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Wanzen in deutschen Betten auf dem Vormarsch

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Wanzen in deutschen Betten auf dem Vormarsch
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Bettwanzen werden immer häufiger sogar in Hotels der oberen Klassen gesichtet. (Foto: Wikipedia gemeinfrei)
Die Bettwanze ist auf dem Vormarsch – zunächst vor allem in den USA, wo sich Experten sogar kürzlich zum „Bettwanzengipfel“ zusammenfanden. Das Problem der unliebsamen Bettgenossen beschränkt sich dort nicht mehr nur auf Studentenwohnheime, Jugendherbergen und fragwürdige Motels. Auch Krankenhäuser und Hotels der höheren Klassen sind befallen. In Deutschland sind die Blut saugenden Parasiten noch nicht ganz so weit verbreitet wie in Amerika, doch seit einigen Jahren sind Bettwanzen auch bei uns wieder ein großes Thema. Das erklärt Reiner Pospischil, der bei Bayer CropScience an der Erforschung von Insektiziden arbeitet.

Die unerwünschten Gäste im Schlafgemach sind kein neues Phänomen: Bis zur Mitte des vergangenen Jahrhunderts waren sie in Europa gang und gäbe. Vermutlich sind die Tiere von Fledermäusen auf unsere Vorfahren übergegangen, als diese begannen, es sich in Höhlen bequem zu machen. Tatsächlich gehört Cimex lectularius, wie die gemeine Bettwanze wissenschaftlich heißt, zu den häufigsten äußerlich lebenden Parasiten des Menschen. In den 50er Jahren wurde ihr in den Industrieländern mit Chlorkohlenwasserstoffen – beispielsweise DDT – der Garaus gemacht, und seitdem war es ruhig um den Blutsauger.

Doch in den vergangenen fünf Jahren häufen sich die Berichte von schlaflosen Nächten in Nobelhotels, von Bettwanzen verursacht. In Deutschland sind besonders Ballungsgebiete wie beispielsweise das Ruhrgebiet, Hamburg und Berlin betroffen. Rainer Gsell, Bundesvorsitzender des Deutschen Schädlingsbekämpfer-Verbandes in Essen, führt das darauf zurück, dass diese Gebiete besonders viel bereist werden, vor allem von kosmopoliten Geschäftsleuten. Und die können auch schon mal blinde Passagiere im Gepäck haben. „Da kann auch niemand was dafür“, fährt Gsell fort. Die Rückkehr der Bettwanzen hat nämlich nichts mit mangelnder Hygiene und Sauberkeit zu tun.

Vielmehr verstecken sich die flachen Biester in unerwarteten Ecken. Das Sofa an der Straße – bestimmt für den Sperrmüll, aber noch gut genug für den eigenen Keller – kann Wanzen eintragen. Möbel, Koffer, Bilderrahmen, Bücher und Poster aus Secondhand-Läden und von Flohmärkten können ebenso verseucht sein. Selbst mit neuen Matratzen kommen die Parasiten manchmal schon mit, wenn beispielsweise mit demselben Lieferwagen auch alte Matratzen abgeholt werden.

Einmal eingeschleppt, halten sich die etwa vier Millimeter langen Tiere zumeist in Bettnähe auf, wo sie nachts ihrem Wirt das Leben schwer machen. Sie sind flach wie ein Blatt Papier und verbergen sich tagsüber oft hinter Tapeten und Postern, in Ritzen und unter Matratzen. Nach einer Blutmahlzeit können sie sechs bis zwölf Monate ohne Futter in ihrem Versteck ausharren. Die weißen Eier sind nur etwa einen Millimeter groß und mit dem bloßen Auge kaum ausfindig zu machen. Doch hinterlassen die nächtlichen Blutsauger oft dunkle Kotspuren in der Bettwäsche, sowie einen einschlägigen Geruch im Zimmer. Übrigens kommen die ungebetenen Gäste immer von unten, nie von oben: „Es ist ein Märchen, dass Bettwanzen sich von der Decke auf den Wirt runterfallen lassen“, sagt Pospischil.

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Ihr Opfer finden die Biester anhand der Körperwärme. Der Stich selbst ist im Allgemeinen schmerzlos, doch kann das Speichelsekret Juckreiz und Quaddeln auslösen. „Es gibt Menschen, die reagieren sehr empfindlich auf Bettwanzenstiche“, erläutert Pospischil. Andere merken kaum, dass sie einen nächtlichen Besucher hatten. Immerhin muss sich der Gestochene nicht um eingetragene Infektionen sorgen, denn bisher ist keine Krankheitsübertragung durch Wanzen bekannt, so der Experte.

Haben sich die Parasiten eingeschlichen, muss der Spezialist ran. Er weiß, wo die Tiere sitzen und wie ihnen beizukommen ist: mit Chemie. Gsell rät davon ab, die Bekämpfung selbst in die Hand zu nehmen, da die Gesundheitsbelastung durch chemische Keulen aus dem Handel oft weit größer ist als bei einer professionellen Behandlung. Der Schädlingsbekämpfer setzt nämlich nur soviel Wirkstoff ein wie nötig – das Mittel aus dem Baumarkt ist dagegen für einen Rundumschlag angelegt. Auch sind Eigeninitiativen in der Regel nicht erfolgreich. Gsell ist sich jedoch bewusst, dass die meisten Bürger zuerst auf eigene Faust versuchen, der Pest Herr zu werden: „Da ist die deutsche Hausfrau eher bereit, sich zu vergiften, als dass sie zugibt, dass sie Schädlinge im Haus hat.“

Ruft man den Experten, so sollte man bei einem Befall im Schlafzimmer damit rechnen, zwei Nächte nicht im eigenen Bett, wohl aber in der eigenen Wohnung schlafen zu können. Sämtliche Möbel im Zimmer müssen demontiert werden; Geräte wie Wecker, Radio, Fernseher und Lampen werden ebenfalls behandelt, desgleichen auch die Wäsche. Wichtig ist, die Wanzen nicht mit Kissen, Kleidung oder Kuscheltieren in andere Bereiche des Wohnraums zu verteilen. Eine einzige Behandlung kann reichen, doch mitunter muss der Spezialist auch mehrmals wiederkommen. Die Kosten der Schädlingsbekämpfung sind mit denen anderer Handwerksarbeiten vergleichbar.

ddp/wissenschaft.de – Christina Schallenberg

 

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