Hoch mit dem Wirkungsgrad, hoch mit der Modulfläche, herunter mit dem Preis – das sind die Ziele der CIS-Entwickler. Das kleine Team in der Schwabenmetropole konkurriert dabei mit Siemens Solar Industries, Showa Shell, Matsushita, Energy Photovoltaics und weiteren Firmen in USA und Japan.
Nicht Silizium dient hier als stromliefernder Halbleiter. Diese Rolle spielt eine mit ein bis zwei Mikrometer buchstäblich hauchdünne Schicht aus Kupfer-Indium-diselenid (CuInSe2). Die Anfangsbuchstaben der drei chemischen Elemente ergeben das Kürzel.
Wissenschaftler am Institut für Physikalische Elektronik (IPE) der Universität Stuttgart schufen die Grundlagen für den Erfolg. Seit 1987 erforschten sie den neuen Solarzellen-Werkstoff und transferierten ihr Wissen an das Partnerinstitut ZSW, so daß dort in den neunziger Jahren das Entwicklungsprojekt einer Versuchsfertigung beginnen konnte.
Dr. Hans-Werner Schock, Leiter der IPE-Arbeitsgruppe Polykristalline Dünnschichten, zieht sein Fazit aus zehn Jahren Forschung: “Wir haben viele ähnlich zusammengesetzte Materialien untersucht. Aber das CIS ist durch seine physikalischen und elektrischen Eigenschaften mit Abstand das gutmütigste und vielversprechendste.”
Schock muß immer noch schmunzeln, wenn er an das Aha-Erlebnis denkt. “Zunächst hatten wir teures natriumarmes Spezialglas als Träger für die Beschichtung mit CIS verwendet – wir waren überzeugt, das sei nötig.” Doch eines Tages wanderte irrtümlicherweise eine Platte aus Fensterglas in die Beschichtungsanlage. Vor dem Wegwerfen wurde interessehalber gemessen – und siehe da: “Diese Zelle war deutlich besser als alle, die wir bisher gemacht hatten.”
Von da an sattelten die Stuttgarter auf natrium- und kalziumhaltiges, normales Fensterglas um. Später fanden sie heraus: Der Natriumgehalt erhöht die Anzahl der Ladungsträger im Halbleiter, wodurch der Wirkungsgrad steigt. Daß billiges Fensterglas für die Fertigung verwendet werden kann, verbessert heute die Marktperspektive.
Was CIS-Solarzellen heute schon zu Hoffnungsträgern der Photovoltaik macht, ist ihr Fertigungsprinzip: Ebenso wie beispielsweise Solarzellen aus Kadmiumtellurid und aus amorphem (ungeordnetem, nicht-kristallinem) Silizium sind sie Produkte aus der “Dünnschicht-Technologie”. Die Grundprinzipien lauten:
– preisgünstige Trägermaterialien wie Glas, Kunststoff- oder Metallfolie, – sparsamer Verbrauch an photovoltaisch aktivem Material in Schichtdicken von wenigen Mikrometern, – wesentlich geringerer Energieverbrauch bei der Herstellung als bei kristallinen Silizium-Zellen, – automatisierte Beschichtung, Produktion “am laufenden Band” und auf großen Flächen, – frei wählbare Zellengröße und -form und in den Herstellungsprozeß integrierte elektrische Verschaltung.
“Bei CIS ist die Decke noch lange nicht erreicht”, urteilt Prof. Jürgen Werner, Leiter des Stuttgarter Instituts für Physikalische Elektronik. Die Forscher sehen im Kupfer-Indium-diselenid das gleiche theoretische Potential zu hohen Wirkungsgraden wie im Silizium, womit maximal 24 Prozent realisiert wurden. Für eine großtechnische CIS-Massenproduktion halten sie 15 bis 18 Prozent mittelfristig für erreichbar, “bis in die Gegend von 20”, spekuliert CIS-Experte Schock.