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Phosphorkrise: Rettung aus dem Schlachthof

Erde|Umwelt

Phosphorkrise: Rettung aus dem Schlachthof
Landwirtschaft und Technik kommen nicht ohne Phosphor aus. Doch das wertvolle chemische Element wird zunehmend Mangelware. Neue Recycling-Techniken sollen helfen.

Phosphor – kaum ein Element hat einen so zwiespältigen Ruf. Einerseits gilt es als „Element des Teufels”: Phosphor ist leicht entzündlich, in bestimmter Form giftig, Zutat für Brandbomben und Nervenkampfstoffe. Und doch verbindet er auch – und zwar nicht nur Moleküle in diversen Phosphaten, sondern auch Wissenschaftler: Im Sommer 2014 haben sich 80 Gelehrte verschiedenster Fachrichtungen – aus Mikrobiologie, Landbau, Medizin, ja sogar Jura – auf dem Wissenschaftscampus Rostock zusammengetan, um diesem Element seinen Schrecken zu nehmen. Nicht den Schrecken als teuflische Substanz, sondern jenen, dass eben diese uns demnächst ausgehen könnte. Denn tatsächlich ist Phosphor für uns alle lebensnotwendig – und er wird allmählich knapp.

Die Forscher auf dem Campus, der sich aus mehreren Fakultäten der Universität Rostock und fünf Leibniz-Instituten zusammensetzt, sowie weiteren Forschungsteams weltweit, wollen nichts Geringeres, als die Ernährung der Menschheit sichern: „Der Mangel an Phosphor ist wahrscheinlich die größte Gefahr für Umwelt und Landwirtschaft”, warnt der niederländische Chemienobelpreisträger Paul Crutzen. „Phosphor”, schrieb der Science-Fiction-Autor und Biochemiker Isaac Asimov schon 1959 in einem Essay, ist der „Flaschenhals des Lebens”.

Baustein von Knochen, Blut und DNA

Ohne Phosphor wäre die Erde tot. Das Element ist unerlässlicher Baustein von allem, was lebt: Mikroorganismen, Pflanzen, Tieren, Menschen. Es steckt in der DNA, in Knochen, im Blut, in jeder Zelle. Es erfüllt lebenswichtige Aufgaben, etwa beim Energiestoffwechsel. 700 Gramm Phosphor enthält ein menschlicher Körper im Durchschnitt – und da er ständig Phosphor ausscheidet, sollte er auch etwa 0,7 Gramm pro Tag wieder aufnehmen, sonst wird er auf Dauer krank und stirbt.

Die tägliche Ration ist normalerweise kein Problem, denn Phosphor steckt in so ziemlich allem, was essbar ist. Doch damit die Früchte der Äcker diesen Rohstoff liefern, ja damit sie selbst überhaupt in den nötigen Mengen wachsen, brauchen sie Dünger. Phosphate, also Phosphor in Verbindung mit Sauerstoff und anderen Elementen, sind neben Stickstoff und Kalium Grundbestandteil jedes Düngemittels. Phosphat gewinnt man durch Bergbau aus Mineralien wie Apatit. Der Löwenanteil der 224 Millionen Tonnen Phosphaterz, die 2013 weltweit gefördert wurden, ging in Düngemittel, aber auch in Viehfutter sowie in Zusätze von Wurst, Käse, Speiseeis oder Cola. Wenige Prozent stecken in Wasch-, Flamm- und Korrosionsschutzmitteln – und in Sprengstoffen.

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Der US Geological Survey schätzt die Vorräte in der Erdkruste, die mit machbarem Aufwand und akzeptabler Qualität zu fördern sind, auf 67 Milliarden Tonnen. Demnach würden sie noch rund 300 Jahre reichen. Doch das ist umstritten. So geht Dana Cordell von der Technischen Universität Sydney in Australien davon aus, dass die Vorräte viel früher erschöpft sein werden: Da Phosphor etwa auch in Batterien für Elektroautos benötigt wird, könnten die Reserven schon in 50 bis 100 Jahren aufgezehrt sein.

