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Das Geheimnis guter Partnerschaft

Gesellschaft|Psychologie

Das Geheimnis guter Partnerschaft
Immer mehr Ehen scheitern. Was ist es, das so viele Paare auseinanderbringt – und was hält andere zusammen?

Für 95 Prozent der Frauen und Männer in Deutschland steht eine „glückliche Beziehung“ ganz oben auf der Liste ihrer persönlichen Lebensziele. Doch die Realität sieht häufig nicht so rosig aus. Zwar endeten 2013 etwas weniger Ehen vor dem Scheidungsrichter als im Jahr zuvor, doch es wird immer noch fast jede dritte Ehe in Deutschland geschieden. Etwa die Hälfte der getrennten Paare hat gemeinsame minderjährige Kinder.

Ein schlechtes Ende finden aber nicht nur standesamtlich beglaubigte Beziehungen. Die nichtehelichen Lebensgemeinschaften mit Kindern, von denen es vor allem in den neuen Bundesländern immer mehr gibt, sind sogar noch anfälliger für eine Trennung. Die Zahl der alleinerziehenden Mütter und Väter steigt stetig.

Die Fakten stehen also nicht im Einklang mit dem großen Traum vom Liebesglück. Warum aber scheitern so viele, die einmal glaubten, für immer zusammen bleiben zu wollen? Und warum gelingt es anderen? Was stabilisiert Beziehungen und was entzweit sie? Wie wichtig ist Sex, und welche Rolle spielt die Persönlichkeit der Partner? Wissenschaftler unterschiedlicher Fachrichtungen suchen nach Antworten – Psychologen, Soziologen, Anthropologen und Ökonomen ebenso wie Biologen und Hirnforscher.

Ein Patentrezept gibt es zwar nicht, aber einige Zutaten haben die Forscher gefunden: kein allzu großer Altersunterschied etwa, eine gehörige Portion Konfliktfähigkeit und Sex. Leichter scheint es zu sein, zu benennen, was einer Beziehung schadet. Verschiedene Herkunftsländer etwa: Binationale Ehen sind in Deutschland scheidungsanfälliger – vor allem wenn Deutsche und Türken heiraten, ist das Trennungsrisiko hoch. Im Gegensatz dazu sind Ehen von zwei Migranten aus der Türkei hierzulande besonders haltbar. Und auch Partner aus dem gleichen süd- und südosteuropäischen Land, die in Deutschland geheiratet haben, bleiben recht stabil zusammen.

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Zu diesem Ergebnis kamen Nadja Milewski vom Rostocker Zentrum zur Erforschung des Demografischen Wandels und ihr Kollege Hill Kulu von der Universität Liverpool. Die beiden Professoren haben für ihre Studie 5648 Eheschließungen zwischen 1980 und 2009 aus dem Datensatz der Längsschnittstudie Sozio-Oekonomisches Panel (SOEP) unter die Lupe genommen. Dabei sind sie noch auf weitere Faktoren gestoßen, die Einfluss auf das Scheidungsrisiko haben. Kinder zum Beispiel senken das Risiko einer Trennung etwa um die Hälfte – obwohl kleine Kinder, wie andere Studien zeigen, oft eine große Belastungsprobe für Paare sind. Indes ist von Vorteil, vor der Heirat auf Probe zusammen gewohnt zu haben.

Gefährdet ist das Eheglück dagegen, wenn sich ein Paar in relativ jungen Jahren das Ja-Wort gegeben hat, der Mann deutlich älter ist als seine Frau oder weniger gebildet ist als sie, und auch wenn die Frau in einer großen Stadt aufgewachsen ist, hat Milewski mit ihrem Kollegen herausgefunden. Das Trennungsrisiko ist außerdem erhöht, wenn der Mann schon einmal verheiratet war und die Partner unterschiedlichen Religionen angehören.

