Anzeige
1 Monat GRATIS testen, danach für nur 9,90€/Monat!
Startseite »

Blu-ray „pimpt“ Solarzellen

Technik|Digitales

Blu-ray „pimpt“ Solarzellen
14-11-25-bluray.jpg
Blu-ray: Nicht nur ein Datenträger, sondern auch eine Schablone für quasizufällige Nanostrukturen (thinkstock)
Wenn es um das Speichern von HD-Filmen oder anderen großen Dateien geht, hat die Blu-ray heute längst die CD oder DVD abgelöst. Doch die bläulich schimmernden Scheiben können noch mehr: Sind sie mit Daten beschrieben, eignen sie sich hervorragend, um Solarzellen effektiver zu machen. Das klingt auf den ersten Blick seltsam, doch US-Forscher haben es ausprobiert. Der Trick dabei: Die auf der Blu-ray gespeicherten Bits sind quasizufällig verteilt – sie bilden ein Muster, das nicht völlig geordnet, aber auch nicht ganz zufällig verteilt ist. Und genau solche Muster eignen sich besonders gut, um Licht einzufangen.

Um beispielsweise einen Film auf einer Blu-ray Disc zu speichern, werden die Videosignale zunächst in digitalen Code umgewandelt – also im Prinzip eine Kette aus Nullen und Einsen. Spezielle Algorithmen zur Fehlerkorrektur wandeln diese noch ein wenig ab. Dann brennt ein Laser diese Abfolge von Bits als eine Serie von winzigen, unterschiedlich langen Kerben auf den Blu-ray-Rohling. Auf der Scheibe entsteht so ein konzentrisches Muster aus Reihen von Kerben und Inseln, die zwischen 150 bis 525 Nanometer lang sind. Doch genau dieses Muster hat es in sich. Denn es kodiert nicht nur jede Menge Inhalt, unabhängig davon handelt es sich dabei um eine quasizufällige Nanostruktur. „Solche Strukturen kommen auch in der Natur häufig vor, beispielsweise im bunten Gefieder von Vögeln und Insekten“, erklären Alexander Smith von der Northwestern University und seine Kollegen. Denn ihr spezielles Muster sorgt dafür, dass diese Strukturen Licht besonders effektiv absorbieren oder aber gezielt nur bestimmte Spektralbereiche zurückwerfen. Das erzeugt dann den Eindruck einer besonders samtigen Schwärze oder einer intensiven Farbigkeit.

Und genau dies macht diese Strukturen auch für die Technik interessant: Ihre extrem gute Lichtabsorption könnte beispielsweise Leuchtdioden oder Solarzellen effektiver machen. Aber um solche quasizufälligen Strukturen im Nanomaßstab zu erzeugen, sind extrem teure und aufwändige Fabrikationsprozesse nötig – normalerweise. „Aber interessanterweise existiert ein solches Muster bereits – in einem massenweise verbreiteten Konsumartikel: der Blu-ray“, sagen die Forscher. Ihre Analysen ergaben, dass sich die Bitstruktur einer  beschriebenen Blu-ray perfekt dafür eignen würde, Photonen im gesamten Bereich des Sonnenlicht-Spektrums zu absorbieren. Um das praktisch auszuprobieren, entwickelten Smith und seine Kollegen eine Methode, mit der sie die quasizufällige Struktur der Blu-ray auf eine Dünnfilm-Solarzelle übertragen konnten.

Blu-ray-Muster als Schablone

Für diesen Praxistest entfernten die Forscher zunächst die laminierte Schutzschicht einer Blu-ray – beschrieben mit dem Hollywood-Spielfilm Police Story 3 – und legten so die Kerben und Inseln der gespeicherten Daten frei. Mit einer härtenden Polymermasse gossen sie die freigelegte Oberfläche aus und erzeugten so eine Negativ-Schablone des Musters. Diese Schablone nutzten Smith und seine Kollegen dann, um die quasizufällige Struktur per Abdruck auf den Rohling einer organischen Solarzelle zu übertragen. Wie die Forscher berichten, trug nun die fertige Solarzelle das typische Blu-ray-Muster als Kerben und Erhebungen ihrer aktiven Schicht. Mit bloßem Auge war dies als typisch irisierender Schimmer zu erkennen.

Doch die entscheidende Frage war nun, wie sich das Blu-ray-Muster auf die Leistung der Solarzelle auswirkte. Dafür verglichen die Forscher die Lichtabsorption und Stromproduktion von gemusterten und ungemusterten Solarzellen des ansonsten völlig gleichen Aufbaus. Das Ergebnis: Die Absorption der Solarzelle mit Blu-ray-Abdruck war gegenüber der normalen um 21,8 Prozent verbessert – und dies über das gesamte Absorptionsprofil hinweg, wie Smith und seine Kollegen berichten. Als Folge hatte die Solarzelle mit der quasizufälligen Struktur einen um 11,9 verbesserten Wirkungsgrad. Nach Ansicht der Forscher demonstriert dieser Praxis-Test sehr nachdrücklich, wie sich mit einem so simplen und billigen Massenprodukt wie der Blu-ray die Lichtnutzung einer Solarzelle „pimpen“ lässt. Und auch wenn dieser Versuch mit einer organischen Solarzelle erfolgte, halten sie es doch für sehr wahrscheinlich, dass sich die Blu-ray-Muster auch auf andere Arten von Solarzellen übertragen lassen, darunter auch die klassischen Silizium-Zellen. „Das eröffnet vielversprechende Wege, wie sich aus billigen Konsumprodukten sehr viel höherwertige und komplexe Anwendungen erstellen lassen“, so die Wissenschaftler.

Anzeige

Quelle:

© wissenschaft.de – Nadja Podbregar
Anzeige

Wissenschaftsjournalist Tim Schröder im Gespräch mit Forscherinnen und Forschern zu Fragen, die uns bewegen:

  • Wie kann die Wissenschaft helfen, die Herausforderungen unserer Zeit zu meistern?
  • Was werden die nächsten großen Innovationen?
  • Was gibt es auf der Erde und im Universum noch zu entdecken?

Hören Sie hier die aktuelle Episode:

Aktueller Buchtipp

Sonderpublikation in Zusammenarbeit  mit der Baden-Württemberg Stiftung
Jetzt ist morgen
Wie Forscher aus dem Südwesten die digitale Zukunft gestalten

Wissenschaftslexikon

Kor|mo|phyt  〈m. 16; Bot.〉 Pflanze, die aus Wurzel, Blatt u. Stängel besteht u. Leitbündel zum Transport der Nährstoffe besitzt; Sy Gefäßpflanze … mehr

Kunst|ba|nau|se  〈m. 17; umg.; abwertend〉 jmd., der kein Verständnis für Kunst hat u. daher meist abfällige Urteile darüber äußert

Mi|ni|ma|lis|mus  〈m.; –; unz.; Kunst〉 Stilrichtung, die sich auf (schmucklose) Grundformen u. elementare Bestandteile beschränkt; →a. Minimal Art … mehr

» im Lexikon stöbern
Anzeige
Anzeige
Anzeige