„Die meisten Wissenschaftler glauben, dass in rund 20 Jahren der Zeitpunkt der maximalen globalen Produktionsrate von Phosphor erreicht sein wird”, sagt Inga Krämer vom Leibniz-Institut für Ostseeforschung in Warnemünde, wissenschaftliche Koordinatorin des Wissenschaftscampus Rostock. Danach wird die Produktion den Bedarf nicht mehr decken können. Was alle nervös macht, ist, dass es für Phosphor keine Alternative gibt. Phosphor ist genauso elementar für unser Überleben wie Wasser. „Wenn wir tatsächlich nur noch Zeit bis 2030 haben, dann werden die Konsequenzen viel dramatischer sein als alles, was wir derzeit zum Thema Klimawandel diskutieren”, fürchtet deshalb James Elser, Biologe an der Universität von Arizona in Tempe.

Einen kleinen Vorgeschmack darauf gab es 2007 und 2008: Da explodierte der Preis für eine Tonne Rohphosphat in wenigen Monaten von rund 50 auf über 400 US-Dollar – das Achtfache. Die Ursachen: Die USA hatten ihre Exporte eingestellt und China seinen Phosphormarkt abgeschottet. In Indien, das selbst über keine Vorkommen verfügt, gab es tumultartige Szenen auf den Straßen, als Bauern die Geschäfte plünderten, um die letzten Packungen Mineraldünger zu ergattern.

Inzwischen hat sich der Markt wieder beruhigt, der Preis liegt aktuell bei etwa 115 US-Dollar. Doch die Nervosität ist geblieben. Denn ein Problem besteht weiter: die ungerechte Verteilung der Vorräte. Nur fünf Länder der Welt verfügen über fast 90 Prozent der bekannten Phosphorvorkommen – allen voran Marokko (mit der Westsahara), das alleine fast 75 Prozent der Reserven hält, dazu China, Algerien, Syrien und Südafrika.

Deutschland ist abhängig von Phosphatimporten, genauso wie ganz Europa. Denn es gibt auf dem Kontinent nur eine einzige Phosphormine im finnischen Siilinjarvi. Die Europäer stehen mit dem Rücken zur Wand. Doch die Wissenschaftler sehen eine Lösung – eine, die Deutschland ohnehin bestens beherrscht: Recycling.

Knochen als Rohstoffquelle

Dutzende Verfahren, Phosphor zurückzugewinnen, wurden und werden erforscht, die meisten in Deutschland. Ganz vorn stehen die Fachleute des Wissenschaftscampus Rostock: Sie haben eine Methode zur Behandlung von Schlachtabfällen entwickelt. Seit der BSE-Krise werden diese Abfälle, die viel Phosphat enthalten, nicht mehr zu Tiermehl als Viehfutter verarbeitet. Die Rostocker holen die Tierknochen aus dem Abfall, scheiden erst Fleischreste und Fett ab und entziehen dann Gelatine. Danach werden die Knochen pyrolisiert, das heißt ohne Sauerstoff verkohlt, wodurch auch die Antibiotika eliminiert werden, die sich im Lauf des Tierlebens in den Knochen abgelagert haben. Übrig bleibt sogenannte Knochenkohle. „Sie ist Holzkohle sehr ähnlich”, sagt Peter Leinweber vom Lehrstuhl für Bodenkunde der Universität Rostock. „Nur hat sie das Kalzium-Magnesium-Phosphatgerüst der Knochen in sich.” Rund 15 Prozent beträgt der Gehalt an Phosphaten (gemessen in der branchenüblichen Einheit P2O5, also Phosphorpentoxid, auf das alle anderen Phosphate umgerechnet werden). Im Prinzip ist das bester Dünger, zumal die Kohle die Struktur des Ackerbodens verbessert.