Besonders der Glaube scheint für das irdische Glück zu zweit wichtig zu sein. „Das Scheidungsrisiko bei unterschiedlicher Religionszugehörigkeit ist um 60 Prozent größer als bei Partnern mit gleichem Glaubensbekenntnis“, hat Milewski herausgefunden. Und: „Wer häufiger in die Kirche geht, hat ein geringeres Trennungsrisiko“, sagt Christian Schmitt, „sowohl in West- als auch in Ostdeutschland.“

Das bisschen Haushalt …

Der Soziologe mit Schwerpunkt Familiendemografie an der Universität Rostock und am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) wertet für seine Forschungen ebenfalls Daten der Langzeitstudie SOEP aus. Aus den umfangreichen Datensätzen hat Schmitt herausgelesen, dass traditionelle Verhaltensweisen im Osten wie im Westen der Republik die Ehe beeinflussen. Wenn die Frau „das bisschen Haushalt“ allein erledigt, hält die Ehe in Westdeutschland eher. Unglaublich, aber wahr: Sie ist umso stabiler, je mehr Stunden die Frau kochend, putzend und waschend verbringt.

Umgekehrt gilt: Je häufiger der Mann in Westdeutschland zu Putzlappen und Kochlöffel greift, umso mehr steigt das Scheidungsrisiko. „Das traditionelle Ernährermodell mit fester Rollenverteilung ist bis heute in den alten Bundesländern so tief verwurzelt, dass es stabilisierend auf die Partnerschaft wirkt“, erklärt Christian Schmitt. Hat die Frau dagegen Erfolg im Beruf, erhöht sich das Trennungsrisiko, „weil es ihr dann viel leichter fällt, im Krisenfall finanziell auf eigenen Beinen zu stehen“, erklärt der Soziologe.

Anders ist die Situation in den neuen Bundesländern: Gute Aussichten auf eine stabile und glückliche Beziehung besteht dort, wenn der Mann Vollzeit arbeitet und die Frau zumindest einem Teilzeitjob nachgeht. „Das zeigt, dass Ostdeutschland vor der Wende durch die weit verbreitete Erwerbstätigkeit von Frauen in punkto Geschlechtergleichheit moderner war als der Westen“, resümiert Schmitt.

Aber nicht allein solche äußeren Faktoren entscheiden über die Stabilität einer Partnerschaft. Mindestens ebenso wichtig ist die Persönlichkeit der Partner – vor allem wie verträglich und konfliktfähig sie sind. Denn Streit gibt es in den besten Beziehungen. Tatsächlich gilt: „Je näher sich die Partner sind, desto häufiger kracht es“, sagt Franz J. Neyer, Persönlichkeitspsychologe an der Universität Jena. „ Ausschlaggebend ist, wie Paare die Konflikte regulieren.“ Halten sie auch mal negative Emotionen aus? Entwerten sie sich gegenseitig mit gemeinen Äußerungen? Beschuldigen sie sich, indem sie dem anderen Vorhaltungen machen, oder suchen sie nach Lösungen.

Mangelnde emotionale Stabilität, ein Persönlichkeitsmerkmal der „Big Five“, mit denen Psychologen die Grundeigenschaften der Menschen beschreiben, gilt als Risiko schlechthin für eine Langzeitbeziehung. Wer emotional labil ist, ein schwaches Selbstwertgefühl hat, ängstlich und unzufrieden mit sich und der Welt ist, hat Probleme mit dem Durchhalten in der Ehe. „Solche Menschen neigen zu verzerrten Interpretationen. Mehrdeutiges Verhalten interpretieren sie eher negativ“, sagt Neyer. Wenn sie zum Beispiel länger keine Liebesbekundungen gehört haben, deuten sie das als Ablehnung. Emotional stabilere Menschen gehen lockerer damit um – und erklären es sich zum Beispiel damit, dass der Partner gerade wenig Zeit hat.

Zwangsläufig scheitern müssen die Beziehungen von labilen Menschen aber nicht, wie eine Untersuchung gezeigt hat. Franz J. Neyer und die Psychologinnen Christine Finn von der Universität Jena und Kristin Mitte von der Universität Kassel hatten 245 Paare mit mehr oder weniger neurotischen Partnern im Alter zwischen 18 und 30 Jahren neun Monate lang begleitet.

