Immer deutlicher wird: Die Mannigfaltigkeit der Erscheinungsformen von Exoplaneten ist noch viel fantastischer als in den kühnsten Science-Fiction-Szenarien. Um die Nachbarsterne unserer Sonne kreisen die eigentümlichsten Exoten. Ob aufgeplusterte Gasbälle mit extrem geringer Dichte, von Lava bedeckte Super-Erden mit Wolken aus verdampftem Gestein oder reine Wasserwelten: „Bei Exoplaneten scheint alles möglich zu sein, was die Gesetze der Chemie und Physik erlauben“, spekuliert Seager in einem Bericht in der Juli-Ausgabe des Wissenschaftsmagazins „bild der wissenschaft“.
War es früher höchstens möglich, Masse und Umlaufbahn eines Planeten zu ermitteln, können Astronomen heute bei einigen auch den Durchmesser bestimmen, die Dichte ausrechnen und Rückschlüsse auf die innere Zusammensetzung ziehen. Inzwischen ist sogar gelungen, was noch vor zehn Jahren als unmöglich galt: Forscher haben Licht von mehreren Dutzend Heißer Jupiter also auf 1.000 bis 2.000 Grad Celsius aufgeheizte Gasriesen, die ihre Sonnen in äußerst geringem Abstand umkreisen und von einigen weiter entfernten Planeten aufgefangen.
Die größte Attraktion unter den Exoplaneten ist momentan die Gesteinskugel Corot-7 b. Sie hat etwa die gleiche Dichte wie die Erde und besteht wohl größtenteils aus Silikatgestein. Das Exotischste ist ihre Atmosphäre aus verdampftem Gestein. „Statt einer Wasserwolke, aus der es regnet, bilden sich Gesteinswolken, aus denen Kiesel herabfallen“, mutmaßt Bruce Fegley von der University of Washington in „bild der wissenschaft“.
Corot-7 b gehört zu den etwa 20 bis dato bekannten Super-Erden. Die Masse dieser Planeten beträgt etwa das Zwei- bis Zehnfache der Erdmasse. Gewaltige Gesteinskugeln oder Kanonenkugel-Planeten aus reinem Eisen könnten sich darunter befinden. Der Mantel von einigen könnte aus purem Kohlenstoff bestehen. „Dann dürfte unter ihrer Oberfläche eine Diamantschicht liegen“, spekuliert Sara Seager. „Aber wahrscheinlich wären diese Planeten schwer zu identifizieren, weil ihre Dichte der von erdähnlichen Silikat-Planeten ähnelt.“ Reichlich Wasser in Form von Eis in speziellen Hochdruckvarianten gibt es vermutlich auf der Oberfläche von GJ 1214 b, der zweiten Super-Erde, deren Dichte bestimmt wurde.
Die über 60 bekannten Heißen Jupiter erweisen sich als äußerst komplex und vielfältig. Besonders die Paradiesvögel unter den Gasbällen, Wasp-12 b und Kepler-7 b, haben eine extrem geringe Dichte, etwa wie Kork oder Styropor. Solche leichtgewichtigen Riesenbälle dürfte es nach gängigen Planetenmodellen eigentlich gar nicht geben. „Was diese Planeten aufpumpt, ist eines der größten Rätsel der Exoplanetenforschung“, räumt Sara Seager ein.
Die vielen unerwarteten Konstellationen in den fremden Sonnensystemen haben die bisherigen Theorien zur Entstehung von Planetensystemen relativiert. „Die Architektur unseres Sonnensystems ist nicht allgegenwärtig und vermutlich nicht einmal häufig“, erklärt Seager. „In der Nähe eines jungen Sterns gibt es nicht genug Material, aus dem sich ein Riesenplanet bilden könnte. Also müssen sich die heißen Jupiter weiter außen gebildet haben und irgendwann nach innen gewandert sein.“ Auch liegen viele Planetenbahnen nicht ordentlich in einer Ebene senkrecht zur Drehachse des Sterns. Exoplaneten haben Bahnen mit allen möglichen Neigungswinkeln. Sie verlaufen rund bis stark elliptisch, wie man es bisher nur von Kometen kannte. Nach neuesten Erkenntnissen verläuft die Bahn von fast einem Viertel aller Heißen Jupiter entgegengesetzt zur Drehrichtung ihres Sterns.
Einen Schwesterplanet der Erde und Leben im Weltall zu finden ist zwar noch Zukunftsmusik aber durchaus realistisch. Und wer weiß: Vielleicht wird es sogar schon innerhalb der nächsten zehn Jahre Erfolge zu feiern geben noch bevor 2020 das von der Nasa geplante Super-Teleskop „Terrestrial Planet Finder“ an den Start geht. „Ein terrestrischer Planet ist der Heilige Gral der Exoplanetenforschung“, schwärmt Sara Seager. „Die Menschheit wird immer nach einer zweiten Heimat Ausschau halten.“