Die auf Madagaskar und im Jemen vorkommenden Panther-Chamäleons sind extrem auffallend und bunt: Ausgewachsene Männchen tragen grelle Muster aus grünen, blauen und roten Stellen, unterbrochen von weißen Streifen. Wenn dann ein Männchen einen Rivalen oder ein potenziell empfängnisbereites Weibchen sieht, dann beginnt es zusätzlich, seine Farben zu ändern: „Das Chamäleon wechselt dann die Hintergrundfarbe seiner Haut von grün zu gelb oder orange, blaue Stellen werden weißlich und rote werden noch intensiver“, beschreiben Jérémie Teyssier von der Universität Genf und seine Kollegen den Prozess. Das Ganze geschieht innerhalb nur weniger Minuten und ist komplett reversibel: Sobald sich das Tier wieder abregt, nimmt es seine vorherige vorwiegend grün-bunte Färbung wieder an.
Kristalle in der Haut
Das Ungewöhnliche daran: Dieser Farbwechsel deutet daraufhin, dass das Chamäleon dabei die Spektralfarbe des reflektierten Lichts allmählich verändert. Das aber lässt sich durch einfaches Ausdehnen oder Zusammenziehen von Pigmentzellen in der Haut nicht erklären – den Mechanismen, durch die Chamäleons normalerweise ihre Farbe ändern. Beim Panther-Chamäleon müssen daher neben Pigmenten auch Strukturfarben im Spiel sein, wie die Forscher erklären. Bei diesen Farben manipulieren Nanostrukturen in der Haut das reflektierte Licht und lassen so selektiv nur bestimmte Farbanteile zurückscheinen. Um ihre Vermutung zu überprüfen, analysierten Teyssier und seine Kollegen die Haut von mehreren adulten Männchen, Weibchen und von Jungtieren des Panther-Chamäleons.
Und tatsächlich entdeckten die Forscher in der Haut der Chamäleon-Männchen Ungewöhnliches: Sie ist im Gegensatz zu der anderer Echsen und Chamäleons aus zwei Schichten spezialisierter Zellen aufgebaut. In diesen sogenannten Iridiophoren befinden sich Kristalle aus Guanin in unterschiedlichen Größen und Anordnungen. Die untere Schicht dient dabei offenbar nur als ein nicht veränderbarer aber heller Hintergrund. Hier liegen größere Kristalle, die rund die Hälfte des einfallenden Lichts reflektieren, wie die Forscher berichten. Für den Farbwechsel entscheidend ist aber die obere Hautschicht, die nur bei adulten Männchen voll ausgebildet ist. In ihr bilden kleinere Guanin-Kristalle ein regelmäßiges Gitter. „Diese Schicht hat das Potenzial, sich wie ein photonischer Kristall zu verhalten“, erklären die Forscher. Denn die regelmäßige Kristallanordnung kann das Licht auf selektive Weise reflektieren und so die Färbung verändern.
Der Abstand macht’s
Wie diese Kristalle den Farbwechsel bewirken, zeigten nähere Untersuchungen: „Wie wir feststellten, verändert sich die Größe der Kristalle zwar nicht, wohl aber ihr Abstand zueinander“, berichten die Forscher. In Ruhe liegen die Kristalle eng beieinander. Regt sich das Chamäleon-Männchen aber auf, dann weichen die Kristalle auseinander – und verändern damit auch die optischen Eigenschaften dieser Hautschicht. „Bei einem solchen photonischen Kristall können schon kleine Veränderungen der Geometrie dramatische Veränderungen in der Farbe erzeugen“, so Teyssier und seine Kollegen. Und beim männlichen Panther-Chamäleon verändert sich der Kristallabstand zwischen Ruhe- und Anregungszustand immerhin um 30 Prozent. Nach Ansicht der Forscher ist es daher wahrscheinlich, dass diese Veränderung dafür sorgt, dass sich das Spektrum des reflektierten Lichts vom kurzwelligen blau-grünen in den langwelligen rötlichen Bereich verschiebt – und damit den Farbwechsel bewirkt.
Mit dieser Entdeckung reiht sich das Panther-Chamäleon endgültig in die elitären Reihe der „fortgeschrittenen“ Farbwechsler ein. Denn bisher ist ein so schneller, gradueller Farbwechsel nur von einer Handvoll Tierarten bekannt, wie die Forscher betonen. Zu diesen gehören einige Tintenfischarten, die ebenfalls mehrschichtige Anordnungen von Iridiophoren für diese Veränderung nutzen. Unter den Chamäleons sind die Panther-Chamäleons bisher die einzigen, die eine Doppelschicht dieser Kristallhaltigen Zellen besitzen. „Das ist eine evolutionäre Neuheit für diese Tiergruppe“, so Teyssier und seine Kollegen.