Bereits 2009 wurde das Konzept der planetaren Grenzen erstmals vorgestellt. Es umfasst neun Prozesse und Systeme, die maßgeblich für die Stabilität und Widerstandskraft des Erdsystems verantwortlich sind. Sie bestimmen die Wechselwirkungen zwischen Land, Ozeanen, Atmosphäre und Lebewesen, die zusammen die Umweltbedingungen ausmachen, an die wir gewöhnt sind. Die neue Studie eines internationales Teams von 18 Wissenschaftlern bestätigt nun dieses Konzept der neun planetaren Grenzen und kommt zu einer neuen Abschätzung der Grenzwerte.
Ihren Computermodellen zufolge haben die Einflussgrößen Klimawandel, Biodiversität, Landnutzung und biogeochemische Kreisläufe die kritischen Werte bereits überschritten.
„Durch das Überschreiten dieser Grenzen erhöht sich das Risiko, dass der Einfluss des Menschen die Erde weniger lebensfreundlich macht, dass Bemühungen zur Armutsbekämpfung beeinträchtigt werden, und dass sich das menschliche Wohlergehen in vielen Teilen der Welt verschlechtern könnte, auch in reichen”, sagt Will Steffen vom Stockholm der Universität Stockholm. „Unsere neue Untersuchung verbessert die Quantifizierung dieser Risiken.”
Heikle regionale Belastungsgrenzen
Auch wenn einige Grenzen global betrachtet noch nicht überschnitten sind, kann das regional ganz anders aussehen, betonen die Forscher. Beispielsweise übersteigt der Wasserverbrauch im Westen der USA sowie in Teilen Südeuropas, Asiens und des Mittleren Ostens bereits die Toleranzlimits. „Die Herausforderungen für die Gesellschaft, innerhalb der verschiedenen planetaren Grenzen zu bleiben, erfordert umsichtiges Handeln”, sagt Co-Autor Dieter Gerten vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. Die Grenzen hängen eng miteinander zusammen, betonen die Forscher. So können auch Schutzmaßnahmen für einen Bereich wiederum negative Folgen für einen anderen haben.
„Würde zum Beispiel die Bewässerung in der Landwirtschaft verringert, um die Grenze für den Wasserverbrauch einzuhalten, könnte das im Gegenzug bedeuten, dass mehr Flächen in Ackerland umgewandelt werden müssen – was zum weiteren Überschreiten der planetaren Grenze für Landnutzungsänderungen führen würde”, erklärt Gerten. „Helfen können hier Methoden zur effizienteren Wassernutzung in der Landwirtschaft, um mit weniger Wasser auf gleicher Fläche womöglich mehr Nahrungsmittel für die Weltbevölkerung zu erzeugen.”
Sorgenkind Klimawandel
Bezüglich des Klimawandels rät das Team, dass der Anteil von CO2 in der Atmosphäre nicht größer sein sollte als 350 ppm (parts per million). „Diese Grenze ist gleichbedeutend mit einer Stabilisierung der globalen Temperaturen bei etwa 1,5 Grad über vorindustriellem Niveau”, sagt Co-Autor Johan Rockström von der Universität Stockholm. Aktuell liegt der CO2-Wert allerdings bereits bei etwa 399 ppm und er erhöht sich um jährlich etwa 3 ppm. Die Länder der Welt werden sich im Dezember dieses Jahres in Paris treffen, um Vereinbarungen auszuhandeln, die einen Temperaturanstieg auf maximal 2 Grad über vorindustriellem Niveau begrenzen sollen. „Unsere Analyse zeigt, dass dieses Ziel – auch wenn es erfolgreich eingehalten wird – noch große Risiken für Gesellschaften überall auf der Welt mit sich bringt”, sagt Rockström. „Die zwei Grad sollten daher nicht nur als ein notwendiges Ziel betrachtet werden, sondern als ein Mindestziel der weltweiten Klimastabilisierung.”