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Die Hightech-Gehhilfe

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Die Hightech-Gehhilfe
Premiere in Deutschland: Unfallversicherer bezahlt Gelähmtem ein Exoskelett.

Man könnte es für ein Wunder halten: Nach sieben Jahren im Rollstuhl begann der querschnittsgelähmte Olaf Schepp im Sommer 2014 wieder zu gehen. Das Wunder, das dem 41-Jährigen widerfahren ist, wiegt etwa 26 Kilogramm, besteht aus Kunststoff, Metall und elektrischen Bauteilen. „ReWalk“ ist eine Maschine, die Schepps Beine und seinen Torso umschließt und ihn dabei unterstützt, die Schritte zu gehen, die seine gelähmten Beine ihm versagen. Als erster Deutscher bekommt er die rund 60 000 Euro teure Gehhilfe vom Träger seiner gesetzlichen Unfallversicherung bezahlt, der Berufsgenossenschaft Holz und Metall (BGHM).

Exoskelette, wie man solche Systeme in Anlehnung an die stützende Körperhülle von Insekten nennt (bild der wissenschaft 10/2011, „Reha auf Insektenart“), gibt es erst seit wenigen Jahren. Sie haben eine ganze Reihe von Vorzügen für Patienten – aber auch für deren Versicherer.

Für den Gelähmten wird der Alltag wesentlich einfacher: Treppen steigen, das Greifen hoch gelegener Gegenstände, das Verrichten von Arbeiten im Stehen wie Kochen, das Betreten nicht barrierefreier Gebäude – vieles, was mit dem Rollstuhl nicht geht, ist mit dem Exoskelett machbar. Die aufrechte Haltung wirkt sich außerdem positiv auf die Gesundheit aus. Nachgewiesen sind der Rückgang von Druckgeschwüren, zunehmende Knochendichte, weniger Beschwerden an Herz, Lunge, Blase und anderen Organen. Das zusätzliche Training, das die Patienten zwangsläufig mit ihrem künstlichen Skelett absolvieren, reduziert zudem Körperfett und baut Muskelmasse auf.

Vor allem kann das ReWalk-System einer geknickten Psyche wieder auf die Beine helfen. „Wenn ich in einer großen Menschenmenge mit dem Rollstuhl unterwegs war, machten alle einen großen Bogen um mich. Wenn ich das Exoskelett trage, macht keiner Platz – man merkt auf den ersten Blick keinen Unterschied zwischen mir und nicht behinderten Menschen“, sagt Olaf Schepp. Auch Gespräche haben eine andere Qualität, wenn man sich auf Augenhöhe begegnet. All dies lässt Folgeerkrankungen und weitere Behandlungen seltener werden – das rechnet sich für den Versicherer.

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Um überhaupt für ein ReWalk-System geeignet zu sein, muss ein Patient allerdings einige Bedingungen erfüllen: Seine Knochen müssen eine Mindestdichte aufweisen, damit sie unter der ungewohnten Belastung nicht zerbrechen. Der Gelähmte muss über einen kräftigen Oberkörper und starke Arme verfügen, denn um die Balance zu halten, sind Krücken unverzichtbar. Olaf Schepp erfüllte alle Bedingungen – und er hatte Glück im Unglück. Denn der Motorradunfall, bei dem der gelernte Metallbauer sich 2007 den vierten und fünften Brustwirbel brach, passierte auf dem Weg zur Arbeit.

Das gilt als Wegeunfall, weswegen seine berufliche Unfallversicherung zuständig war. „Als Berufsgenossenschaft haben wir den Auftrag, mit allen geeigneten Mitteln die Situation für den Versicherten zu verbessern“, sagt Melanie Mayer, BGHM-Geschäftsführerin der Bezirksverwaltung Mainz, die von Anfang an mit Schepps Fall zu tun hatte. Ihr Credo: „Wir beurteilen nicht nur den medizinischen Nutzen eines Hilfsmittels, sondern möchten dem Versicherten auch die Möglichkeit geben, am Leben in der Gemeinschaft teilzunehmen.“

Was das ReWalk-System nicht kann, ist, gelähmte Körperteile heilen. Insgeheim hoffe er darauf noch, sagt Olaf Schepp. Das wäre aber tatsächlich ein kleines Wunder. Felix Austen

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