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Gigant in der Wüste

Astronomie|Physik Technik|Digitales

Gigant in der Wüste
Keiner spricht mehr darüber: das OWL-Teleskop.

Um tiefer ins All zu blicken, bauen Astronomen immer größere Spiegelteleskope. Die aktuellen Rekordhalter besitzen einen Hauptspiegel mit 10 Meter Durchmesser. 2004 hatte die Europäische Südsternwarte (ESO) Pläne für ein Projekt veröffentlicht, das alles Bisherige in den Schatten zu stellen versprach: das Overwhelmingly Large Telescope (OWL), geplanter Hauptspiegeldurchmesser: 100 Meter. Die Großanlage sollte bis 2020 in der Atacama-Wüste in Chile entstehen (bild der wissenschaft 1/2005, „Big is beautiful“).

Zehn Jahre nach der ersten Ankündigung hat die Astronomen-Organisation begonnen, die Spitze des Cerro Armazones zu sprengen und das Terrain zu planieren. Doch statt des „ überwältigend großen“ Teleskops entsteht dort jetzt ein „extrem großes“, mit einem Hauptspiegel von 39 Meter Durchmesser – immerhin knapp vier Mal so groß wie der aktuelle Rekordhalter. Die ursprünglichen OWL-Pläne indes sind 2006 in der Schublade verschwunden.

„Solch ein Riesenteleskop zu beherrschen, galt damals als technisch zu risikoreich“, sagt Jochen Liske, Astronom an der Europäischen Südsternwarte. Stattdessen entwarfen die Planer das European

Extremely Large Telescope (E-ELT). Seine Größe ergab sich maßgeblich aus dem vorrangigen Forschungsziel: den extrasolaren Planeten. „Wir wollen mit unserem Teleskop einen erdähnlichen Planeten bei einem sonnenähnlichen Stern erkennen können“, erklärt Liske.

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Bislang schließen die Astronomen aus Intensitätsschwankungen im Licht eines Sterns, dass hier ein Exoplanet sein Zentralgestirn umkreist. Eine direkte Beobachtung steht aber noch aus. Die Auflösung eines Teleskops – also die Schärfe der Himmelsbilder – hängt von der Größe des Hauptspiegels ab. Mit dem geplanten 39-Meter-Goliath sollte das Forschungsziel erreichbar sein.

Doch solch ein Spiegel lässt sich nicht in einem Stück produzieren. Die Obergrenze liegt zurzeit bei 8 Metern. Liske beschreibt, wie die Astronomen trotzdem auf die gewünschten 39 Meter kommen wollen: „Der Hauptspiegel wird zusammengesetzt aus 798 hexagonalen Segmenten mit einem Durchmesser von je 1,4 Metern. Sie werden einzeln aufgehängt und so arrangiert, dass alle 798 zusammen eine perfekte Spiegeloberfläche ergeben.“

Das Teleskop soll 2024 das erste Licht einfangen, die Baukosten liegen bei 1,1 Milliarden Euro. Liske ist zuversichtlich, dass dieser Plan eingehalten wird: „Technisch waren wir früher fertig und hätten schon 2010 anfangen können zu bauen. Aber wir sind durch die Finanzkrise aufgehalten worden.“

Auch in den USA hat die Finanzkrise Großprojekte verzögert. Gleich zwei Riesenteleskop-Vorhaben konkurrieren dort mit dem geplanten Coup der Europäer: Das Giant Magellan Telescope (GMT) mit einem Durchmesser von 24,5 Metern soll ebenfalls in der Atacama-Wüste entstehen, und auf Hawaii ist das Thirty Meter Telescope (TMT) geplant. Hinter diesen Projekten stehen renommierte Universitäten wie die Harvard-Universität und das Caltech. Das E-ELT hingegen ist ein Projekt von 14 europäischen Staaten plus Brasilien. Dass innerhalb der USA gleich zwei Riesenteleskope geplant sind, sei „auf Rivalitäten zwischen den Universitäten zurückzuführen“, meint Liske.

Dem ESO-Astronomen ist vor den US-Konkurrenzprojekten nicht bange: „Sie sind kleiner als unseres, und der Bau noch größerer Teleskope steht in den Sternen. Das E-ELT wird daher bei seiner Fertigstellung nicht nur das größte Teleskop der Welt sein, sondern auch die bodengestützte Anlage der Astronomie für die nächsten Dekaden.“ Martin Scheufens

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