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Schöner Wohnen auf dem Mars?

Astronomie|Physik

Schöner Wohnen auf dem Mars?
Der Mensch wird sich auf dem roten Planeten nie wohl fühlen – trotz Grundwasser und angenehmer Sommertemperatur. Zur Besiedlung des Mars ist es noch ein weiter Weg.

Die Nachricht von David McKay und seinen Mitarbeitern vom Johnson Space Center schlug im August 1996 wie eine Bombe ein: Unter ihren Mikroskopen waren die Forscher in einem Marsmeteoriten auf fossile Bakterien gestoßen. Schon seit den siebziger Jahren wusste man von der Existenz gefrorenen Wassers an den Polen des Planeten. Darüber hinaus zeigten die Aufnahmen der Mariner 9-Mission, dass die Oberfläche des Mars vor langer Zeit von Flüssen, Seen und Meeren geformt wurde. Wenige Wochen später musste McKay seine Erkenntnisse relativieren. Das Gesteinsfragment, in dem die Forscher das versteinerte Leben entdeckten, stammt zwar vom Mars – doch lag der Marsmeteorit ALH 84001 in den letzten Millionen Jahren im Eis der Antarktis. Die Wahrscheinlichkeit ist also groß, dass die bakterienähnlichen Strukturen auf der Erde entstanden. Dennoch steht außer Zweifel, dass es auf dem Mars Wasser gibt und damit Bedingungen herrschen oder herrschten, unter denen Leben gedeihen kann.

Die große Überfahrt

Die Entfernung von der Erde zum Mars schwankt je nach Jahreszeit zwischen 56 und 400 Millionen Kilometern (der Mond ist im Durchschnitt nur 384.000 Kilometer von uns entfernt). Dabei konzentrieren sich die Ingenieure auf die Entwicklung neuer Antriebskonzepte und die Optimierung der Nutzlast. Das Prinzip lautet: leichter, billiger und schneller. Mit herkömmlichen Raketenantrieben dauern Reisen zum Mars etwa ein halbes Jahr. Diese Reisezeit wollen Franklin Chiang-Diaz vom Johnson Space Center um die Hälfte reduzieren. Ihre Variable Specific Impulses Magnetoplasma Rocket (VASIMR) verfügt über einen Plasma-Antrieb. Das Triebwerk besteht aus drei hintereinander liegenden Zellen. In die vordere Zelle wird Wasserstoff injiziert und im elektromagnetischen Feld ionisiert. Es entsteht ein Plasma. In der mittleren Hauptzelle wird das ionisierte – also von dem Elektron befreite – Gas erhitzt. Dies geschieht wie im heimischen Mikrowellenherd durch elektromagnetische Energie. Die hintere Zelle wirkt als Düse, die das Plasma vom Magnetfeld löst und in Schub umwandelt. Sogar für die kurze, aber energiezehrende Reise durch die Erdatmosphäre gibt es neue Konzepte. Am Marshall Space Flight Center erprobt die NASA derzeit Raketen, die den (für die Treibstoffverbrennung notwendigen) Sauerstoff nicht mehr in Tanks mitführt, sondern der Atmosphäre selber entzieht. Damit könnten Trägerraketen erheblich leichter werden, was wiederum der Nutzlast zugute käme. Auch die muss billiger und leichter werden. Der sensationelle Erfolg der Pathfinder-Mission hat gezeigt, wie leistungsfähig Roboter bereits sind. Das kleine Fahrzeug Sojourner analysierte Marsgesteine, erkundete die bodenmechanischen Eigenschaften, vermaß die Gegend und sendete spektakuläre Fotos in die Wohnzimmer der Erdbewohner. Damit der Forscherfantasie auch in Zukunft keine Grenzen gesetzt sind, sammelt das NASA Institute for Advanced Concepts (NIAC) die bisweilen skurrilen Ideen der Roboteringenieure. Steven Dubowsky vom Field and Space Robotics Laboratory des Massachusetts Institute of Technology arbeitet an Systemen, die sich aus einer Vielzahl einzelner Komponenten von selbst in ganz unterschiedliche Roboter verwandeln können. „Wir könnten einen Beutel mit Plastikteilen auf den Mars schießen, aus dem sodann per Knopfdruck unterschiedliche Roboter entstehen“, flachst Dubowsky. Kumar Ramohalli und seine Mitarbeitern vom Space Engineering Research Center der University of Arizona wollen hingegen Probleme bei der Energieversorgungen lösen. Ihr Erkundungsgerät Locally Refueled Planetary Explorer (LORPEX) soll nicht nur die Sonnenenergie, sondern auch Sauerstoff und Kohlenmonoxid nutzen. Beide Gase sind in der Marsatmosphäre in geringen Mengen vorhanden. Eine weitere Aufgabe liegt in der Akkumulation kurzfristig nutzbarer Energie. Nur so kann der ferngesteuerte Roboter Hindernisse überwinden oder mächtige Gesteinsbrocken zerlegen. Ramohallis Biomorphic Robot with Distributed Power (BiRoD) wird ganz ohne Motoren und Getriebe auskommen. Der Trick: Gedächtnismetalle. Bestimmte Legierungen aus Nickel und Titan nehmen bei der Erwärmung unterschiedliche Formen an. Auf diese Weise können sich die käferähnlichen Roboter gleichsam mit Muskelkraft fortbewegen. Der Transport von 25 dieser Geräte würde genauso viel kosten wie der des Sojourner, der im Juli 1997 auf der Marsoberfläche herumfuhr. Aber vielleicht startet die erste bemannte Mars-Mission auch gar nicht von der Erde. Die International Space Station befindet sich im Bau und wird die ideale Startrampe für die Reise zum Mars sein. Hier könnten viel größere Raumschiffe aus Einzelteilen gebaut werden als auf der Erde – der Start erfolgt schließlich jenseits der gravitativen Umklammerung der Erde.