Alle drei Monate gaben die Partner getrennt voneinander Auskunft über ihre Befindlichkeiten und die Zufriedenheit mit ihrer Partnerschaft. Außerdem sollten sie sich Alltagssituationen vorstellen und bewerten, welche Bedeutung diese für ihre Beziehung hätten – zum Beispiel, was sie denken, wenn sie dem Partner abends von ihrem Tag erzählen und der darauf kaum reagiert. Ergebnis: Im Laufe der Zeit gewannen die emotional instabilen Partner an Sicherheit und Zuversicht. Die positiven Liebeserfahrungen veränderten ihre Denkstrukturen. Die Partner bewerteten mehrdeutige Situationen nicht mehr zwangsläufig negativ. Dieser Effekt wirkte bei den jungen Erwachsenen auch über das Beziehungsende hinaus, wie Neyer schon in früheren Studien gezeigt hat.

Wie viel Sex braucht die Liebe?

Die Psychologen Michelle Russell und James K. McNulty von der Florida State Universität, weisen noch einen anderen Weg, wie Neurotiker glücklich werden können: durch regelmäßigen Sex. 72 frisch vermählte Paare gaben den Forschern in den ersten vier Ehejahren sieben Mal bereitwillig Auskunft über ihr Eheglück und ihre sexuelle Aktivität, die in diesem Zeitraum normalerweise sinkt. Der Befund der Psychologen: Die emotional labilen Partner sind dann besonders unzufrieden mit der Beziehung, wenn wenig im Bett passiert. Häufiger Sex wirkte auf sie hingegen stimmungsaufhellend.

Allerdings: „Der Abbau von sexuellem Interesse am anderen im Laufe der Zeit ist ganz normal und sagt wenig aus über Qualität und Stabilität einer Partnerschaft“, meint Lars Penke. Der Professor für Biologische Persönlichkeitspsychologie an der Universität Göttingen erklärt das mit biochemischen Prozessen im Gehirn. „Wenn sich die Partner einander sicher sind, wird kaum noch Dopamin ausgeschüttet. Das Hormon wirkt bei frisch Verliebten wie eine Droge und versetzt sie in einen Flow-Zustand, der das sexuelle Verlangen schürt.“ Und das passiert unabhängig vom Alter, betont Penke.

Doch oft ist die Zufriedenheit selbst bei abnehmender Häufigkeit der Sexualkontakte noch nach vielen Jahren hoch, so der Befund eines deutsch-britischen Forscherteams. Darauf waren die Universitätsmediziner bei der Auswertung von Daten der 1993 gestarteten „Interdisziplinären Längsschnittstudie des Erwachsenenalters“ (ILSE) gestoßen. Viele der zwischen 1930 und 1932 geborenen Frauen und Männer gaben an, dass ihnen Zärtlichkeit – Kuscheln, Händchenhalten oder der abendliche Gutenachtkuss – wichtiger seien als Sex.

Paare, die es so lange miteinander ausgehalten haben, verbindet oft viel: Sie teilen ähnliche Einstellungen, hören die gleiche Musik, fiebern für den gleichen Fußballverein oder favorisieren die gleichen Reiseziele (siehe Beitrag „Zweisamkeit macht immer gleicher“ ab Seite 56). „Gleich und gleich gesellt sich eben nicht nur gern, sondern bleibt auch eher zusammen als gegensätzliche Charaktere“, sagt Neyer.

Wichtig: das Selbstwertgefühl

Bei der Wahl des Partners ist es von Vorteil, jemanden zu finden, der einem ähnlich ist. Denn jemand, der sich einen ähnlichen Partner sucht, ist mit sich zufrieden, was von einem gesunden Selbstwertgefühl zeugt. In einer aktuellen Studie haben der Jenaer Psychologe und sein Team nachgewiesen, dass die Qualität einer Beziehung eng an das Selbstwertgefühl der Partner geknüpft ist. „Wer mit sich selbst im Einklang ist, der ist auch mit seiner Liebsten oder seinem Liebsten glücklicher, was wiederum das eigene Selbstwertgefühl positiv beeinflusst“, sagt Neyer. Eine Spiralwirkung, die allerdings auch in umgekehrter Richtung funktioniert: Wenig Bestätigung lässt den Selbstwert schrumpfen.

