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Saurons Auge – neu vermessen

Astronomie|Physik

Saurons Auge – neu vermessen
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Die aktive Galaxie NGC 4151 - wegen ihres Aussehens ach als "Saurons Auge" bezeichnet. (NASA)
Astronomen haben einen neuen Blick in ein kosmisches Auge der besonderen Art geworfen: in das Zentrum der aktiven Galaxie NGC 4151, wegen ihres Aussehens auch „Saurons Auge“ genannt. Dort sitzt ein supermassereiches Schwarzes Loch, das von einem enormen Staubring umgeben ist. Den Forschern ist es nun erstmals gelungen, die Größe dieses Staubrings zu messen und daraus mittels Triangulation auf die Entfernung dieser Galaxie zu schließen. Der Clou daran: Diese Messung ist bis auf zehn Prozent genau und damit weitaus präziser als alle bisherigen Methoden. Das neue Verfahren könnte daher auch andere kosmische Entfernungen präzisieren und so dabei helfen, fundamentale Konstanten des Universums genauer zu bestimmen.

Auf der Erde ist die Triangulation eine gängige Methode der Entfernungsmessung. Dafür reicht es, beispielsweise die Höhe eines Baumes oder Berges zu kennen und den Winkel, der zwischen der direkten Beobachtungslinie zu Ober- und Unterkante liegt. Um die gewaltigen Entfernungen im fernen Kosmos zu vermessen, eignet sich diese Methode jedoch eher nicht – so dachte man jedenfalls bisher. Denn meist kennt man die Größe des fernen Objekts nicht genau genug. Deshalb misst man die Entfernung indirekt, beispielsweise indem man Helligkeit und Rotverschiebung von Typ-1-Supernovae ermittelt. Das ist aber oft mit großen Ungenauigkeiten behaftet, wie auch im Fall der aktiven Galaxie NGC 4151: „Die Kalkulationen auf der Basis der Rotverschiebung hatten hier eine Spannbreite von 13 bis 95 Millionen Lichtjahren“, erklären Sebastian Hönig von der Universität Kopenhagen und seine Kollegen. Das ist besonders ärgerlich, weil das Schwarze Loch im Herzen dieser Galaxie eines von nur zweien ist, die als Bezugsgrößen für die Vermessung solcher supermassereicher Schwarzer Löcher dienen.

Staubring als Messlatte

Hönig und seine Kollegen haben nun eine Methode entwickelt, die dieses Dilemma löst – und gleich zwei Fliegen mit einer Klappe schlägt: Es macht die kosmische Entfernungsmessung genauer und hat die Masse des Schwarzen Lochs in „Saurons Auge“ neu bestimmt. Um das zu erreichen, beobachteten die Astronomen die Galaxie NGC 4151 mit den beiden 10-Meter-Teleskope des Keck-Observatoriums auf Hawaii, die sie mittels Interferometrie zusammenkoppelten. Dadurch erhielten sie eine Auflösung, der der eines 82-Meter-Teelskops entsprach – dem hundertfachen des Hubble-Weltraumteleskops. Mit diesem virtuellen „Superteleskop“ nahmen die Forscher das Schwarze Loch und insbesondere den umgebenden Ring aus heißem Staub ins Visier.

Die Materie, die in diese Singularität gesaugt wird, sendet energiereiche ultraviolette Strahlung aus – diese registrierten die Astronomen. Wenn diese Strahlung auf den sehr viel weiter außen liegenden Staubring trifft, heizt sie ihn auf, so dass dieser Infrarotstrahlung aussendet. Und hier liegt der Clou: Aus der Verrechnung beider Strahlungen lässt sich ermitteln, wie weit der Staubring vom Schwarzen Loch entfernt ist – und damit seine Größe.
Denn die Zeitdifferenz zwischen UV-Licht und Infrarotstrahlung gibt an, wie viel Zeit das UV-Licht vom Schwarzen Loch zum Staubring gebraucht hat – in diesem Fall rund 30 Tage, wie die Astronomen berichten. Damit aber haben sie die entscheidende Größe, um eine Triangulation durchzuführen: Sie wissen, wie groß der Staubring ist, dadurch können sie ihn als Messlatte einsetzen.

Mehr Masse für das Schwarze Loch

Den Astronomen gelang es auf diese Weise, die Entfernung zu „Saurons Auge“ erstmals bis auf zehn Prozent genau zu bestimmen: „Wir haben die Entfernung auf 62 Millionen Lichtjahre berechnet“, sagt Koautor Darach Watson von der Universität Kopenhagen. „Damit sind wie von einer hohen Unsicherheit auf die nahezu präzise Distanz gekommen.“ Wie die Forscher erklären, können mit dieser Methode auch die Entfernungen zu anderen weit entfernten Galaxien nachgemessen werden – und dies wahrscheinlich genauer als mit gängigen Verfahren. Das wiederum könnte dabei helfen, die Hubble-Konstante – die Ausdehnung des Universums – genauer als bisher zu messen und so auch die Kosmologie voranbringen.

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Und auch in Bezug auf die supermassereichen Löcher liefern die neuen Messungen wichtige Erkenntnisse. Denn um ihre Masse zu bestimmen, muss man zwei Parameter kennen, wie die Forscher erklären: Die Geschwindigkeit, mit der Sterne der Galaxie um das Schwarze Loch kreisen und die Entfernung der Sterne zum galaktischen Zentrum. Diese Entfernung lässt sich über Triangulation, also über die Winkelabstand ermitteln – aber nur, wenn man weiß, wie weit entfernt die Galaxie ist. Genau dies aber haben die Astronomen nun ermittelt und konnten so auch die Masse des Schwarzen Lochs in NGC 4151 neu bestimmen – einem der beiden so wichtigen Bezugsgrößen für solche Giganten.  Die große Überraschung: „Unsere Berechnungen zeigen, dass solche supermassereiche Schwarzen Löcher um 40 Prozent schwerer sind als bisher gedacht“, sagt Watson.

Quelle:

© wissenschaft.de – Nadja Podbregar
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