Allerdings: Die meisten Pflanzen können das Phosphat nicht herauslösen – es ist zu fest in den Pyrolyse-Rückstand eingebaut. Das ist zwar auch bei normalen mineralischen Rohphosphaten der Fall. „Doch während diese üblicherweise durch den Zusatz ätzender Säuren aufgeschlossen werden, haben wir eine andere Lösung ohne harte Chemikalien gefunden”, sagt Leinweber. Wie sie aussieht, will er nicht verraten, weil das Patentierungsverfahren noch läuft. „Nur so viel: Wir verändern die Oberfläche der Knochenkohle so, dass sie nicht nur Phosphate bioverfügbar macht, sondern auch Schadstoffe im Boden bindet – vor allem Kadmium, das viele Böden belastet.” Das Verfahren schlägt also zwei Fliegen mit einer Klappe. Tests auf Raps- und Wintergerste-Feldern seien sehr vielversprechend ausgefallen, sagt Leinweber. Und: „In drei bis fünf Jahren könnte es in die Anwendung gehen.”

Bei anderen Verfahren zieht man den Phosphor nicht aus den Resten der Fleischwirtschaft, sondern aus denen von Kläranlagen. Klärschlamm, den Bauern früher direkt auf ihre Felder schütteten, ist heute mit Schwermetallen wie Blei und Kadmium sowie organischen Schadstoffen belastet. Nur wenn gewisse Grenzwerte eingehalten werden, darf er noch eingesetzt werden. Der meiste Klärschlamm wird deshalb verbrannt – wobei die Asche 7 bis 13 Prozent Phosphate enthält und als Dünger verwertbar ist – wenn der Schlamm allein, also nicht mit anderem Müll mitverbrannt wird und man die Asche nachbehandelt.

Phosphor aus der Asche

Eine entsprechende Technologie hat die deutsche Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) in Berlin zusammen mit der österreichischen Firma AshDec entwickelt: „Wir behandeln die Asche bei 1000 Grad Celsius mit Magnesiumchlorid”, erklärt BAM-Forscher Christian Adam. „Das Chlorid reagiert mit den Schwermetallen, die dann verdampfen und aufgefangen werden. Gleichzeitig reagiert das Magnesium mit den Phosphaten, die nicht gut bioverfügbar sind, und schließt sie auf.” Übrig bleibt eine Art feiner Sand. Allerdings haben Tests ergeben, dass er alkalische Böden nicht gut düngt. „Darum haben wir weiter experimentiert und nun mit Natriumsulfat statt Magnesiumchlorid eine Asche gewonnen, die auf allen Böden einsetzbar ist”, sagt Adam.

Eigentlich sollte das Verfahren längst in einer industriellen Anlage in Berlin, die AshDec mit Partnern bauen wollte, zum breiten Einsatz kommen. Doch das Vorhaben liegt auf Eis. Der Absatz des Produkts ist noch nicht gesichert – zum einen, weil öffentliche Kläranlagen aufgrund der geltenden Gesetze keine dauerhafte Lieferung des Rohstoffs garantieren können, zum anderen, weil man durch die zuletzt wieder gesunkenen Preise noch etwas teurer produziert als herkömmliche Düngemittelhersteller: „ Wir liegen ungefähr bei 2 Euro pro Kilogramm, die anderen bei 1,75 Euro”, berichtet Adam.

Bereits verkauft wird dagegen ein anderes Phosphorprodukt aus Klärschlamm: Magnesium-Ammoniumphosphat, auch Struvit genannt. Diese Substanz fällt bei vielen Kläranlagen ohnehin an, ja sie verstopft sogar die Rohrleitungen, wenn man sie nicht abschöpft. Die Berliner Wasserbetriebe haben daraus ein Geschäft gemacht: „ Der pH-Wert des Klärschlamms wird erhöht, zum Beispiel durch Zugabe von Laugen, und das Struvit gezielt mit Magnesiumsalz ausgefällt, wenn der Klärschlamm aus dem Faulturm kommt”, erklärt Christian Kabbe, Chemiker am Kompetenzzentrum Wasser in Berlin. So verhindern die Wasserbetriebe nicht nur das Verkrusten ihrer Anlagen, sondern verbessern auch die nachfolgende Entwässerung des Schlamms, bevor er thermisch verwertet wird. Die Wasserbetriebe sparen so mehrere Hunderttausend Euro pro Jahr an Entsorgungs- und Instandhaltungskosten. Und das Struvit wird unter dem Namen „Berliner Pflanze” als Dünger verkauft. Es ist ohne weitere Aufbereitung einsatzbereit und genauso effektiv wie vergleichbare Mineraldünger.

