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Körper im jugendlichen Zell-Kleid: Forscher suchen nach dem Jungbrunnen in menschlichen Zellen

Erde|Umwelt Gesundheit|Medizin

Körper im jugendlichen Zell-Kleid: Forscher suchen nach dem Jungbrunnen in menschlichen Zellen
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Kultivierte Zellen mit grün eingefärbten Mitochondrien
Das menschliche Gewebe ist an vielen Stellen erheblich jünger als der Mensch selbst. Auch in einem 90-Jährigen sind die Zellen im Schnitt nur etwa 15 Jahre alt. Über Teilung, Reparatur und Regeneration hält sich das Gewebe jung. Forscher setzen daher vor allem auf die Zellreparatur, um das Altern aufzuhalten.

Manche Zellen des Menschen überleben nicht einmal eine Eintagsfliege. Andere bringen es immerhin auf das Alter eines Fadenwurmes. Aber nur wenige werden genauso alt wie der Mensch selbst. Denn je nach Funktion und Herkunft hat das Körpermaterial eine höchst unterschiedliche Lebenserwartung. Die Hautzellen der Lippen werden zum Beispiel nur zwei Wochen alt. Die Haut hält eine Woche länger durch. „Besonders kurzlebig sind die Schleimhautzellen im Magen. Sie verabschieden sich schon nach zwei Tagen“, sagt Thomas Hofmann, Alternsforscher am Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg. Im Schnitt erreichen die menschlichen Zellen ein Alter von 15 Jahren.

„Je mehr Gifte eine Zelle abbekommt, desto rascher geht sie vermutlich zu Grunde und wird durch eine neue ersetzt“, erläutert Hofmann. Sind die Zellen fortwährend aggressiven Umwelteinflüssen ausgesetzt, wie es in den Schleimhäuten oder der Haut der Fall ist, werden sie rasch ausgetauscht, um Schäden zu vermeiden. Dagegen werden geschützt liegende Zellen beispielsweise im Muskel oder in den Organen mehrere Jahre alt. Sie erneuern sich nur sehr langsam.

Doch trotz jugendlichem Zellkleid altert der Körper unentwegt. Die Kraftwerke der Zellen, die Mitochondrien, verlieren an Vitalität. Sie werden bei der Zellteilung stets weitergegeben. Lediglich die Fassade der Zelle wird renoviert, das Herzstück bleibt erhalten. So sammeln sich im Erbgut der Zelle im Lauf des Lebens immer mehr Schäden an. „Diese Defekte entstehen zum Beispiel durch Hitze, Sonne, Stress oder Strahlung“, erklärt Ralf Baumeister, Alternsforscher von der Universität Freiburg.

Sobald eine Zelle zu marode wird, bleiben nur drei Auswege, um dem endgültigen Versagen zu entrinnen: Die Zelle repariert sich, sie fällt in einen Dornröschenschlaf oder sie bringt sich um. „Eine Reparatur ist wie bei einem alten Auto immer möglich, aber sie kostet Energie. Bei all zu vielen Macken ist es energetisch günstiger für die Zelle, Selbstmord zu begehen oder in einen Schlummerzustand, den wir Seneszenz nennen, zu verfallen“, verdeutlicht Baumeister.

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Besonders in den fruchtbaren Jahren eines Menschen entscheidet sich der Körper vorzugsweise für die aufwändige Reparatur. Im Alter wird unterdessen der sparsame Weg des Zelltodes oder der Seneszenz bevorzugt. Mit den Lebensjahren nimmt daher die Zahl der passiven oder toten Zellen im Körper exponentiell zu.

Falls eine Zelle zu Grunde geht, teilt sich in einigen Geweben wie der Haut eine gesunde benachbarte Zelle und ersetzt die Verstorbene. Dieser Teilungsvorgang funktioniert jedoch bei allen menschlichen Zellen nur vierzig bis fünfzig Mal, dann ist die Zelle an ihrem Lebensabend angekommen.

„Es gibt allerdings einen zweiten Mechanismus im Körper, neue Zellen zu produzieren. Jedes Gewebe verfügt über ein Reservoir an Stammzellen, die gerufen und dazu veranlasst werden können, sich in gewebespezifische Zellen zu differenzieren“, berichtet Baumeister. „Wir wissen aber noch nicht genau, wie und wann die Stammzellen alternde Zellen ersetzen“, ergänzt Hofmann. Bisher fehlt den Forschern jeglicher Anhaltspunkt, diesen Jungbrunnen zum Sprudeln zu bringen.

Zwar könnten die Forscher auch die Zellteilung anregen, um die Alterung zu verlangsamen. Aber dies ist „ein zweischneidiges Schwert“, wie Hofmann betont. Wird die Zellteilung beschleunigt, steigt die Gefahr für Krebs. Krebszellen zeichnen sich nämlich gerade dadurch aus, dass sie sich selbst immer weiter teilen, ohne abzusterben.

So setzen die Alternsforscher lieber auf eine andere Methode, die Lebensdauer der Zellen zu verlängern. Sie suchen nach einem Schalter für die Zellreparatur, damit die Zelle sich von Schäden wieder erholen kann. Baumeisters Team hat bereits einen Weg entdeckt, wie sich das Reparatur-Programm der Zellen anwerfen lässt. Es wird über das insulinähnliche Hormon IGF gesteuert. Über Hundertjährige verfügen über auffällig niedrige Gehalte dieses Hormons. In Taufliegen und Fadenwürmern versechsfacht sich die Lebenserwartung, wenn die IGF-Produktion mit einem gentechnischen Eingriff gedrosselt wird.

„Die Zellreparatur ist gegenwärtig der aussichtsreichste Ansatzpunkt, um das Altern der Zellen aufzuhalten“, meint Hofmann. Eintagsfliegen unter den menschlichen Zellen könnten damit länger leben und schlummernde aus ihrem Dornröschenschlaf geweckt werden. Die langlebigen, gesunden Zellen könnten dabei helfen, Alterserkrankungen wie Alzheimer, Herz-Kreislauferkrankungen und Krebs zu bekämpfen. „Es geht uns nicht darum, die Lebenserwartung auf Biegen und Brechen zu verlängern“, stellt Baumeister klar. „Aber zehn gesunde Jahre mehr im Alter, das ist unser Ziel.“

ddp/wissenschaft.de – Susanne Donner
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