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HIV-Diagnose per Smartphone

Technik|Digitales

HIV-Diagnose per Smartphone
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Blick auf das ans Handy angesteckte MInilabor (Samiksha Nayak, Columbia Engineering)
Smartphones sind längst zu elektronischen Gesundheitshelfern geworden: Sie überwachen den Schlaf, zählen Schritte und Puls und ermahnen uns, mehr Sport zu treiben. Ein internationales Forscherteam hat dies nun einen Stufe weiter getrieben: Sie ergänzten das Handy um ein kleines Labormodul und setzten es erfolgreich ein, um in Ruanda Patienten auf HIV und Syphilis zu testen. Weil das Mini-Smartphone-Labor keinen eigenen Strom benötigt und einfach und schnell funktioniert, eignet es sich gut für den Einsatz in Entwicklungsländern, wie die Forscher betonen.

Bisher erfordert die Diagnose von Krankheiten wie Aids oder Syphilis aufwändige Labortests mit Geräten, die eine geregelte Stromversorgung benötigen und zudem teuer sind. Doch gerade in Entwicklungsländern, in denen diese sexuell übertragbaren Infektionen weit verbreitet sind, fehlen oft Mittel und Infrastruktur für solche Labore. Tassaneewan Laksanasopin von der Columbia University in New York und seine Kollegen haben daher nach einer Testmethode gesucht, die so einfach, schnell und günstig ist, dass sie auch in armen Regionen eingesetzt werden kann. Sie kamen auf die Idee, ein Smartphone um eine kleine, ansteckbare Laboreinheit zu ergänzen. „Wenn man die Mikrofluid-Technologie mit dieser Alltagselektronik verbindet, dann macht dies eine normalerweise laborbasierte Diagnostik überall da verfügbar, wo es auch Smartphones gibt“, erklärt Seniorautor Samual Sia von der Columbia University.

Simpel und stromsparend

Das Minilabor ist klein und leicht genug, um mitsamt Handy in eine Hand zu passen. Konkret besteht es aus einem geknickten Plastikbehälter, der im oberen Teil bereits eingefüllte Reagenzien für drei verschiedene Immuno-Assays enthält. Diese Tests reagieren auf krankheitsspezifische Antikörper im Blut des Patienten und können so HIV und eine aktive sowie inaktive Syphilis nachweisen. Um einen Patienten zu testen, reicht ein Tropfen Blut aus der Fingerspitze, der verdünnt auf den unteren Teil des Behälters gegeben wird. Dieser Behälter wird dann in einen zweiten eingeschoben, der mit dem Smartphone verbunden ist. Um das Blut in den Testbereich zu bringen, genügt ein Druck auf eine kleine Gummipumpe, die ein Vakuum erzeugt und das Blut einsaugt. Die Ergebnisse der Antikörpertests werden von einem Chip ausgelesen und über die Lautsprecherbuchse des Handys an eine dort installierte Software übertragen. Nach jedem Test lässt sich das Minilabor reinigen und wieder verwenden.

Weil viele Komponenten mechanisch oder biochemisch funktionieren, benötigt das Minilabor kaum Strom. „Die Lautsprecherbuchse des Handys reicht aus, um den gesamten Analysevorgang samt Waschen und Datentransfer mit Strom zu versorgen“, erklären die Forscher. Das ermöglicht den Einsatz des Minilabors überall da, wo es keine geregelte Stromversorgung gibt. Wie Tests ergaben, reicht eine Akkuladung des Handys aus, um 41 Patienten auf HIV und Syphilis zu testen. Die Testreagenzien sind bei Raumtemperatur bis zu sechs Monate haltbar – auch das ein wichtiger Aspekt für den Einsatz in Entwicklungsländern. Mit einem Produktionspreis von rund 34 US-Dollar ist das Minilabor zudem um ein Vielfaches billiger als die normalerweise knapp 20.000 US-Dollar teure Laborausstattung, die sonst für diese Tests benötigt wird.

Hohe Genauigkeit trotz Miniaturisierung

Damit das Minilabor auch von ungelernten Helfern vor Ort eingesetzt werden kann, enthält die Software eine bebilderte Schritt-für-Schritt-Anleitung. Sie erscheint während der Testschritte auf dem Handybildschirm und gibt vor, was zu tun ist. Bei einem Feldtest in einer Klinik in Ruanda führten fünf einheimische Krankenschwestern den Test schon nach kurzer Schulung bei 96 Patienten durch. Um zu vergleichen, wie genau und zuverlässig die Ergebnisse sind, analysierten die Forscher eine zweite Blutprobe jedes Patienten mit herkömmlichen Laborgeräten. Weder sie noch die Helfer kannten dabei den Infektionsstatus der Patienten. „Mit einer Sensitivität von 92 bis 100 Prozent und einer Spezifität von 79 bis 100 Prozent entsprachen die Ergebnisse unseres Dreifachtests denen des medizinischen Goldstandards“, berichten Laksanasopin und seine Kollegen.

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Nach Ansicht der Forscher eröffnen solche ans Handy gekoppelten Minilabore damit ganz neue Möglichkeiten der medizinischen Versorgung und vor allem der Vorbeugung.  „Wenn wir auf diese Weise mehr Syphilis-Infektionen frühzeitig erkennen, können wir Todesfälle durch diese Krankheit um das zehn fache verringern“, erklärt Sia. Ähnliches gelte für HIV, das vor allem im südlichen Afrika noch immer grassiert. Auch hier eröffne das Minilabor neue Chancen für eine schnelle Diagnose und Therapie, was dazu beiträgt, die Ausbreitung der Krankheit einzudämmen. Die Forscher planen nun eine größere klinische Studie und hoffen, dass die Weltgesundheitsorganisation WHO das Minilabor offiziell zulässt, damit es so schnell wie möglich in den Entwicklungsländern eingesetzt werden kann.

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Quelle:

© wissenschaft.de – Nadja Podbregar
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