Leben auf dem Mars II: der Mensch

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Bei allem Pioniergeist – das Leben auf dem Mars wird viele Einschränkungen erfordern. Die Luft ist so dünn, wie bei uns in 35 Kilometern Höhe, der Sauerstoffgehalt zum Atmen viel zu gering und im Winter schneit es Kohlendioxidflocken. Immerhin steigt die Temperatur im Sommer auf 20°C. Flüssiges Wasser gibt es aber auch dann nicht – dazu ist der Atmosphärendruck zu niedrig. Selbst Wassereis würde unter diesen Umständen sofort in gasförmigen Zustand übergehen. Immerhin gibt es auf dem Mars vielleicht flüssiges Grundwasser. Rund 100 Meter unter der Marsoberfläche wäre der Druck der überlagernden Gesteine nämlich hoch genug. Jim Blacic von den Los Alamos National Laboratory gehört zu einer Reihe von Forschern, die schon jetzt neuartige Bohrtechniken entwickeln. Dass sie dabei noch ganz am Anfang stehen, ist Blacic klar, denn vor allem, „in der Robotertechnik haben wir noch eine Menge Hausaufgaben zu erledigen.“ Schon hier auf Erden ist eine Bohrung ein kompliziertes Unterfangen. Völlig ferngesteuert wäre dies kaum möglich. Die neuesten Aufnahmen des Mars Global Surveyor legen nahe, dass einige der Strukturen auf der Marsoberfläche bis heute durch Wasser entstehen. Tatsächlich sehen die Täler genauso aus wie auf der Erde. Mike Malin und sein Kollege Kenneth Edget von Malin Space Science Systems glauben, dass flüssiges Grundwasser im Bereich von Abhängen in die Nähe der Marsoberfläche gelangt, wo es zu Eis gefriert. Hinter dieser Eisbarriere könnte sich ein derartig hoher Druck aufbauen, dass das Eis gesprengt wird und den Hang herunterfließt. So entstanden vielleicht die Erosionsrinnen. Später brechen darüber liegende Sedimente nach und bilden die typischen Strukturen an den höheren Hangpartien. Doch auch, wenn es Wasser im Überfluss gibt, so ist der Mars unwirtlicher als der Südpol oder der Gipfel des Himalaja. Vor Jahren gab es in der Wüste von Arizona schon den Versuch, in einem Gewächshaus einen künstlichen Mikrokosmos zu schaffen, in dem eine Gruppe von Menschen völlig autark von der Außenwelt leben sollte. Doch die Doch auch, wenn es Wasser im Überfluss gibt, so ist der Mars unwirtlicher als der Südpol oder der Gipfel des Himalaja. Vor Jahren gab es in der Wüste von Arizona schon den Versuch, in einem Gewächshaus einen künstlichen Mikrokosmos zu schaffen, in dem eine Gruppe von Menschen völlig autark von der Außenwelt leben sollte. Doch die Biosphere-Projekte sind gescheitert, und zwar nicht nur, weil man hin und wieder die Fenster zum Lüften geöffnet hat. Es hat sich gezeigt, dass die maßstabsgetreue Verkleinerung natürlicher Systeme unmöglich ist. Ein räumlich begrenztes Ökosystem ist von großräumigen Klimaverhältnissen abhängig. Die Simulation derartig komplexer Systeme in einem abgeschlossenen, künstlichen Raum ist zum Scheitern verurteilt. Heute dient die riesige Anlage als Touristenattraktion. In viel kleinerem Maßstab testet die Mars Society, die in Deutschland übrigens vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) vertreten wird. Sie installiert in der kanadischen Arktis die Flashline Arctic Research Station. Diese Station hat einen Durchmesser von über acht Metern und ihre Wände sind mehr als 15 Zentimeter dick. Drei Personen sollen darin einmal ihren Arbeitsplatz finden und mit ferngesteuerten Geräten die Umgebung des Landeplatzes inspizieren. Wenn alles nach Plan verläuft, werden die „Mars Simulation Activities“ auf Devon Island in den nächsten Wochen beginnen. Terraforming heißt das Zauberwort von Christopher McKay (NASA Ames Research Center). Er glaubt, dass man auf dem Mars innerhalb einiger Jahrhunderte eine erdähnliche Atmosphäre schaffen könnte. Dazu müsste man dort große Mengen von Treibhausgasen freisetzen. McKay geht davon aus, dass die NASA sowohl technisch als auch finanziell in der Lage wäre, in jedem Jahr ein halbes Dutzend Fabriken auf den Mars schießen. Dort sollen sie all das tun, was sie auf der Erde nicht tun sollen: möglichst große Mengen fluorierter Kohlenwasserstoffe in die Marsatmosphäre blasen. Riesige Spiegel, die die Sonnenenergie aus dem All auf die Marsoberfläche leiten, könnten diesen Treibhauseffekt noch verstärken. Doch im März, nach dem schmählichen Scheitern ihrer Prestigeobjekte war es die NASA selber, die allzu große Erwartungen dämpfte. Carl Pilcher vom NASA Office of Space Sciences glaubt nicht mehr daran, dass eine für 2008 geplante Mars-Mission termingerecht durchgeführt wird. Dabei wollte man erstmals Marsgesteine auf die Erde zurück bringen. Pilcher sind die Rückschläge des letzten Jahres anzumerken: „Die Suche nach Leben wird sich so lange verzögern, bis wir auf der Erde herausgefunden haben, wie man ohne Absturz auf dem Mars landen kann“.

Joachim Schüring
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Wissenschaftsjournalist Tim Schröder im Gespräch mit Forscherinnen und Forschern zu Fragen, die uns bewegen:

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