Dass Treibgase aus menschlicher Produktion die irdische Ozonschicht schädigen, begann man schon in den 1970er Jahren zu vermuten. Forschungen zeigten, dass vor allem Chlor aus Fluorchlorkohlenwasserstoffen (FCKW) in die Stratosphäre aufsteigen kann und dort eine ozonabbauende Kettenreaktion in Gang setzt. Welche Folgen dies hat, zeigte sich in den 1980er Jahren auf drastische Weise: Über der Antarktis bildete sich regelmäßig ein Loch in der Ozonschicht. Aufgeschreckt durch diese Nachrichten, beschloss die internationale Staatengemeinschaft 1987 im Montreal-Protokoll, chlor- und bromhaltige ozonabbauende Substanzen zu verbieten oder ihre Produktion zumindest stark zu reduzieren. Allerdings war damals schon klar, dass viele FCKWs sehr lange in der Atmosphäre bleiben und sich die Ozonschicht daher nur mit großer Verzögerung erholen wird. Studien zeigen, dass die Ozonschicht über der Antarktis erst im Jahr 2050 wieder die Werte erreichen wird, die sie vor 1980 hatte.
Was wäre wenn…?
Ob und welche Wirkung das Montreal-Protokoll bereits heute zeigt, haben Martyn Chipperfield von der University of Leeds und seine Kollegen nun genauer untersucht. Sie nutzten für ihre Studie Atmosphärenmodelle, in denen sie Emissionen, Transport und Abbau der ozonzerstörenden Substanzen einmal mit den FCKW-Verboten des Montreal-Protokolls und einmal ohne jede Beschränkung simulierten. Auf diese Weise schufen sie ein realistisches Bild des Zustands, der dank des Protokolls abgewendet wurde. Und diese Welt sähe alles andere als gut aus.
Gäbe es das Montreal-Protokoll nicht, dann wäre die Ozonschicht heute weltweit deutlich dünner. So müssten die Menschen in Mitteleuropa und anderen Regionen der mittleren Breiten mit einer um fünf bis zehn Prozent dünneren Ozonschicht leben. Das aber bedeutet, dass auch die UV-Einstrahlung um bis zu 15 Prozent stärker wäre als jetzt der Fall. „Gerade in den mittleren Breiten, in denen die Haut der Menschen typischerweise sensibler auf UV-Schäden reagiert, hätte das erhebliche Folgen für die Gesundheit“, sagen Chipperfield und seine Kollegen. Schon ein fünfprozentiger Anstieg der UV-Belastung könne die Hautkrebsraten um 8 bis 15 Prozent erhöhen. Und selbst in den nur wenig vom Ozonschwund betroffenen Tropen würde man die Folgen eines ungehemmten FCKW-Ausstoßes heute zu spüren bekommen: Hier wäre die wichtige UV-Schutzschicht um fünf Prozent dünner.
Ozonloch auch über der Arktis
Noch drastischer aber wäre die Situation in den Polargebieten: „Ohne das Montreal-Protokoll hätte sich das Ozonloch über der Antarktis substanziell vergrößert: Es wäre bis 2013 um 40 Prozent auf 37 Millionen Quadratkilometer angewachsen“, berichten die Forscher. Auch in den umliegenden Atmosphärenbereichen wäre die Ozonschicht messbar dünner. Am Rand des südpolaren Wirbels hätte sich dadurch die UV-Belastung im Südfrühjahr um 20 bis 100 Prozent erhöht. Wie die Forscher berichten, würde sich ein solches Ozonloch aber nicht nur negativ auf die Gesundheit von Menschen, Tieren und Pflanzen auswirken, es hätte auch Folgen für das Klima und die atmosphärische Zirkulation. Selbst mit dem Montreal-Protokoll zeigen Studien, dass sich der Jetstream der Südhalbkugel im Sommer durch das Ozonloch stärker polwärts verschiebt.
Und auch in der Arktis wäre ein Ozonloch heute höchstwahrscheinlich die Regel: Messungen zeigen, dass die Ozonwerte im besonders kalten Winter 2011 über der Nordpolarregion so stark absanken, dass ein echtes Ozonloch aufriss. In unserer realen Welt ist dies bisher eine absolute Ausnahme, wie die Forscher berichten. Gäbe es aber das Montreal-Protokoll nicht, dann würden solche arktischen Ozonlöcher inzwischen sogar regelmäßig auftreten. „Unsere Studie zeigt, dass das Montreal-Protokoll selbst nach nur gut zwei Jahrzehnten der Ratifizierung große positive Effekte gezeigt hat – darunter auch die Verhinderung eines arktischen Ozonlochs“, konstatieren Chipperfield und seine Kollegen.