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Röhren vom Reißbrett

Technik|Digitales

Röhren vom Reißbrett
Psychoakustiker geben jedem Produkt den passenden Klang. Der dunkle Motorsound, das Pratzeln eines Rasierers – der Kunde erwartet heute nicht nur eine gute Optik, auch das akustische Design muß stimmen

Ein kurzer Druck aufs Gaspedal und der Wagen beschleunigt mit Macht die lange Gerade hinunter. Der Motor quittiert den Befehl mit kernigem Knurren, das sich rasch steigert, aber auch bei Vollgas nicht aufdringlich wird. „So muß er klingen, der Boxster“, sagt Rolf von Sivers von Porsche stolz. Der Ingenieur vom Entwicklungszentrum in Weissach hat dafür gesorgt, daß das neue Cabrio der Sportwagenschmiede standesgemäß klingt: kraftvoll, dynamisch, aber nicht penetrant.

Den Gedanken, den typischen Porsche-Klang künstlich per Lautsprecher zu erzeugen, haben die Akustik-Experten wieder fallengelassen. „Damit kann man einen Kleinwagen wie einen Porsche klingen lassen“, sagt Sivers, „aber der subjektive Eindruck ist nicht derselbe.“ Der Grund: Nicht nur der Luftschall entscheidet über den Klangeindruck, sondern auch der Körperschall, das heißt die Vibrationen, die über die Karosserie auf die Insassen übertragen werden. Inzwischen sind die Computerprogramme so gut, daß die Porsche-Ingenieure auch den fühlbaren Anteil der Vibrationen beeinflussen können.

Daß ein guter Klang nicht nur bei zigtausend Mark teuren Autos entscheidend ist, beweist der Haushaltsgeräte-Hersteller Braun in Kronberg bei Frankfurt. Ob Mixer, Haartrockner, Rasierapparat oder Wecker – kein Gerät geht in Serie, bevor sein Geräuschverhalten unter die Lupe genommen wurde.

Dr. Wolfgang Brey, bei Braun unter anderem für die Akustikforschung zuständig, benutzt dazu dieselbe Ausrüstung wie die Kollegen von der Fahrzeugakustik: Kunstkopf, digitaler Recorder, Computer zum Verändern der Klänge und mehrere Plätze, wo Testpersonen die Geräusche bewerten können. Während früher nur die meßbare Lautstärke eine Rolle gespielt hätte, gelte es heute immer mehr psychoakustische Phänomene zu beachten, sagt der studierte Ingenieur.

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Am Beispiel eines Föns zeigt Brey, welche Rolle unbewußte Wahrnehmungen bei der Beurteilung von Geräuchen spielen. Von zehn unterschiedlichen Föngeräuschen wird nicht das objektiv leiseste bevorzugt, sondern das Geräusch, das seinen Schwerpunkt in einem schmalen Band bei tiefen Frequenzen hat. Mit den tiefen Frequenzen assoziieren die Probanden Eigenschaften wie „kraftvoll“ und „gute Trockenleistung“, während hohe Frequenzen als „gequält“ eingestuft werden. Ist der Fön insgesamt zu leise, wird er als zu „schlapp“ empfunden.

Aus Japan kommt ein neuer Trend, der nach dem optischen und dem akustischen Design nun auch den Geruch eines Produkts optimieren will. So gab es erste Versuche mit Rasierern, in die ein Geruchsstein eingebaut war. Doch der roch penetrant, sagt Wolfgang Brey. Vom Tisch ist das Thema für ihn allerdings noch lange nicht: „Ich könnte mir schon vorstellen, daß auch Braun in Zukunft Geruchszusätze für Rasierer anbietet.“

Bernd Müller
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