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Smartphone als chemische Nase

Technik|Digitales

Smartphone als chemische Nase
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Mit dem Smartphone können Mini-Chemikaliensensoren ausgelesen werden (thinkstock)
Ob bargeldloses Zahlen, Handytickets oder das kontaktfreie Übertragen von Daten – bei vielen Smartphones werden diese Funktionen durch ein eingebautes Modul zur Nahfeldkommunikation ermöglicht. Jetzt demonstrieren US-Forscher, wie ein Handy mit dieser Technologie dabei helfen kann, Chemikalien in der Umwelt zu detektieren und zu überwachen. Schlüssel dazu sind RFID-Chips, die auf verblüffend simple Weise zu Chemosensoren umfunktioniert werden. Sie registrieren dann noch winzigste Mengen von spezifischen Substanzen in ihrer Umgebung. Das Smartphone kann diese Informationen auslesen und anzeigen.

Viele Smartphones und mobile Geräte sind heute bereits mit Hardware zur Near Field Communication (NFC) ausgestattet. Diese Bauteile ermöglichen es, RFID-Chips auszulesen oder mit anderen Geräten mit NFC-Hardware in Kontakt zu treten – auch ohne Mobilfunknetz oder WLAN. “Diese Technologie wurde 2014 bereits in einer halben Milliarde Smartphones und mobilen Geräten eingebaut”, berichten Joseph Azzarelli und seine Kollegen vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Cambridge. Genutzt wird diese Funktion beispielsweise für den berührungslosen Kauf von Bahnfahrkarten, für die Zugangskontrolle bei Firmen oder Forschungseinrichtungen und für die bargeldlose Bezahlung mit Handy oder RFID-Kreditkarten. Doch diese Technik kann noch mehr, wie die Forscher nun demonstrieren. Mit ihrer Hilfe könnte man künftig schon kleinste Mengen an giftigen oder schädlichen Chemikalien detektieren. “Damit ließen sich Sprengstoffe oder chemische Kampfstoffe aufspüren, aber auch verdorbene Lebensmittel identifizieren und Umweltschadstoffe überwachen”, so die Forscher.

RFID-Tags umgerüstet

Damit dies funktioniert, rüsteten die Wissenschaftler zunächst einige RFID-Chips zu Chemosensoren um. Dafür unterbrachen sie den elektronischen Schaltkreis in den Chips, indem sie mit einem Locher ein Teil der Leiterbahnen durchstanzten. Dann füllten sie diese Lücke erneut – aber diesmal mit verschiedenen auf Kohlenstoff-Nanoröhrchen basierenden Materialien. Der Clou dabei: Diese Materialien werden nur dann leitfähig, wenn eine bestimmte Konzentration einer Chemikalie in ihrer Umgebung vorhanden ist. Für ihren Praxistest nutzten die Forscher für einige RFID-Chips ein Lückenfüller-Material, das auf Ammoniak und Wasserstoffperoxid reagiert und für andere eines, das auf Cyclohexanon reagiert – alle drei Chemikalien sind typische Bestandteile von Sprengstoffen, wie Azzarelli und seine Kollegen erklären. Auf diese Weise lässt sich am Funktionieren der RFID-Tags erkennen, ob diese Chemikalien präsent sind oder nicht. Um diese Information auszulesen, wandelten die Forscher eine bereits existierende Handy-App um.

Für den eigentlichen Test setzten die Forscher im Umfeld der umgebauten RFID-Tags unterschiedliche Konzentrationen von Ammoniak (NH3), Wasserstoff-Peroxid-Dampf (H2O2) und von Cyclohexan frei. Mit Hilfe ihrer umgebauten Smartphone-App lasen sie dann die RFID-Sensoren aus. Das Ergebnis: Mit Hilfe der Mini-Sensoren konnten die Forscher noch so winzige Mengen wie 4 parts per Million (ppm) Ammoniak quantitativ ermitteln. Auch die beiden anderen Chemikalien ließen sich schon nach weniger als einer Minute nachweisen – wenn auch nicht in ganz so geringen Mengen. Wie die Forscher erklären, ist die Nachweisgrenze aber im Prinzip eine Frage der richtigen Kombination von chemoreaktiven Lückenfüller-Substanzen. Kombiniert man mehrere RFID-Tags mit verschiedenen Schwellenwerten, dann lässt sich sogar ermitteln, in welchem Konzentrationsbereich eine Chemikalie in der Luft vorliegt.

“Wir haben damit einen kostengünstigen, einfachen, schnellen und modularen Ansatz entwickelt, um kommerziell erhältliche RFID-Tags in Chemosensoren umzuwandeln, die per Smartphone auslesbar sind”, erklären Azzarelli und seine Kollegen. Künftig könnte diese Technologie sogar noch erweitert werden, indem man das Auslesen der RFID-Chips zusätzlich mit der GPS-Ortung des Smartphones verbindet. Dies eröffne ganz neue Anwendungsmöglichkeiten, sowohl in der vernetzten Umweltüberwachung als auch beim Nachweis von Chemikalien in Situationen, in denen bisherige Technologien zu groß oder zu teuer waren.

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Quelle:

© wissenschaft.de – Nadja Podbregar
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