Auswaschen mit Kohlendioxid

Allerdings hat auch diese Technologie ihre Grenzen: Sie zieht gelöstes Phosphat nur aus der Flüssigphase des Klärschlamms, nicht aus den festen Anteilen, und erreicht daher nur 5 bis maximal 20 Prozent des gesamten Phosphorgehalts. Und sie funktioniert nur bei biologisch, also mit Mikroorganismen arbeitenden sogenannten Bio-P-Kläranlagen. Die aber machen bloß etwa ein Viertel der rund 10 000 deutschen Kläranlagen aus. „Es spricht jedoch nichts dagegen, diese Technologie mit anderen Verfahren zu kombinieren”, sagt Christian Kabbe.

Der Chemiker ist Koordinator des EU-Forschungsprojekts „P-REX” , das praxisnahe Verfahren zur Rückgewinnung von Phosphor demonstriert und bewertet. Er verweist auf das vielversprechende Budenheim-Verfahren, entwickelt von der Chemischen Fabrik Budenheim im gleichnamigen Ort bei Mainz. Es zieht die Phosphate aus der festen Phase des Klärschlamms – ebenfalls nicht mit harten Säuren, sondern mit einfachem Kohlendioxid. Das gibt es an einer Kläranlage, die im Faulturm Biogas produziert, ohnehin in rauen Mengen. Das CO2 wird in den Schlamm gepresst und löst als Kohlensäure die Phosphate großenteils zurück in die Flüssigphase, von wo sie wie gehabt ausgefällt werden. „Auch das daraus entstehende Produkt ist im Prinzip gleich einsetzbar”, sagt der Chemiker Kabbe.

Es gibt noch viele andere Technologien – solche, die das Phosphat mit speziellen Magnetpartikeln aus dem Klärschlammwasser ziehen, solche, die das mit Nanofiltern tun, und sogar solche, die direkt an der Toilette ansetzen: Die schweizerische Wasserforschungsanstalt Eawag in Dübendorf bei Zürich leitet den im Institut über Rohre gesammelten Urin in einen Reaktor, in dem die wertvollen Mineralstoffe in mehreren Schritten ausgefällt und gereinigt werden. Urin enthält etwa fünf Prozent Phosphat, wie schon der Entdecker des Phosphors, der Hamburger Apotheker Henning Brand, vor gut 350 Jahren herausfand (siehe Kasten „Die wundersame Entdeckung des Phosphors”, S. 50).

Ziel: Absatzmärkte schaffen

Im Boden kann man in den Phosphorkreislauf eingreifen: Mikroorganismen wie Mykorrhiza-Pilze können die Verfügbarkeit erhöhen. Sie leben in Symbiose mit den Pflanzen und schließen die unlösbaren Phosphate im Boden für deren Wurzeln auf. Oder man filtriert Phosphate aus den Drainagen der Äcker, sodass letztlich weniger überschüssige Nährstoffe im Meer landen und dort für Algenblüten sorgen. „Viele Verfahren können bei der Lösung des Problems helfen”, sagt der Rostocker Bodenkundler Peter Leinweber. „Wir sollten sie alle weiterverfolgen.”

Dabei ist es wichtig, nicht nur Phosphate zurückzugewinnen, sondern auch Absatzmärkte zu schaffen: „Wie das Recyclingphosphat vermarktet werden soll, ist noch offen”, betont Christian Kabbe, „ auch, weil die politischen Rahmenbedingungen fehlen.” Deutschland brauche dringend eine Verordnung, die nicht nur klare Ziele zur Phosphorrückgewinnung vorgibt, sondern auch die anschließende Verwertung berücksichtigt – so wie das in der Schweiz künftig geschehen soll. Dadurch würde Planungssicherheit für die Unternehmen geschaffen, die viele Millionen Euro in große industrielle Anlagen investieren. „Wir haben jahrelang geforscht und Wissen generiert. Nun ist es höchste Zeit, es anzuwenden”, fordert Kabbe.

