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Lernen im Alter: Zuviel statt zu wenig

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Lernen im Alter: Zuviel statt zu wenig
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Ältere können irrelevante Informationen weniger gut herausfiltern. (thinkstock)
Oft wird älteren Menschen nachgesagt, dass sie nicht mehr so gut und schnell Neues lernen wie jüngere. Das ältere Gehirn soll nicht mehr so plastisch und damit aufnahmebereit sein, heißt es. Doch eine Studie von US-Forschern enthüllt nun sogar das genaue Gegenteil: Das Problem älterer Menschen ist nicht, dass sie zu wenig lernen, sondern zu viel. Denn ihr Gehirn filtert unwichtige Informationen nicht so gut heraus wie das von Jüngeren. Dieses Zuviel aber stört die Stabilität des zuvor beim Lernen gespeicherten.

Wenn es ums Lernen geht, steht unser Gehirn vor einem Dilemma: Es soll einerseits plastisch genug sein, um immer neue Informationen abzuspeichern oder Fähigkeiten zu lernen. Andererseits aber muss es dafür sorgen, dass einmal Gespeichertes auch erhalten bleibt und nicht versehentlich durch unwichtiges Neues überschrieben wird. „Unsere Lern- und Gedächtniskapazität ist begrenzt“, erklärt Seniorautor Takeo Watanabe von der Brown University. „Dennoch will man nicht, dass ältere, bereits gespeicherte Information verloren gehen, weil sie durch triviale Informationen ersetzt werden.“ Dieses Dilemma von Plastizität einerseits und Stabilität andererseits löst das Gehirn zumindest bei jüngeren Menschen dadurch, dass es sehr effektive Filter einsetzt. Diese sieben beim Lernen rigoros die Informationen heraus, die für die Aufgabe irrelevant sind, wie die Forscher erklären. Sie haben nun untersucht, ob diese Filter auch im Gehirn älterer Menschen noch so effektiv funktionieren.

Zahlenlernen für die Wissenschaft

Für ihre Studie absolvierten zehn über 67-Jährige und zehn junge Menschen die gleiche Aufgabe: Auf einem Bildschirm erschienen nacheinander verschiedene Serien von sechs Buchstaben und zwei Zahlen in jeweils unterschiedlicher Reihenfolge. Die Aufgabe bestand darin, sich bei jedem Durchgang nur die beiden Zahlen zu merken. Dieser Test wurde acht Tage lang wiederholt, die Forscher untersuchten dabei, ob und wie sich die Probanden in dieser Zeit bei dieser Aufgabe verbesserten. Das Ergebnis: „Sowohl die älteren als auch die jüngeren Teilnehmer zeigten signifikante Anzeichen für aufgabenbezogenes Lernen“, berichten die Forscher. Beide Altersgruppen verbesserten sich im Laufe der Zeit fast genauso viel. Das spricht nach Ansicht von Watanabe und seinen Kollegen nicht dafür, dass Ältere ein grundsätzliches Problem mit der Plastizität haben.

Doch das war noch nicht alles: Während im Lernexperiment die einzelne Zahl oder der Buchstabe zu sehen war, war der Hintergrund des Bildschirms nicht leer, sondern zeigte ein zufälliges Muster aus helleren Punkten auf hellem Grund. Von einem Bildwechsel zum nächsten veränderte sich die Position dieser Punkte mal mehr, mal weniger. Zu Beginn der achttägigen Lernphase und am Schluss variierten die Forscher einige Durchgänge im Lerntest. Dabei sollten die Probanden jeweils angeben, ob und wie sich die Punkte von einem Bildwechsel zum nächsten verschoben. Diese Beobachtung war für die eigentliche Lernaufgabe- das Merken der Zahlen – irrelevant. In der achttägigen Lernphase sollte die Bewegung der Punkte daher vom Gehirn der Probanden weitestgehend ausgeblendet werden.

Doch wie sich zeigte, war dies nur bei den jungen Probanden der Fall. Die älteren registrierten offenbar auch während der Lernphase die Bewegung der Punkte und lernten daher unbewusst auch diese Verschiebungen im Laufe der Zeit besser zu erkennen. Im Endtest schnitten sie daher besser ab als am Anfang. Das klingt erst mal positiv, ist es aber nicht unbedingt, wie die Forscher erklären: Ihr Ergebnis deutet darauf hin, dass ältere Menschen solche eigentlich irrelevanten Signale schlechter herausfiltern können als junge. „Das visuelle System älterer Personen löst das Plastizitäts-Stabilitäts-Problem dadurch weniger effektiv“, so Watanabe und seine Kollegen. Das ältere Gehirn ist zwar noch genauso lernfähig, nimmt aber eher zu viel auf – und das kann die Stabilität der gespeicherten Daten beeinträchtigen. Die Forscher schließen aber nicht aus, dass sich dieses Herausfiltern vielleicht gezielt trainieren lässt – Ignorieren statt Knobeln als Gehirnjogging der neuen Art.

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Quelle:

© wissenschaft.de – Nadja Podbregar
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