Die Geschichte rührt zugleich auch an die Angst des Menschen vor fahrerlosen Transport- und Verkehrsmitteln. Eine der größten Sorgen ist, die Technik könnte dem menschlichen Willen nicht mehr gehorchen und den Menschen tyrannisieren. “Bei fahrerlosen Autos ist die Akzeptanzbarriere so hoch, dass das zur Zeit nicht einmal mehr diskutiert wird”, berichtet der Verkehrspsychologe Bernhard Schlag von der Technischen Universität Dresden.
Dagegen verkehren fahrerlose Züge hierzulande bereits, wenngleich sie lediglich wenige Kilometer Gesamtstrecke zurücklegen. Seit den achtziger Jahren transportiert zum Beispiel die H-Bahn (Hängebahn) in Dortmund die Studenten vom Uni-Gelände zu fünf verschiedenen Haltestellen. Auf Knopfdruck kommt das Schienenfahrzeug ähnlich wie ein Aufzug angefahren und sei es, um nur einen einzigen Fahrgast zu befördern. Jedes Jahr nutzen rund 1,3 Millionen Menschen das führerlose Vehikel. Auch zwischen den jeweiligen Terminals der Flughäfen Düsseldorf und Frankfurt pendeln mittlerweile vollautomatische Kurzzüge.
Im Februar 2006 soll Deutschlands erste führerlose U-Bahn ihren Betrieb aufnehmen. Auf den Abschnitten der Linien U2 und U3 in Nürnberg werden zunächst sowohl fahrerlose als auch herkömmliche Züge im Wechsel verkehren. Ein Computer an Bord wird den automatischen Zug steuern. Videokameras an den Bahnsteigen und in den Wagons prüfen ständig, ob alles mit rechten Dingen zugeht. Sensoren sichern die Türen. Über eine Leitzentrale will die Verkehrsaktiengesellschaft Nürnberg (VAG) das Geschehen am Bildschirm überwachen und im Notfall den Zug anhalten.
Führerlose Straßen- und U-Bahnen stießen jedoch in der Planungsphase vielerorts auf Widerstand. So auch in Nürnberg. “Zurzeit gibt es teils noch Bedenken zur Sicherheit des Systems”, räumt Horst Gautier, Pressesprecher der VAG, ein. Das Unternehmen hofft, dass sich die Wogen spätestens mit den ersten Fahrten glätten und die Fahrgäste dann die Vorteile der U-Bahn ohne Fahrer erkennen. Sie kann nämlich doppelt so häufig fahren, weil Kurzzüge statt der heute üblichen Langzüge eingesetzt werden. “Erfahrungen zeigen, dass ein Verkehrsmittel, das im Betrieb ist, auch genutzt wird”, ist Gautier überzeugt. Eine Befragung im Vorfeld habe immerhin ergeben, dass 84 Prozent auch in eine automatische U-Bahn einsteigen würden.
Obwohl in anderen Städten wie Lille, Paris oder Vancouver bereits führerlose U-Bahnen fahren, wurde die Akzeptanz nie systematisch untersucht. Lediglich die Berliner Verkehrsbetriebe gaben eine Untersuchung zur gesellschaftlichen Akzeptanz in Auftrag, als sie Ende der neunziger Jahre ebenfalls mit dem Gedanken spielten, eine fahrerlose U-Bahn einzurichten.
Es ist im Wesentlichen nicht die Technik, der die Befragten misstrauen und die sie als unsicher einschätzen, ergab die Befragung. Rund die Hälfte glaubt sogar, dass ein automatisches System schneller, zuverlässiger und flexibler sein kann. Allerdings fürchtet die Mehrzahl, dass sich ihre persönliche Sicherheit verschlechtert. Bei einem Notfall oder bei Fragen könnte weder am Bahnsteig noch im Zug Personal angetroffen werden.
Der VAG in Nürnberg ist der Wunsch der Fahrgäste nach subjektiver Sicherheit bekannt. “Derzeit bilden wir Personal zu Kunden- und Servicemitarbeitern aus. Diese Mitarbeiter werden verstärkt auf der automatisierten Strecke der U3 eingesetzt werden”, entgegnet Gautier. Dennoch soll unter dem Strich der Verkehrsbetrieb mit automatischen U-Bahnen weniger Personal erfordern und damit kostengünstiger werden.
Ohnehin halten automatisierte Züge, Straßen- und U-Bahnen unbemerkt und schleichend Einzug: “Fahrerassistenzsysteme übernehmen heute immer mehr Kontrolle. Der Zugführer ist zwar da, aber im Grunde ist er nur noch Überwacher eines Computers, welcher den Zug steuert”, erklärt Schlag. Der Zugchef kontrolliert die Bildschirme im Triebwagen, während die Nürnberger künftig ihre U-Bahn auf den Monitoren in einer Leitzentrale verfolgen werden. In beiden Fällen ist nicht mehr der Mensch Herr des Fahrzeugs, sondern ein Rechner, über den der Mensch wacht.