie nämlich eine charakteristische Gemeinsamkeit: Sie haben eine ungerade Anzahl von Zehen – so entstand der Name Unpaarhufer.
Ihre Entwicklungsgeschichte ist eigentlich bereits vergleichsweise gut durch Fossilien belegt. „Urpferdchen“ heißt das prominente Schlagwort. Zahlreiche Funde lassen die Evolution der Unpaarhufer gut erkennen. Sie reichen in eine Zeit von bis vor etwa 56 Millionen Jahren zurück und stammen bisher aus Ostasien, Nordamerika und Europa. Doch die tieferen Wurzeln dieser prominenten Tiergruppe liegen noch weitgehend im Dunkeln, sagen die Forscher um Ken Rose von der Johns Hopkins University School of Medicine in Boltimore. Ihre neuen Ergebnisse bringen nun offenbar Licht in die Frühgeschichte.
Kohlebergbau fördert Fossilien zu Tage
Es gab bereits Vermutungen, dass die Entwicklungsgeschichte der Unpaarhufer in Indien ihren Anfang nahm. Aus diesem Grund richtete sich das Interesse der Forscher auf Fossilien aus einer Fundstätte nordöstlich von Mumbai. Es handelt sich um ein aktives Tagebau-Kohlebergwerk, in dem eine Schicht mit fossilen Säugetierüberresten aus dem Eozän aufgetaucht war. Unter den Mengen an geborgenen Fossilien entdeckten die Forscher schließlich 200 einzelne Überreste eines urtümlichen Unpaarhufers: Cambaytherium thewissi.
Den Datierungen zufolge sind diese Fossilien etwa 54,5 Millionen Jahre alt. Sie sind damit zwar etwas jünger als die ältesten bekannten Vertreter der Unpaarhufer. Doch den Forschern zufolge handelt es sich bei Cambaytherium um ein Wesen, das dem gemeinsamen Vorfahren aller Unpaarhufer offenbar noch besonders nahe stand. „Viele Merkmale, wie die Zähne, die Zahl der Kreuzbeinwirbel und die Knochen der Füße, liegen zwischen Unpaarhufer und primitiveren Tieren“, sagt Rose. „Cambaytherium kommt dem gemeinsamen Vorfahren der Unpaarhufer damit bisher am nächsten“, so der Paläontologe.
Passagiere der Kontinentaldrift
Bereits seit 1990 gibt es die Theorie, dass sich einige Säugetiere ursprünglich in Indien entwickelt haben, als der Subkontinent noch isoliert war. Indien hat nämlich eine beeindruckende Reise im Rahmen der Kontinentalverschiebung hinter sich: Es wanderte vergleichsweise schnell nach Norden und kollidierte dann mit dem asiatischen Festland. Dabei könnte es gleichsam wie ein Transportschiff eines Zoos Tiere abgeliefert haben. In der Geschichte von Cambaytherium und den Paarhufern scheint sich dieses Szenario nun widerzuspiegeln, sagen die Forscher. Nun wollen sie am Ball bleiben – sie stöbern momentan auch in anderen Bergwerken Indiens nach den Überbleibseln spannender Säugetiere.