Glühwürmchen, Anglerfisch, Leuchtqualle… es gibt viele Beispiele für Lebewesen, die Licht in verschiedener Weise erzeugen können. Unter diesen sogenannten biolumineszenten Organismen gibt es auch 71 Pilzarten. Ihr Licht entsteht durch einen biochemischen Prozess, der Energie und Sauerstoff erfordert. Man vermutete bisher, dass das Licht schlicht ein Nebeneffekt des Stoffwechsels sein könnte und dass die Pilze demzufolge immer leuchten. Doch die Forscher um Jay Dunlap von der Dartmouth’s Geisel School of Medicine in Hanover (USA) stellten fest, dass das nicht so ist.
Erst abends knipsen sie das Licht an
Sie führten ihre Untersuchungen an dem Pilz Neonothopanus gardneri durch, der in Brasilien vorkommt. Er wächst am Fuße von Kokospalmen und ist einer der hellsten Vertreter aus der Gemeinde der Leuchtpilze. Die Forscher stellten zunächst fest, dass er tagsüber gar nicht leuchtet. Er besitzt also eine innere Uhr, die das Licht reguliert. Den Forschern zufolge liegt der Grund für dieses System auf der Hand: Der Pilz spart Energie, indem er sein Licht nur dann anschaltet, wenn er es braucht. Das führte natürlich zu der Frage: Ja wofür braucht er es denn?
„Die Kontrolle der Biolumineszenz legte nahe, dass es sich um eine Anpassung handelt, die einem Zweck dient“, sagt Dunlap. Eine mögliche Erklärung schien, dass die Pilze mit dem nächtlichen Schimmer Insekten anlocken, damit sie bei ihrem Besuch Sporen mitnehmen und den Pilz dadurch verbreiten. Diese Vermutung beschlossen Dunlap und seine Kollegen experimentell zu überprüfen.
Das Licht lockt Sporen-Boten an
Sie bastelten dazu künstliche Pilze aus Acrylharz, die sie mit einer klebrigen Schicht überzogen, um Insekten einzufangen. In eine Hälfte dieser Pilzattrappen bauten sie grüne LED-Leuchten ein, die eine Lichtintensität erzeugten, wie sie auch die natürlichen Vorbilder besitzen. Die anderen klebrigen Acrylharz-Pilze ließen sie hingegen unbeleuchtet. Beide Versionen stellten sie anschließend über Nacht in einem Versuchsareal auf.
Die Auszählungen ergaben: Bei den illuminierten Pilz-Attrappen waren deutlich mehr Insekten klebengeblieben als bei den dunklen Versionen. Das Licht besitzt also tatsächlich einen erheblichen Lockeffekt. Käfer, Fliegen, Wespen, Ameisen und Wanzen waren in der Nacht in die Klebefalle getappt. Über die natürlichen Vorbilder wären sie hingegen nur gekrabbelt und hätten dabei Sporen an ihren Beinchen mitgenommen, erklären die Forscher.
Sie wollen nun durch weitere Untersuchungen herausfinden, welche Gene bei den Leuchtpilzen für die Biolumineszenz verantwortlich sind und wie diese Erbanlagen durch die innere Uhr beeinflusst werden. Diese Informationen könnten für die moderne Genetik interessant sein. Ihre Ergebnisse sind aber auch aus ökologischer Sicht und für den Pflanzenschutz wichtig, betonen die Forscher. Pilze wie der Leuchtpilz Neonothopanus gardneri besitzen eine große Bedeutung für Wald-Ökosysteme, weil sie organische Substanz zersetzten und dem Nährstoffkreislauf zur Verfügung stellen. Andere Leuchtpilzarten sind hingegen als böse Buben bekannt: Sie befallen beispielsweise Kaffeepflanzen. Deshalb ist es wichtig zu wissen, mit welchen Mechanismen diese Pilze ihre Sporen verbreiten, sagen die Forscher.