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Das Geheimnis des vollen Klangs

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Das Geheimnis des vollen Klangs
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Was macht den Klang einer Stradivari oder Guarneri so voll? (thinkstock)
Ob Stradivari, Amati oder Guarneri – die Violinen aus der Blütezeit des italienischen Geigenbaus glänzen bis heute durch ihren vollen Klang. Was ihnen diese einzigartige Klangqualität verleiht, haben nun US-Forscher genauer untersucht. Wie sie feststellten, spielt dafür unter anderem die Form der Schalllöcher eine entscheidende Rolle: Ihre typische, schmale f-Form sorgt dafür, dass die Luft optimal ausströmen kann. Je länger sie sind, desto besser ist es daher. Aber hatten die alten Geigenbaumeister dieses Prinzip begriffen? Nicht notwendigerweise, wie die Forscher belegen.

Heute ist das geschwungene, schmale Schallloch typisch für Streichinstrumente wie Violinen, Bratschen oder Celli. Doch bei den Vorläufern dieser Instrumente, den Fideln und Rebecs des Mittelalters, sahen sie noch deutlich anders aus: Sie waren rundlicher und glichen eher Halbmonden oder Kommas. Erst mit Beginn der Spätrenaissance um 1550 und in der Blütezeit des Geigenbaus im 17. und 18. Jahrhundert wurden die Schalllöcher immer länger, schmaler und verschnörkelter. Welchen Einfluss dies auf die Klangqualität der Geigen hatte, haben Hadi Nia vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Cambridge und ihre Kollegen untersucht. Für ihre Studie sammelten die Forscher technische Zeichnungen, Röntgenaufnahmen und Scans von Violinen der klassischen Periode. Anhand dieser Informationen erstellten sie Modelle der verschiedenen Geigen und analysierten ihre akustischen Eigenschaften in einem Computermodell. Zudem führten sie akustische Messungen durch, um die Klangfülle der Violinen zu ermitteln.

Je länger, desto besser

Das Ergebnis: Je dicker die Rückenplatte und je schmaler und länger das Schallloch ist, desto stärker ist die Klangfülle. Denn während die Luft entlang der Ränder besonders schnell strömt, spielt das Zentrum des Lochs für den Schall nur eine untergeordnete Rolle, wie die Forscher berichten. Daher ist ein Schallloch mit möglichst viel Rand und wenig Innenraum optimal – und genau das bieten die schmalen, verschnörkelten f-Löcher der klassischen Violinen. Tatsächlich scheint es fast so, als hätten die Geigenbauer von Cremona dies gewusst: „In der Zeit der renommierten Werkstätten von Amati, Stradivari und Guarneri in Cremona nahm die Länge der f-Löcher noch einmal um rund 30 Prozent zu“, berichten Hadi Nia vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Cambridge und ihre Kollegen. Dadurch nahm die akustische Kraft der Geigen sogar noch einmal um rund 60 Prozent zu.

War es Absicht oder Zufall?

Die große Frage aber ist: Hatten die Geigenbauer erkannt, dass die Länge des f-Lochs die entscheidende Rolle spielt oder waren ihre Verbesserungen eher eine auf Versuch und Irrtum beruhende Entwicklung. Um das herauszufinden, fütterten die Forscher ein weiteres Computermodell mit den Daten von hunderten von klassischen Geigen. Sie prüften darin, ob die Veränderungen systematisch erfolgt sein müssen oder ob sie auch durch eine Art natürliche Evolution erklärbar sind – vorangetrieben durch kleine Abweichungen beim Nachbau. „Wenn man versucht, ein Schallloch exakt zu kopieren, macht man immer kleine Fehler, man erhält selten eine absolut perfekte Kopie“, erklärt Seniorautor Nicholas Makris von MIT. „Die von uns ermittelten Abweichungen liegen bei etwa zwei Prozent.“

Nach Ansicht der Forscher könnten diese zufälligen, durch das Handwerk bedingten Abweichungen schon genügen, um die allmähliche Entwicklung der Geigen zu einem immer volleren Klang zu erklären. Die Geigenbauer müssen demnach den Zusammenhang von Schallloch-Form und Klang nicht bewusst verstanden haben, um ihre Violinen nach und nach zu verbessern. „Die Menschen hörten sich den Klang der Instrumente an und wählten danach aus, welches Modell sie nachbauen wollten“, so Makris. Ob sie dabei begriffen, dass die Länge des Schalllochs das Entscheidende war, lässt sich heute nicht mehr eindeutig feststellen. Es ist aber gut möglich, dass sie dies nicht durchschauten. „Sie wussten vielleicht nur, welches Instrument gut war und daher für die nächste Violine nachgebaut werden sollte“, erklärt der Forscher.

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Quelle:

© wissenschaft.de – Nadja Podbregar
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