Am Ende könnte man mit den aus Abwasser und Tierresten gewonnenen Phosphaten etwa 60 Prozent der deutschen Importe von gut 100 000 Tonnen pro Jahr ersetzen. Manche Experten halten sogar 100 Prozent für möglich – also einen komplett autarken deutschen Phosphormarkt –, wenn auch Gülle, Pflanzen- und Speisereste effizienter genutzt würden.

Ein großes Potenzial zu mehr Effizienz liegt auch in der Landwirtschaft: „Zahlreiche Feldversuche haben ergeben, dass oft völlig unnötig gedüngt wird”, berichtet der Agrarforscher Wilhelm Römer von der Universität Göttingen. „Jüngste Erhebungen im ganzen Bundesgebiet haben gezeigt, dass 94 Prozent der 12 Millionen Hektar Ackerland ausreichend mit Phosphor versorgt sind. Bestimmte Regionen Nordrhein-Westfalens und Niedersachsens sind durch die riesigen Schweine- und Geflügelbestände sogar überdüngt.” Die Richtwerte zur Phosphordüngung aus dem Jahr 1997 lägen viel zu hoch und müssten entsprechend angepasst werden. Effizienz und Wiederverwertung können also das Schreckgespenst Phosphormangel vertreiben. „Die gute Nachricht ist”, sagt Inga Krämer vom Wissenschaftscampus Rostock, „dass man Phosphor immer wieder verwenden kann.” •

von Jan Berndorff

Kompakt

· Die weltweiten Phosphatvorräte konzentrieren sich auf wenige Länder.

· Wissenschaftler wollen den lebenswichtigen Phosphor aus Klärschlamm und Schlachtabfällen zurückgewinnen.

· Deutsche Forscher sind bei den Technologien dafür weltweit an der Spitze.

Mehr zum Thema

Internet

Homepwage des P-Rex-Projekts: www.p-rex.eu

Website des Wissenschaftscampus Rostock: www.wissenschaftscampus-rostock.de

Seite der Technischen Universität Sydney zur weltweiten Phosphorforschungsinitiative: phosphorusfutures.net

Beitrag von Wilhelm Römer zur Düngewirkung von Phosphor aus neuen Recyclingprodukten: buel.bmel.de/index.php/buel/article/view/Roemer

Video

Doku des TV-Senders Arte zur Phosphorkrise: www.arte.tv/guide/de/046557–000/ die-phosphor-krise

Die wundersame Entdeckung des Phosphors

Eigentlich war der Hamburger Apotheker und Alchemist Henning Brand 1669 auf der Suche nach dem sagenumwobenen „Stein der Weisen” – einer Substanz, die imstande wäre, unedle Metalle wie Eisen oder Quecksilber in Gold und Silber zu verwandeln. Brand kam auf die eigenwillige Idee, diesen Stoff aus Urin zu gewinnen, indem er ihn erhitzte. Heraus kam eine weiße, wachsartige Substanz, die im Dunkeln leuchtete, hoch entzündlich war und grellweiß brannte. Brand nannte sie „kaltes Feuer”, Fachkollegen bezeichneten sie später als „phosphorus mirabilis” („wundersamer Lichtträger”). Der Phosphor war entdeckt.

Zuvor hatte man nur zwölf chemische Elemente wie Gold, Eisen und Schwefel gekannt – alle bereits seit der Antike. Phosphor war das erste entdeckte Element der Neuzeit. Brand verkaufte die neue Substanz und sein Produktionsverfahren, doch reich wurden damit andere. Zunächst nutzte man Phosphor vor allem für Zündhölzer, erst Mitte des 19. Jahrhunderts erkannte man sein Potenzial als Dünger. Dazu werden schwer lösliche Phosphate mit Mineralsäuren aufgeschlossen, damit die Pflanzen sie schneller aufnehmen können. Die besten Phosphatquellen fand man dort, wo viele Vögel ihren Kot auf Kalkstein hinterlassen hatten. Dieser Guano enthielt bis zu 40 Prozent Phosphat und bildete zum Beispiel auf Nauru im Südpazifik bis zu 25 Meter dicke Schichten. Ende des 20. Jahrhunderts waren die weltweiten Guano-Vorräte weitgehend abgetragen.

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