In den letzten Jahren hat sich die die sogenannte Hochaktive Antiretrovirale Therapie (HAART) als großer Segen für HIV-Infizierte erwiesen: Die Behandlung unterdrückt die Entwicklung der Virenpartikel im Körper und kann dadurch den Ausbruch der Immunschwäche AIDS verhindern. Die Therapie kann das Virus allerdings nicht komplett aus dem Körper vertreiben, denn der Erreger schlummert weiterhin im Erbgut befallener Zellen. Nur wenn die Betroffenen täglich ihre Medikamente nehmen, können sie ein weitgehend normales Leben führen. Allerdings belasten Nebenwirkungen der Therapie ihre Gesundheit und außerdem sind die Medikamente teuer, was vor allem in Entwicklungsländern problematisch ist. Millionen von HIV-Infizierten weltweit hoffen deshalb auf bessere Lösungen.
Erfolg für den neuen Hoffnungsträger
Ärzte der Uniklinik Köln haben nun zusammen mit einer Forschergruppe um Michel Nussenzweig von der Rockefeller University in New York einen neuen Therapieansatz erfolgreich getestet. Die Wissenschaftler behandeltet erstmals Menschen mit dem im Labor von Nussenzweig entwickelten Antikörper 3BNC117. Seine besondere Fähigkeit ist es, eine große Zahl unterschiedlicher HI-Viren effektiv neutralisieren zu können. Er wurde bisher schon erfolgreich an Mäusen und Affen getestet – aber noch nicht am Menschen.
Die Forscher behandelten im Rahmen der klinischen Studie 12 virusfreie und 17 HIV-infizierte Studienteilnehmer mit dem Antikörper. Generell zeigte die Behandlung gute Verträglichkeit und günstige pharmakologische Eigenschaften. Bei den HIV-Infizierten führte die Therapie bei der höchsten Dosierung zu einem deutlichen Abfall der Viruslast im Blut, berichten die Forscher. „Der Antikörper zeigte sich als vergleichbar potent wie die Medikamente, die wir derzeit in der Therapie verwenden“, erklärt Co-Autor Fätkenheuer von der Uniklinik Köln. Ein Effekt der Therapie ließ sich noch bis zu 28 Tage nach der intravenösen Verabreichung des Antikörpers beobachten.
Weitere klinische Studien geplant
Die Studie eröffnet damit ein neues Feld in der HIV-Therapie, sind die Forscher überzeugt. Co-Autor Florian Klein sieht das Potenzial von breit neutralisierenden Antikörpern besonders in ihrer Wirkungsweise: „Neutralisierende Antikörper haben einen anderen Wirkmechanismus und andere pharmakologische Eigenschaften als bisherige HIV-Medikamente.“ Zumindest als mögliche Zusatz-Therapie zur medikamentösen Behandlung scheint sich das Konzept nun abzuzeichnen, sagen die Forscher.
Ob noch größeres Potential in der Antikörper-Therapie steckt, sollen nun weitere Studien zeigen. Fraglich ist beispielsweise, inwieweit der Erreger Resistenz gegenüber der Behandlung entwickeln wird. Aber offenbar visieren die Forscher mit dem Konzept auch das ganz große Ziel der HIV-Forschung an: Es sind klinische Studien geplant, in denen die Wirksamkeit von neutralisierenden Antikörpern im Hinblick auf eine Heilung von HIV untersucht werden sollen.