Für diese Untersuchung nutzte der Forscher Daten der größten deutschen Partnerschaftsstudie Pairfam (Panel Analysis of Intimate Relationships and Family Dynamics). Bei dieser Längsschnittstudie zu zwischenmenschlichen Beziehungen werden seit 2008 mehr als 12 000 Frauen und Männer jährlich zu ihrem Beziehungs-, Liebes- und Familienleben in unterschiedlichen Lebensphasen befragt. In der Gesamtlaufzeit von 14 Jahren werden Millionen von Daten eingehen. Neyer hofft, in diesem großen Fundus noch mehr Hinweise darauf zu finden, was Menschen zu zweit glücklich macht. •

von Kathryn Kortmann

Auf den ersten Blick

Gut aussehen sollte er, Wärme und Vertrauenswürdigkeit ausstrahlen und nach Möglichkeit gebildet und begütert sein. Das sind die Hauptkriterien für den idealen Partner, besagt eine Umfrage. Ob jemand als vorübergehende Liebschaft oder als Lebenspartner infrage kommt, entscheidet sich meist schon nach 100 Millisekunden. „Die Attraktivität eines Menschen wirkt wie ein Filter bei der Partnerwahl“, sagt Persönlichkeitspsychologe Lars Penke, der Frauen und Männer beim Speed-Dating beobachtet hat. Schönheit liegt dabei nicht nur im Auge des Betrachters, sondern ist auch objektiv messbar. Merkmale wie die Symmetrie des Gesichts, der Teint (vorzugsweise karotingelb, weil das Gesundheit signalisiert), eine angenehme Stimme (bei Männern tief, bei Frauen hoch), Körpergröße sowie Body-Mass-Index und Schulterbreite fließen in die ultraschnelle Beurteilung ein. Schon nach etwa 30 Sekunden gewinnen wir einen durchaus verlässlichen Eindruck von der Persönlichkeit des Gegenübers. Strahlt jemand Vertrauen aus? Kann ich mich mit Problemen an sie oder ihn wenden? „Diese Fragen sind vor allem wichtig, wenn es um den Partner fürs Leben und die Familiengründung geht“, betont Penke. Mit dem sozialen Status kommt ein weiterer Faktor dazu. Vor allem für Frauen ab Ende 20 mit Kinderwunsch spielt dieses Kriterium eine erhebliche Rolle.

Glück ohne Trauschein

In Deutschland müssen Frauen nicht vor den Traualtar treten, um glücklich zu werden. Sie können sich auch wohl fühlen, wenn sie mit ihrem Liebsten in einer eheähnlichen Gemeinschaft leben. Zu verdanken haben sie dies dem gesellschaftlichen Klima in der Bundesrepublik, wie Forscher der Universität Köln betonen: „Die Werte der Umgebung, in der wir leben, sind für unser Glücksempfinden mitverantwortlich“, sagt Psychologin Olga Stavrova. „Und in Deutschland ist man tolerant im Umgang mit Lebensgemeinschaften.“

Die Kölner Studie beleuchtete die Situation von 22 000 Frauen und Männern in 28 Ländern, die verheiratet oder unverheiratet in einer Partnerschaft leben. Wenig überraschend: Je konservativer die Gesellschaft ist, in der die Teilnehmer leben, desto unglücklicher sind unverheiratete Frauen, weil sie die traditionellen Rollenerwartungen nicht erfüllen. In Ländern wie Brasilien, Bulgarien, der Slowakei und auch in den USA erfahren eheähnliche Gemeinschaften die stärkste Missbilligung. Am liberalsten gehen die skandinavischen Länder mit der freien Form des Zusammenlebens um. Mit ihrer Studie haben die Kölner Wissenschaftler frühere Studien widerlegt, nach denen verheiratete Menschen generell glücklicher sind als Paare ohne Trauschein.

Kompakt

· In den neuen Bundesländern sind Ehen am beständigsten, wenn beide arbeiten.

· In den alten Bundesländern wirkt dagegen nach wie vor die traditionelle Rollenverteilung stabilisierend.

· Nicht Streit zerstört die Ehe, sondern wenn die Partner nicht mit Konflikten umgehen können.

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