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Das wahre Grab des Königs

Geschichte|Archäologie

Das wahre Grab des Königs
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Unterkiefer des makedonischen Königs Philipp II. (Javier Trueba)
Er war der Vater von Alexander dem Großen und bleibt bis heute eine der bekanntesten Könige der Antike: Philipp II. von Makedonien. Doch wo sein Leichnam begraben liegt, blieb lange unbekannt. Als Archäologen dann 1977 im griechischen Vergina ein königliches Grab mit reichen Grabbeigaben entdeckten, glaubten sie, endlich den lange gesuchten Monarchen gefunden zu haben. Aber das war ein Irrtum, wie Forscher nun nachweisen. Denn der echte König liegt mitsamt seiner letzten Gemahlin direkt nebenan – in einer bereits 1978 entdeckten Grabkammer.

Auf den ersten Blick schien alles wunderbar zusammenzupassen: Das sogenannte Grab II in Vergina enthält die sterblichen Überreste eines Mannes im mittleren Alter und einer etwa 25-jährigen Frau, die vor rund 2.300 Jahren starben. Beide sind in vergoldeten Sarkophagen bestattet – ein Hinweis auf ihre Königswürde. Neben kostbaren Grabbeigaben entdeckten Archäologen zudem eine komplette, reich verzierte Rüstung mitsamt Helm und Schild und unweit dieser Grabstätte stieß man auf ein königliches Grabdenkmal.  Aus diesen Indizien schlossen Archäologen, dass es sich um das Grab von Philipp II. und seiner letzten Gemahlin handeln musste. Aus historischen Aufzeichnungen ist bekannt, dass der  makedonische König 336 vor Christus ermordet und mit allen königlichen Ehren bestattet wurde. Sein Sohn Alexander, später als Alexander der Große berühmt, folgte ihm auf den Thron.  Während sein Grab bis heute verschollen ist, schienen die Überreste seines Vaters Philipp nun endlich gefunden – so dachte man wenigstens.

Doch Grab II ist nicht das einzige makedonische Königsgrab in Vergina. Direkt daneben fanden Archäologen 1978 noch zwei weitere Grabkammern, die kaum weniger prachtvoll angelegt waren, aber vor ihrer Entdeckung geplündert worden waren. „Man ist sich einig, dass Grab III, das eine dem Grab II sehr ähnliche Fassade hat, Alexander IV. gehörte – dem Sohn von Alexander dem Großen“, erklären Antonis Bartsiokas von der Demokrit Universität Thrakiens in Komotini und seine Kollegen. Grab I fällt dagegen durch besonders prachtvolle Wandmalereien auf, eine davon zeigt den aus der griechischen Sage bekannten Raub der Persephone. Halb von einem Steinhaufen begraben fand man darin Skelettfragmente von einem Mann im mittleren Alter, einer jungen Frau und einem neugeborenen Kind. Um wen es sich dabei handelte, blieb zunächst unbekannt – auch weil kaum jemand diese Knochen einer näheren Analyse unterzogen hatte, wie die Forscher berichten. Sie haben dies nun nachgeholt und die Überreste unter anderem per Computertomografie genau untersucht – mit überraschenden Ergebnissen.

Verräterische Verletzung am Knie

Wie die Analyse ergab, handelt es sich bei dem männlichen Toten um einen etwa 45-Jährigen, der zu Lebzeiten etwa 1,80 Meter groß gewesen sein muss. „Unter den antiken Makedoniern wäre er damit einer der Größten gewesen“, so die Forscher. Sowohl die Größe als auch das Alter passen perfekt zu den historischen Überlieferungen über Philipp II. Als noch aufschlussreicher erwies sich jedoch, was sie am linken Knie des Toten entdeckten: eine Knochenwucherung, wie sie entweder nach einer Infektion, durch eine Knochenkrankheit oder aber durch eine Verletzung entstehen kann.  In der Mitte dieser Wucherung ist ein Loch, das nach Angaben der Wissenschaftler zu groß ist, um durch eine Krankheit verursacht worden zu sein. „Diese Verletzung wurde daher wahrscheinlich durch eine schwere Wunde am Knie verursacht, beispielsweise durch einen Speer“, so Bartsiokas und seine Kollegen. Der Tote muss demnach vor seinem Tod ein steifes, am Knie nach außen abgeknicktes Bein gehabt haben.

Das aber passt perfekt zu dem, was man von Philipp II. weiß. „Es gibt mehrere historische Quellen, die von einer fast tödlichen Wunde am Bein berichten, die Philipp lahm machte“, berichten die Forscher. Demnach wurde der König im Jahr 336 vor Christus – drei Jahre vor seiner Ermordung – bei der Heimkehr von einer Schlacht in ein Gefecht mit Thrakern verwickelt und dabei durch einen Speer schwer am Bein verletzt. „Die von uns gefundene Ankylose am Knie und das Loch darin passen perfekt zu den historischen Berichten“, konstatieren Bartsiokas und seine Kollegen. Im Gegensatz dazu gibt es bei dem Toten aus Grab II keinerlei Anzeichen für eine solche Verletzung, sein Bein ist unversehrt. Nach Ansicht der Archäologen ist daher klar, dass der wahre König Philip II. nicht in Grab II liegt, wie bisher angenommen, sondern in Grab I. „Philipps historisch überlieferte Behinderung ist ein eindeutiger Beleg“, so die Forscher.

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Junge Gemahlin mit neugeborenem Kind

Und noch etwas passt ins Bild: Die Analysen ergaben, dass die junge Frau, die mit im Grab I lag, bei ihrem Tod erst rund 18 Jahre alt war. Das stimmt mit historischen Angaben überein, nach denen Philipps letzte Frau Cleopatra noch ein Teenager war, als sie den König kurz vor dessen Tod heiratete. Den Überlieferungen nach wurde sie direkt nach der Ermordung ihres Mannes zusammen mit ihrem wenige Tage alten Neugeborenen umgebracht.  „Das Baby-Skelett in Grab I bestätigt, dass die weibliche Tote tatsächlich kurz nach der Kindesgeburt starb“, berichten die Forscher. Ihrer Ansicht nach sprechen das Alter der Frau und die Existenz dieses Kindes dafür, dass es sich hier um Cleopatra und das Kind von Philipp II. handeln muss. Bei dem toten Königspaar in Grab II fehlt dagegen das Kind und die Frau ist mit rund 25 Jahren zu alt, um Cleopatra zu sein.

Für Bartsiokas und seine Kollegen ist damit klar: Der wahre Philipp II. liegt in Grab I, zusammen mit seiner letzten Gemahlin und seinem jüngsten Kind. Das tote Paar in Grab II war zwar auch königlich, bei diesem handelt es sich aber ihrer Ansicht nach um Philipp Arrhidaeus, den älteren Halbbruder von Alexander dem Großen. Dieser galt als etwas zurückgeblieben und wurde daher bei der Nachfolge von Philipp II. zunächst übergangen. Nach Alexanders Tod jedoch trug er von 323 bis 317 vor Christus die Krone Makedoniens.

Quelle:

© wissenschaft.de – Nadja Podbregar
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